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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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sein, dann bin ich wieder bei dir.“
    Julie schluckte die Tränen hinunter. Doch nun bekam sie Hilfe von ganz anderer Seite.
    „Ja, warum denn eigentlich nicht? Lass sie doch sehen, wer oder sollte ich besser sagen, was du bist! Ich zum Beispiel habe volles Vertrauen in deine Geliebte!- Kommen sie schon, Fräulein!“
    Er reichte ihr galant seinen Arm, während er Eugeñio einen triumphierenden Blick zuwarf. Julie sah den Mann an, der sie schon in die Höhle geleiten wollte.
    „Ich kenne sie doch? Sie waren doch …?“
    „Ja, wir haben schon mal miteinander getanzt!“ lachte Gaston.
    Das war also der Grund damals gewesen! Sie hatte sich also nicht geirrt. Eugeñio wollte den Franzosen damals loswerden. Er hatte ihn in jener Nacht, in der sie mit ihrer Freundin im Kino gewesen war, fortgeschickt.
    Doch nun stand der blonde Mann vor ihr und hielt ihr noch immer seinen Arm entgegen. In diesem Moment wollte sie nichts mehr, als diesen Arm zu ergreifen. Sie wollte bei Eugeñio sein! Wollte sich nicht wieder fortschicken lassen! Doch sie spürte auch den Grund für Eugeñios Verhalten. Seine Angst saß so tief, dass es ihr einen Stich ins Herz gab. Sie lehnte Gastons Angebot ab. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass ihre Gefühle aus ihren Augen sprachen. Bittend und flehend sah sie den Mann an, dem ihr ganzes Herz gehörte. Doch dann blickte sie zu Boden und neue Tränen begannen zu fließen. Sie wollte es nicht; aber sie konnte auch nichts dagegen tun.
    Sie wollte doch nur bei ihm sein. Wie sollte sie denn jetzt, wo sie ihn in ihrer Nähe wusste, die langen Stunden, bis die Sonnen erneut untergingen, überstehen? Wusste er denn nicht, wie sehr sie ihn brauchte? Er musste doch spüren, dass ihre Liebe stark genug war, alles zu ertragen. So versuchte sie es noch einmal:
    „Bitte Eugeñio, sperr mich nicht aus deinem Leben aus! Du weißt alles über mich. Du dringst in meine Gedanken ein. Du fragst nicht einmal! - Du hast mir doch erzählt, was du bist. Es stört mich nicht. Warum schickst du mich trotzdem fort?“ Julie schluckte betreten. Hoffentlich wusste er, dass sie es nicht hatte so direkt sagen wollen. Seltsam, die ganze Zeit über hatte sie es sich untersagt überhaupt daran zu denken, dass er ein Vampir war. Jetzt wo er hier war, versuchte sie nicht einmal, dies nicht auszuspielen.
    „Es tut mir leid!“ stammelte sie. Sie drehte sich um, wollte gehen.
    Doch Eugeñio hielt sie fest. Zärtlich hob er ihr Gesicht, nickte langsam und sein Blick bohrte sich in den ihren.
    „Gut. Du kannst bleiben!“ Sein Lächeln wirkte bitter. „Dann werden wir morgen ja sehen, wie groß deine Liebe zu einem Vampir wirklich ist.“
    Es tat weh, seine Stimme so zynisch zu hören. Aber in seiner Stimme lag auch Traurigkeit und das tat sogar noch mehr weh! Sie hatte einen Fehler gemacht! Sie hatte ihn herausgefordert und nun war es zu spät, um ihre Bitte zurück zuziehen. Julie wusste, dass er einen Rückzieher nun nicht mehr akzeptieren würde. Weshalb nur dachte sie, dass sie ihn schon so gut kennen würde? Und über noch etwas war sie sich sicher: Im Moment las er ihre Gedanken nicht. Sie wusste nicht, ob sie darüber erleichtert sein sollte. Julie biss die Zähne zusammen, straffte ihre Schultern und machte sich aus seinem Griff frei. Ohne ihn anzusehen, trat sie an ihm vorbei in die Höhle.
    Gaston hatte die ganze Zeit da gestanden, als sei er angewurzelt. Julie wunderte sich, dass sie das noch registrierte. Sie sah ihn an und versuchte wenigstens in diesen Blick so viel Kraft zu setzen, wie sie konnte. Sie glaubte zu wissen, weshalb er auf ihrer Seite gestanden hatte: Er wollte Eugeñio und ihre Liebe zu ihm bloßstellen. Nun, diesen Triumph würde sie ihm hoffentlich nicht lassen!
    Der Franzose und Eugeñio verschlossen den Eingang wieder. Julie half nicht. Sie wagte sich kaum noch zu atmen. Erst recht wollte sie sich nicht zu dem Mann stellen, den sie doch so liebte, um ihm in seine traurigen Augen zu sehen. Viel zu stark spürte sie seine Verzweiflung, dass sie ihn an diesem Tag sehen würde, als das was er war. Ein Vampir! Während sie überlegte, ob es vielleicht doch noch eine Chance gab, ihm entgegenzukommen und die Höhle wieder zu verlassen, gingen ihr ungewollt aber auch ganz andere Gedanken durch den Sinn. Was war ein Vampir am Tage? Er schlief, oder etwa nicht? Aber auch die vielen Filme fielen ihr ein, in denen Vampire tagsüber in ihrer Gruft lagen. Tot! Julie schluckte schwer. Immer mehr fühlte

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