Herr der zwei Welten
geschockt.
„Wie kommst du darauf? Und außerdem.. wann willst du wen gesehen haben?“ ihre Stimme klang wütender als beabsichtigt.
Eugeñio blieb stehen und drehte sich zu ihr.
Seine Augen fraßen sich in sie hinein. Anders hätte Julie es nicht ausdrücken können. Sein Blick durchbohrte ihr Innerstes. Dann wurde sein Blick wieder traurig.
„Ihr seid nicht zusammen.“ stellte er ruhig fest.
„Was soll das? Es macht dich traurig, weil ich nicht mit einem anderen Mann zusammen bin? Ich verstehe dich nicht. Du hast gesagt, dass …“
„Dass ich dich liebe. Ja, ich weiß. Julie, du hast ein Gefühl in mir geweckt, dass ich nicht abstellen kann. Aber diese Liebe ist nicht gut. Ich weiß es. - Ich will, dass du glücklich bist!“
„Eugeñio!“
Julie schloss die Augen, als er sie in seine Arme zog. Sie hob den Kopf und hielt ihm ihr Gesicht entgegen. Warum küsste er sie nicht endlich? Doch schon löste er ihre Umarmung und führte sie weiter. Julie schluckte.
Etwa eine halbe Stunde später standen sie schließlich vor Julies Haustür. Die ganze Zeit über hatte niemand mehr etwas gesagt. Doch nun musste sie reden, schließlich wollte sie sich nicht trennen. Nicht schon wieder und vor allem noch nicht jetzt!
„Kommst du noch mit hoch? Wenigstens ein Glas können wir doch noch zusammen trinken.“
Doch er lehnte ihr Angebot ab.
„Es ist besser, wenn ich jetzt gehe.“
Julie wollte es nicht, weiß Gott, sie wollte stark sein und ihm nicht zeigen, was sie wirklich fühlte. Aber wollen und können sind bekanntlich zwei unterschiedliche Dinge. Julie begann zu weinen.
„Immer wieder sagst du, dass du mich liebst, und dann willst du nicht einmal eine Stunde mit mir alleine sein. Eugeñio, verflucht! Wenn du nicht einfach lügst, wenn ich dir nur ein wenig etwas bedeute, dann sag mir wenigstens den Grund!“ schrie sie ihn an.
Wütend, noch immer liefen ihr die Tränen über die Wangen, starrte sie ihn an. Seine schwarzen Augen erwiderten ihren Blick. Etwas wie Wut war in diesem Blick. Er schob sie ein Stück von sich und Julie erwartete, dass er zurückbrüllte, aber dann nickte er nur stumm.
„Wie du willst!“ sagte er nur, stieß die Haustür auf und drängte sie die Treppe hoch. Julie hätte keine Erklärung dafür, aber sie fühlte sich plötzlich schuldig. Aber warum? Was hatte sie falsch gemacht? Was konnte denn überhaupt falsch daran sein, den Menschen, den man liebt, auch in seiner Nähe haben zu wollen? Während sie nun die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf lief, wie es schien, langsamer als es Eugeñio gefiel, wusste sie plötzlich, dass sie ihm nun alles würde sagen müssen. Sie selbst musste erst einmal reinen Tisch machen. Ihm ihre Gefühle erklären. Nur so konnte sie ihn dazu bringen, endlich auch zu ihr ehrlich zu sein. Vielleicht würde es so auch einen Weg geben, der sie nicht immer wieder voneinander trennte. Plötzlich konnte sie es nicht mehr ertragen. Sie wandte den Kopf, sodass sie ihn aus den Augenwinkeln wenigstens sehen konnte.
„Eugeñio, ich liebe Dich! Das ist kein Spaß. Ich habe dich geliebt, seit dem ersten Mal als wir uns sahen. Niemand vor dir hat mir je so viel bedeutet. Versteh doch!" flehte sie. „Du kannst nicht so einfach verlangen, dass ich die Liebe meines Lebens vergesse!"
Mit keiner Miene verriet er, dass er zugehört hatte. Sie hatten die Wohnungstür erreicht.
„Schließ auf!“ sagte er kurz. Julie gehorchte.
„Bitte!“ ihre Stimme klang schon wieder weinerlich. „Bist du verheiratet?“
Er lachte nur auf.
„Gut. Aber was ist es dann? Du hast mir gesagt, dass es gefährlich sei, mit dir zusammen zu sein. Wieso? Bist du ein gesuchter Terrorist? Eugeñio, mir ist jede Gefahr recht, wenn sie mich nur bei dir sein lässt!“
Eugeñio war ans Fenster getreten. Er starrte in den Nachtwind hinaus. Die Nacht, die er so gut kannte.
Jetzt fuhr er herum; sah sie an.
„Du weißt nicht, was du sagst! – Du weißt einfach nicht, von was du sprichst!“ Zum ersten Mal, seit sie dieses Thema angeschnitten hatte, klang seine Stimme erregt. Dann wurde er wieder ruhig. Es war schon unheimlich, diesen Wechsel zu beobachten.
„Aber gut“, jetzt sprach er sehr, sehr leise. „Ich werde dir alles erzählen. – Ich werde dir die Wahrheit sagen.- Dann wirst Du verstehen.“ Eugeñio wandte sich wieder ab. „Du wirst Angst haben.“
Diese Worte waren so leise, dass Julie sicher war, dass sie nicht für ihre Ohren bestimmt waren.
„Setz dich hin, Julie.
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