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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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der Nebelform war Brens mystisches Gespür stärker ausgeprägt. Er machte den Haken sofort aus, wie einen Berg Kohle, der in einiger Entfernung aus einem Schneefeld ragte. Er hätte sich als Nebel dorthin begeben können, aber auf diese Weise hätte er die ganze Nacht dafür gebraucht, und die zauberkundigen Fayé hätten ihn sicher entdeckt und aufgehalten. Um so zu reisen, wie er nach Guardaja gelangt war, musste er abwarten, bis Jittaras Ritual wirkte.
    Er sah, wie sich die Runen am magischen Gitter ausrichteten. In der greifbaren Welt lösten sie sich dadurch vom Boden. Die Asche, aus der sie geformt waren, erhob sich in die Luft, blieb aber dennoch dem Wirken des Windes entzogen. Essenz löste sich aus den Kindern und verband sich in einem Wirbel, der den Zauberkreis einschloss. Die magischen Zeichen rauchten. Schnell fingen sie Feuer.
    Jenseits des Greifbaren war der Effekt noch stärker. Die Runen brannten mit solcher Gewalt, dass es Bren schien, als ob er inmitten einer Feuersbrunst stünde. Er verstand nicht, was Jittara tat, aber er spürte, wie sie immer mehr magische Kraft herbeibefahl, die Atmosphäre auflud wie vor einem Gewitter. Sie bediente sich auch arkaner Quellen des Nachtschattenwalds. Hier war die Mauer brüchig, die die göttergewollte Ordnung von den Gefilden der Dämonen trennte. Mit den Kenntnissen einer Nachtsucherin war sie leicht einzureißen. Jittara tat es ohne Zurückhaltung. Wie Ströme schwarzen Blutes ergoss sich die Macht in das Muster des Rituals. Eine Schwächere wäre davon fortgerissen worden, aber Jittara hielt stand, auch wenn sie wankte, körperlich wie geistig. Obwohl sie den Umgang mit Kräften solchen Ursprungs nicht gewohnt sein konnte, zwang sie ihnen ihren Willen auf. Vollständig kontrollieren ließ sich solche zerstörerische Magie jedoch nicht. Zwei Kleriker brachen zusammen und husteten blutigen Schaum aus. Andere nahmen ihre Positionen ein. Das Ritual der heutigen Nacht musste zu Ende geführt werden, egal, welchen Preis die Finsternis dafür verlangte. Es war der Wille des S CHATTENKÖNIGS .
    Bren hörte das Weinen der Kinder, denen ihr Leben genommen wurde. Leise erst. Dann immer lauter. Schließlich dröhnte das Wimmern und Schluchzen wie ein Orkan.
    Es schmerzte Bren. Nicht hier, denn sein Nebelkörper hatte keine Ohren, die hätten strapaziert werden können. Aber er fühlte, wie sich sein Herz verkrampfte. Der einzige Teil seines Körpers, der noch Fleisch war, ein zuckender Muskel in der Kammer der Unterwerfung. Es zog sich zusammen, wurde zu einem harten Klumpen und drückte das letzte Blut hinaus, das noch darin gewesen war. Dann begann es flatternd wieder zu schlagen.
    Zugleich wurde Bren klar, dass Jittara die Wahrheit gesprochen hatte. Die Essenz, die für dieses Ritual geerntet wurde, war rein und kraftvoll, mehr noch als Siérces. Jittara musste sie sogar an einigen Stellen zurückhalten, damit keine Unregelmäßigkeit in den Zirkel kam. Was sie nicht verwerten konnte, diffundierte als silbriger Schaum in der Luft. Einiges davon trieb ins Innere des Kreises, zu dem Nebel, der Bren war. Er konnte die Essenz nicht so gut aufnehmen, als wenn er sie eingeatmet hätte. Dennoch schmeckte er sie. Es war eine nie dagewesene Erfahrung. Er fühlte sich gerechtfertigt, reingewaschen von aller Schuld und vollkommen begnadet im Angesicht der Götter.
    Aber das war nur ein kurzes Empfinden. Dann kehrte die Gewissheit zurück, dass diese Kinder seinetwegen starben, und zwar unter großen Schmerzen. Da Lisanne beim Heer war, war Bren der einzige Schattenherr in einigen Meilen Umkreis. Jeder würde tun, was er befahl. Noch konnte er die Kinder retten!
    Und dann?
    Auf die Milde des S CHATTENKÖNIGS hoffen? Ein absurder Gedanke! Weder Jittara noch irgendwem sonst war es gegeben, diesen Kindern eine Qual zu bereiten, die dem, was GERG Bren und Lisanne antäte, auch nur ähnlich gewesen wäre. Diese Kinder litten, aber am Ende der Nacht wären sie aller Pein entkommen. Bren und Lisanne waren unsterblich. Sie würden ewig leiden, wenn sie versagten.
    Wieder streifte ein Schwall kindlicher Essenz den Nebel. Wieder fühlte sich Bren wie ein Seliger. Und fiel zurück in die Schatten.
    Bren widerstand dem Drang, die Regung seines Gewissens zu unterdrücken. Sie schmerzte ihn, aber sie war ihm zugleich wertvoll. Abgesehen von seiner Liebe zu Kiretta, die mit jeder Nacht weiter verblasste, war sie das stärkste Gefühl, das er empfand, seit er in die Schatten getreten war.

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