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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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donnern.
    Dann, endlich, antwortete Dervit in seinem, für das blaue Volk so typischen krächzenden Ton.
    „Wie sprichst du denn mit mir?“ wollte er jetzt wissen. „Bitte rede nicht so laut. Du machst mir ja Angst. Wie soll ich nur deine vielen, so seltsamen Fragen beantworten?“
    Dervit starrte auf den großen Mann. Doch dann wurde seine Stimme freundlicher.
    „Du zitterst ja immer noch. Es ist doch schon längst vorbei! Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, weshalb du Angst hattest.“
    Dervit schien seinen Schrecken überwunden zu haben. Er schüttelte seine weizenfarbene Mähne und kniff seine dunklen, runden Augen zusammen. Um so verblüffter war jetzt Pieter. Er begann so langsam zu ahnen, dass die Sache nicht so war, wie er geglaubt hatte, aber …
    „Was verstehst du nicht? Dass ich Angst um mein Leben hatte? – Nun, ich habe nur eines davon“ donnerte er den Kleinen an.
    Dervit nickte schnell.
    „Mh, ja natürlich Pieter. Aber es gibt hier doch wirklich genug große Pflanzen. Ich würde ja verstehen, wenn wir im Grasland wären. Dort gibt es wirklich nichts, dass sich als Opfer anbieten würde. Dort wäre es gefährlich und deine Angst wäre verständlich. Aber hier?“
    Dervit kratzte sich verlegen am Kopf. Auf Pieter wirkte diese Geste allerdings erniedrigend. Als wäre Dervit der Lehrer, der sich die Dummheit seines Schülers nicht erklären konnte. Jetzt war auch noch TsiTsi dazu getreten. In ihren Augen konnte Pieter denselben ungläubigen Ausdruck erkennen. Auch Julie und Kai standen nun neben ihnen. Liz zitterte noch immer. Pieter nahm sie in die Arme. Er hätte in dem Moment nicht sagen können, wer von beiden wen stützte.
    „Geht es dir gut Schatz?“ fragte Liz ihn und Pieter hörte, dass ihre Stimme bebte. Obwohl er sich nicht so fühlte, nickte er ihr beruhigend zu.
    Ein trockenes Schluchzen war die Antwort. Liz kuschelte sich noch immer zitternd an ihn. Dies war einer der Momente, wo jeder die Nähe des anderen brauchte, um nicht ganz durchzudrehen. Auch Pieter saß die Angst noch im Nacken, aber mit seiner Frau in seinen Armen, fühlte er sich plötzlich wieder mehr Herr der Lage. Aber auch die anderen hatten die Sache noch nicht gänzlich hinter sich gelassen. Julies Blicke huschten nervös über die Landschaft, so als würde sie erwarten, dass sich dieses eklige Ding gleich von Neuem auf sie stürzen würde.
    Auf Pieters Haut glänzten noch immer die Schweißperlen. Es kostete Anstrengung, seinem eigenen Tod davon zu laufen! Trotzdem begannen seine Gedanken endlich wieder in normalen Bahnen zu arbeiten.
    Wie würde sich solch ein Vorfall wohl in der Morgenzeitung seiner Welt ausmachen? Nun huschte sogar ein flüchtiges Lächeln über seine Züge. Dieser Gedanke war ja geradezu absurd! In seiner Welt gab es keine gummiartigen, orangenen, glitschigen und schleimigen Massen, die Jagd auf Menschen machten! Das Einzige, das es in seiner Welt gab und das Ähnlichkeit mit diesem Ding aufwies, war in der Sonne weich gewordener Weingummi, aber der war ungefährlich!
    Jetzt hörte er TsiTsi sagen:
    „He, ich glaube wir sollten wirklich eine Erklärung abgeben. Schau doch, Sie sind ja wirklich noch voller Angst!
    Sie hatte Dervit gemeint. Doch nun wandte sie sich an Julie und Kai. War sie etwa der Meinung, die beiden könnten verstehen, was hier gerade geschehen war?
    „Kennt ihr denn keine Fulgris? Gibt es sie nicht auch in eurer Welt?“ fragte sie.
    Julie blieb der Mund offen stehen. Diese Harmlosigkeit, mit der TsiTsi diese Frage gestellt hatte, verblüffte sie. Sie war einfach sprachlos und so konnte sie nur den Kopf schütteln.
    An ihrer Stelle antwortete Kai und seine Stimme klang gar nicht freundlich.
    „Nein, so etwas gibt es bei uns nicht! Wie nennt ihr diese Dinger? Fulgris? Das Ding da wollte jedenfalls meinen Vater fressen. Und ihr tut, als handle es sich um ein Spiel! Verdammt noch mal, das ist kein harmloses Haustier!“
    Kai hatte tatsächlich Tränen in den Augen; es waren Tränen der Wut und vielleicht auch der Hilflosigkeit. Julie begann zu ahnen, dass dies das erste Mal war, seit sie diese seltsame Welt betreten hatten, dass Kai verstand, dass es sich nicht um einen aufregenden Familienausflug handelte.
    Doch jetzt meinte Dervit:
    „Warum gehen wir nicht ins ZUHAUSE? Dort lässt es sich besser sprechen. TsiTsi wird uns eine hübsche Mahlzeit bereiten. Nicht wahr, Süße? Ich jedenfalls habe einen riesigen Hunger!“
    Er hob seinen Blick zu den Menschen, die auch jetzt

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