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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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sie, dass sie ihm mit der Erfüllung ihrer Bitte sehr weh getan hatte. Aber nun gab es nichts mehr, das sie noch tun konnte. Sie hatte ihre Bitte mit Nachdruck vorgetragen und er hatte sie ihr erfüllt. Es gab kein Zurück mehr. Als sie sich sicher war, dass er sie nicht beobachtete, ließ sie ihren Blick wieder in seine Richtung wandern. Es war schon merkwürdig, aber in diesem Moment war er es, der schwach war. Zum ersten Mal erkannte sie seine Gefühle zu ihr. Er hatte Angst um ihre Liebe, vielleicht sogar größere als sie! Gerne hätte sie ihm jetzt gesagt, wie sehr sie ihn liebte, hätte ihm Mut gemacht. Aber er ließ ihr keine Möglichkeit. Es war zum Verzweifeln! Julie wusste, dass er allein sein wollte und sie hatte sich ihm aufgedrängt; hatte ihn in die Enge getrieben.
    Sie hörte die beiden Männer, wie sie in der Höhle hantierten. Sehen konnte sie nun nichts mehr, denn in der Höhle herrschte Dunkelheit. Plötzlich spürte sie, wie jemand ihre Hand nahm. Gaston gab ihr etwas. Es fühlte sich kalt und hart an.
    „Ich hatte sie zufällig bei mir. Ich denke, du wirst sie brauchen.“ sagte er und selbst sie hörte das Vergnügen in seiner Stimme.
    „Es ist eine Taschenlampe. Ich denke, Gaston hat dafür gesorgt, dass die Batterien voll sind. – Mach sie an!“
    Eugeñios Worte klangen wie ein Befehl. Dennoch, sie wollte die Taschenlampe nicht benutzen! Sie ging in die Hocke und legte sie neben sich auf den feuchten Boden und stand dann wieder auf. Ohne auch nur einen Lufthauch zu spüren, war Eugeñio bei ihr und drückte ihr die Taschenlampe wieder in die Hände.
    „Sagtest du nicht, es schadet unserer Liebe nicht, was ich bin?“ seine Stimme klang herausfordernd. „Dann solltest du den Mann den du liebst auch sehen können! – Nimm sie und schalte das Licht an!“
    Diesmal hatte sie keine Chance mehr es nicht zu tun. Ihre Hände zitterten, als sie den Schalter betätigte. Sie hatte gespürt, dass er sich wieder aus ihrer Nähe entfernt hatte. Mit klammen Händen hob sie die Lampe und ließ das Licht wandern. Beide Vampire standen nun an der anderen Wand. Keiner der beiden schaute noch zu ihr rüber. Es war, als hätten sie sich abgesprochen, sie von nun an zu ignorieren. Es tat so unendlich weh! Julie sah zu ihnen hinüber und bemerkte den Blick, mit welchen Eugeñio Gaston ansah. Seine Augen schienen Feuer zu sprühen! Es war das erste Mal, dass Julie Hass in seinen Augen sah. Gab er nur ihm die Schuld? Sollte sie darüber nun erleichtert sein? Doch nein! Die einzige Schuldige war sie selbst! Julie sah wieder zu Boden und kämpfte tapfer gegen die Tränen, die wieder fließen wollten. Doch das würde alles noch viel schlimmer machen! Sie durfte nicht weinen! Die beiden Vampire bereiteten ihr Lager, ohne sich um sie zu kümmern. Beide gaben sich plötzlich so unbeteiligt. In Julie kroch langsam die Wut hoch. Ja, weshalb fühlte sie sich eigentlich schuldig? Weshalb gab sie eigentlich nicht Eugeñio die Schuld? Wenn er mehr Vertrauen in sie und ihre Gefühle hätte, würde sie sich jetzt nicht so mies fühlen.
    Gaston warf ihr einen kurzen Blick zu. Julie dachte, dass nur noch gefehlt hätte, dass er ihr zublinzelte, denn dass ihm das Ganze noch immer Spaß machte, konnte er kaum verbergen. Sie hasste ihn dafür! Doch plötzlich hatte er sich an der hintersten Wand der Höhle, lang ausgestreckt, hingelegt. Julie hatte nicht einmal eine Bewegung mitbekommen. War es nun soweit? Woher wusste er eigentlich, dass nun die Sonnen aufgehen würden?
    Julie hielt die Taschenlampe noch immer in der Hand, ihr Strahl zeigte nach unten. Sie traute sich nicht, jetzt noch mal zu Eugeñio zu gucken. Gaston kreuzte gerade die Arme über seiner Brust. Dies tat er diesmal allerdings so langsam, dass sie wirklich jedes Detail seiner Bewegungen mitbekam. Dann sah er sie an und blinzelte tatsächlich. Julie warf ihm einen wütenden Blick zu. Am liebsten hätte sie ihm das Gesicht zerkratzt, so sehr hasste sie ihn in diesem Moment. Aber er hatte seinen gehässigen Plan ja nicht allein in die Tat umgesetzt. Nein, sie hatte ihm noch gehörig dabei geholfen! Verdammt noch mal!
    Eugeñio hatte bis eben noch gestanden, doch nun musste wohl auch er seiner Natur folgen. Er durfte den Moment, in welchem er sich in diese eindeutige Position begab, um keine Sekunde mehr hinauszögern. Julie hatte so sehr gehofft, dass er vorher noch mal mit ihr sprechen würde. Aber er würdigte sie nicht einmal mehr eines Blickes. Julie fühlte

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