Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
Ich habe Erfahrung damit! Ich kann Euch zeigen, wie es geht! Nehmt von mir!« Ihr Körper verkrampfte in gespannter Erwartung, als sie die Schnüre der Kutte über ihrer Brust zerriss.
Keliator verharrte. Er starrte sie an, als sähe er das erste Mal eine entblößte Frau.
Er konnte nicht widerstehen. Bren sah, wie der silbrige Schaum Quinné verließ. Keliator schloss seufzend die Augen, als er ihn einsog.
Das nutzte Bren, indem er durch eine Ritze in die Truhe glitt. Nun sah er nichts mehr, aber er hörte noch, was vor sich ging.
»Schmecke ich Euch?«, fragte Quinné.
Mehr als ein gehauchtes »Ja« bekam Keliator nicht heraus.
»Ihr macht das sehr gut, Herr. Was fühlt Ihr?«
»Wie meinst du das?«
»Ihr könnt die Gefühle schmecken, die meiner Essenz als Brücke dienen. Merkt Ihr es?«
»Ja. Ja, da ist etwas. Das kommt nicht aus mir.«
»Dieses Fühlen entstammt meinem Herzen, nicht Eurem. Aber Ihr könnt es kosten.«
»Du … bist von einem Willen beseelt. Einem Wunsch.«
»Mein Ehrgeiz«, half ihm Quinné. »So schmeckt Ehrgeiz.«
»Du suchst zu gefallen. Du willst Anerkennung.«
»So ist es. Eure Wertschätzung. Die eines Kämpfers wider die Schatten.«
Das bezweifelte Bren. So, wie er sie kannte, sehnte sich Quinné nach nichts mehr als nach einem winzigen Schatten Respekt im Kult oder, und davon wagte sie kaum zu träumen, von einem Osadro. Einem, der für Ondrien stand. Jemandem wie Bren. Nicht diesem von schwächlichen Komplexen gebeugten Paladin. Aber für die Übertragung der Essenz spielte das keine Rolle. Emotionen, die auf die Schatten im Allgemeinen gerichtet waren, taugten beinahe so gut als Brücke wie solche, die sich direkt auf den Empfänger konzentrierten. Jedenfalls, solange es um geringe Mengen ging.
»Das reicht«, hauchte Quinné. »Es ist genug. Ihr schadet mir.«
Einen Moment herrschte Stille.
»Genug!«, rief Quinné dann erneut. Bren hörte, wie eine flache Hand auf eine Wange klatschte.
Ein tiefes Grollen war die Antwort.
Noch eine Backpfeife.
Stille.
Dann ein Räuspern. »Verzeih mir. Ich hätte nicht allein … Ich muss noch viel lernen.«
»Ich wäre geehrt, Euch dabei helfen zu dürfen. Aber dazu müsst Ihr mich mit Euch nehmen. Und wir sollten uns beeilen. Zurressos Tod wurde bestimmt schon entdeckt.«
Keliators Stimme klang benommen, das Erlebte musste ihn beeindruckt haben. »Du hast mich überzeugt. Wenn du Ilion von ebenso großem Nutzen sein kannst wie mir in dieser Nacht, wirst du der Sache der Götter eine echte Hilfe sein.«
Bren spürte, wie sich das Mondsilber entfernte.
Noch deutlicher spürte er Kirettas Haken, der sich in einer Schatulle in dem Sack befand, den Quinné mit sich nahm.
»Müssen es wirklich Kinder sein?«, flüsterte Bren.
»Sie haben die reinste Essenz«, antwortete Jittara.
»Sind die Astralströme in dieser Nacht nicht schon stark genug?« Nur Vejata war am Himmel zu sehen. Stygron und Silion verbargen sich beide im Neumond. An der Küste hatte es am Mittag eine Springflut gegeben, und immer wieder zitterte die Erde unter leichten Beben.
Jittara schwenkte unbestimmt ihren Zeremonialstab. Der Kinderschädel an seiner Spitze beschrieb einen Halbkreis. »Ihr entscheidet, Herr. Aber warum ein Risiko eingehen?«
Ja, warum?
Bren sah die gefesselten Kinder an. Neununddreißig waren es, drei mal dreizehn. Es war nicht genug Zeit gewesen, um sie unter Drogen zu setzen. Deswegen mussten sie mit Lederriemen auf den Positionen gehalten werden, die Jittara ihnen entlang des Zauberkreises zugedacht hatte. Seelenbrecher waren dabei, die letzten Runen mit Knochenasche auszustreuen.
Die Magie war eine komplexe Kunst mit eigentümlichen Gesetzen. Die Schattenherren waren deswegen so mächtige Zauberer, weil sie Jahrhunderte hatten, um sie zu studieren. Zudem fanden viele, dass die Magie genug Rätsel bot, um als Beschäftigung für die Ewigkeit zu taugen. Nach den vergleichsweise wenigen Unterweisungen, die Bren bisher darin erhalten hatte, traute er sich nicht zu, die Festigkeit eines magischen Gitters zu beurteilen, geschweige denn, ein Ritual wie dieses zu verstehen. Er konnte nur die Äußerlichkeiten beobachten, die nicht mehr waren als die Rinde an einem Urwaldriesen. Nach dem wenigen, das er wusste, hatte er den Eindruck, dass alles vorbereitet war und der Ritus beginnen konnte. Wie immer war Jittara sorgfältig gewesen – nicht die kleinste Unregelmäßigkeit war an dem Kreis, den Runen, der Aufstellung der Dunkelrufer
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