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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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sich ihr Kleid, sie und TsiTsi hatten es aus hiesigen Pflanzenfasern selbst hergestellt, übergezogen und verließ jetzt rasch die Höhle. Kai ließ sich zurücksinken, verschränkte die Arme hinterm Kopf und blickte Julie hinterher.
    Julie atmete auf, als sie sich von Kai entfernt hatte. Es war ungerecht, schließlich hatte er sie nicht verführt oder so. Trotzdem, das, was geschehen war, hätte nicht passieren dürfen. Jetzt atmete sie tief ein. Die Luft war vanillegetränkt und schwer; so wie immer. Kurz konnte sie Pieter erkennen, der ein gutes Stück vom Höhleneingang zu sehen war. Er und Liz hatten sich wohl so weit entfernt, um allein zu sein. Deshalb blickte Julie auch nur kurz zu ihnen hinüber. Ein Lächeln huschte über ihr noch immer leicht gerötetes Gesicht. Ja, es war wirklich diese Welt, die sexuelle Gefühle nährte. Julie senkte ihren Blick auf ihre nackten Zehen und begann leise vor sich hinzusummen. In Gedanken war sie wieder bei Eugeñio. Doch plötzlich fuhr sie erschrocken zusammen. Ein markerschütternder Schrei hatte die Stille geteilt, wie ein scharfes Messer. Das Strauchwerk, hinter welchem sich Pieter und Liz zurückgezogen hatten, teilte sich und eine völlig aufgelöste Liz kam nackt, mit erhobenen Armen und laut schreiend heraus gelaufen. Gleich hinter ihr kam Pieter. Er hatte seinen Slip nur flüchtig hochgezogen, die linke Seite hing schief, sodass man sein Hinterteil noch unbedeckt sehen konnte. Seine Hose hielt er in der Hand, vermutlich war er dabei gewesen, sie anzuziehen, kam aber nicht mehr dazu. Einen Augenblick später warf er die Hose von sich, um sich schneller bewegen zu können. Julie war wie versteinert. Sie verstand nicht, was da vor sich ging. Dervit und TsiTsi hatten sich mittlerweile zu ihr gesellt und standen jetzt direkt neben ihr. Ratlos sah Julie die Beiden an. Auch sie mussten wohl mit Sex beschäftigt gewesen sein, denn auf TsiTsis Stirn stand noch der Schweiß in Form von silberglänzenden Perlen. TsiTsi starrte Julie an, erst dann wanderte ihr Blick zurück zu dem Schauspiel, das sich ihnen bot. In ihre Augen trat die Angst.
    Julie hätte nicht gedacht, dass es in dieser Welt etwas anderes geben könnte, als nur Heiterkeit und Liebeslust. Doch nun wurde sie eines anderem belehrt. Kurz darauf konnte sie sehen, wovor Liz und Pieter so panisch wegliefen.
    Hinter Pieter war eine eklige, orangene, schleimige Masse aufgetaucht. Sie bewegte sich mit einem Blobb auf Pieter zu. Immer schneller verringerte sich ihr Abstand zu Pieter. Der schrie jetzt nicht mehr; alle Überlebensimpulse schienen auf höchste Alarmbereitschaft eingestellt zu sein. Pieter war bisher immer geradeaus gelaufen, jetzt allerdings brach er seitwärts aus, wollte so die schleimige Masse abhängen. Doch diese ließ sich davon nicht beirren; Sie änderte ebenfalls ihre Richtung und kam bedrohlich nahe an Pieter heran. Julie, Dervit, TsiTsi und auch Liz Mary, die es endlich geschafft hatte die Freunde zu erreichen, starrten wie gebannt auf das grausige Schauspiel. Die Masse rückte immer weiter auf. Schon sah es so aus, als würde sie Pieter gleich erreicht haben.
    „Mach weiter Pieter! Schlage weiter solche Haken.“ schrie Dervit aus Leibeskräften.
    Ob Pieter ihn in seiner Angst gehört hatte, war fraglich trotzdem lief er von links nach rechts, und gleich darauf wieder andersherum.
    Langsam stellte sich ein gewisser Erfolg ein. Der Masse schien es zunehmend schwerer zu fallen, ihrem Opfer zu folgen. Aber wie lange würde sie sich auf diese Art narren lassen? Und wie lange würde Pieter diesen mörderischen Lauf noch durchhalten? Liz stand der Schweiß dick auf der Stirn. Sie zitterte jetzt so stark, dass Julie sie stützen musste.
    Mit ängstlich aufgerissenen Augen beobachtete sie, wie diese seltsame, quallige Masse ihrem Mann wieder näher kam. Aber Pieter rannte noch immer; sein Atem ging jetzt so schwer, dass schon absehbar war, wann er zusammenbrechen würde. Die schleimige Masse schien das genauso zu sehen, sie holte immer weiter auf. Sie glitt, mit diesem blubbernden Geräusch über den steinigen Sandboden und hinterließ dabei eine schleimige, breite Spur. Das Schlimmste war: Sobald diese Masse kleines Buschzeug erreichte, nahm sie es einfach mit sich. Sie schien es aufzusaugen, zu absorbieren. Was würde sie mit Pieter machen, wenn sie ihn erreichte? Pieter wirkte jetzt ziemlich müde und kraftlos. Hilflos standen Julie und die anderen da und sahen ihm zu. Niemand konnte ihm helfen.

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