Herr des Lichts
im Palast des Schweigens auf. Seine Gedanken dabei sollen sein Geheimnis bleiben. Am folgenden Morgen kehrte er in die Himmlische Stadt zurück.
Dort erfuhr er vom Tode Schiwas.
Sein Dreizack hatte noch ein neues Loch in die Kuppel gebrannt, aber sein Kopf war mit einem stumpfen Gegenstand, den man noch nicht gefunden hatte, eingeschlagen worden.
Yama ging zu seinem Freund Kubera.
»Ganescha, Wischnu und der neue Brahma haben sich schon an Agni gewandt. Er soll den Platz des Zerstörers einnehmen«, sagte Kubera. »Ich glaube, er wird akzeptieren.«
»Ausgezeichnet - für Agni«, sagte Yama. »Wer hat Schiwa getötet?« fragte er verstört.
»Ich habe lange darüber nachgedacht«, sagte Kubera, »und ich glaube, daß es im Fall Brahma jemand gewesen sein muß, mit dem der Schöpfer soweit vertraut war, daß er zusammen mit dem Täter eine Erfrischung eingenommen hat; und auch im Fall Schiwa jemand, den der Zerstörer gut genug kannte, um von ihm überrascht werden zu können. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe, hohes Gericht.«
»Derselbe Täter.«
»Darauf würde ich wetten!«
»Könnten die Morde Teil eines Akzelerationisten-Komplotts sein?«
»Es fällt mir schwer, daran zu glauben. Diejenigen, die mit dem Akzelerationismus sympathisieren, haben keine eigentliche Organisation. Der Akzelerationismus ist erst zu kurze Zeit wieder im Himmel vertreten, um schon so weit zu sein. Eine Intrige vielleicht. Sehr wahrscheinlich, daß ein Einzelner ohne Hintermänner verantwortlich ist.«
»Welche anderen Gründe sind denkbar?«
»Blutrache. Oder es steckt irgendeine untergeordnete Gottheit dahinter, die ein großer Gott werden möchte. Warum tötet j emand j emanden?«
»Hast du irgendeinen besonders ins Auge gefaßt?«
»Das größte Problem, Yama, ist nicht, Verdächtige zu finden, sondern sie auszuscheiden. Hat man die Untersuchung in deine Hände gelegt?«
»Ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher. Ich nehme an. Aber ich werde den, der es getan hat, finden, wo immer er sich auch aufhält, und ihn töten.«
»Warum?«
»Ich habe das Bedürfnis, etwas zu tun, jemanden zu.«
»Töten?«
»Ja.«
»Es tut mir leid für dich, meine Freund.«
»Mir auch. Aber es ist mein Vorrecht und mein fester Vorsatz.«
»Es ist wohl besser, wir haben offiziell über diese Angelegenheit nie gesprochen. Sie ist offenbar streng vertraulich.«
»Ich werde niemandem etwas davon sagen, wenn du es nicht tust.«
»Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Und du weißt, ich werde mich um die karmischen Spuren kümmern - für den Psychotest.«
»Deshalb habe ich es erwähnt und dir überhaupt von Schiwa erzählt. Abgemacht, also.«
»Guten Tag, mein Freund.«
»Guten Tag, Yama.«
Yama verließ den Pavillon der Lokapalas. Nach einiger Zeit trat die Göttin Ratri ein.
»Heil, Kubera.«
»Heil, Ratri.«
»Was sitzt du so allein?«
»Weil ich niemanden habe - der mich nicht allein sitzen läßt. Warum bist du hierhergekommen - allein?«
»Weil ich bis jetzt niemanden hatte, mit dem ich sprechen konnte.«
»Suchst du Rat oder Unterhaltung?«
»Beides.«
»Setz dich.«
»Danke. Ich habe Angst.«
»Hast du auch Hunger?«
»Nein.«
»Willst du nicht doch eine Frucht und eine Schale Soma?« »Also gut.«
»Wovor hast du Angst und wie kann ich dir helfen?«
»Ich sah Yama-Herr von hier weggehen.«
»Ja.«
»Als ich sein Gesicht sah, wurde mir klar, daß es wirklich einen Gott des Todes gibt und eine Macht, die selbst die Götter fürchten müssen.«
»Yama ist stark, und er ist mein Freund. Der Tod ist mächtig, und er ist niemands Freund. Aber die zwei existieren in einer Person, und das ist befremdlich. Auch Agni ist stark, und er ist das Feuer. Er ist mein Freund. Krischna könnte stark sein, wenn er den Wunsch dazu hätte. Aber er hegt diesen Wunsch nie. Er verschleißt mit phantastischer Schnelligkeit seine Körper. Er trinkt Soma, spielte Musik und spielt mit Frauen. Er haßt die Vergangenheit und haßt die Zukunft. Er ist mein Freund. Ich bin der Geringste unter den Lokapalas, und ich bin nicht stark. Welchen Körper ich auch trage, er wird jedesmal schnell fett. Ich bin meinen drei Freunden mehr Vater als Bruder. An ihnen gefällt mir die Trunkenheit und die Musik und die Liebe und das Feuer, denn das sind Dinge des Lebens, und so kann ich meine Freunde als Menschen, aber auch als Götter lieben. Doch der andere Yama macht auch mir Angst, Ratri. Denn wenn er seine Gottheit entfaltet, ist er ein
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