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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Er fiel auf die Knie.
    »Ich habe mich in Nebel verwandelt?«
    »Ihr wart dabei, Herr. Euer Kopf und die Hände waren in Auflösung begriffen.« Scheu sah er zu ihm auf. »Ihr seid viel zu jung dafür.«
    Bren sah den Berg hinauf. »Das zu entscheiden liegt nicht an dir.« Wieder schloss er die Augen.
    Die Eindrücke, die ihn erreichten, glichen am ehesten einem Tasten. Aber nicht so, als glitten seine Finger über einen Gegenstand, sondern wie das Gefühl von Regen auf nackter Haut – verteilte, schnelle Reize, die sich über den gesamten Körper legten. Er wusste, dass da draußen etwas war.
    Nein.
    Nicht etwas.
    Vieles.
    Eine Unzahl von Dingen, die er entdecken konnte. Jeder Ast, jeder Farn, jeder Fels. Eichhörnchen, die erstarrten, um der Aufmerksamkeit der Eule zu entgehen. Ein Fuchs, der am Bau einer Maus schnüffelte. Dieses Geschehen von Jagd und Flucht, in dem sich die Begegnung von Leben und Tod ankündigte, war für ihn leicht zu erspüren.
    Noch deutlicher aber blieb Kirettas Haken. Er war so etwas wie ein Anker, an dem er seine Aufmerksamkeit festhalten konnte. Er war so deutlich, als sähe er ihn mit seinen körperlichen Augen.
    Warum?
    Weil er zu Kiretta gehörte, die ihm so viel bedeutete?
    Aber Kiretta war dort draußen, irgendwo in den Bergen …
    Er spürte auch Attego, der offenbar noch immer kniete. Brens Wahrnehmung umfloss ihn, tastete über das Gesicht, die Wangen, die er auch in der Wildnis noch sorgfältig schabte, die kleine, freie Stelle am Nacken, zwischen Pelzmütze und Mantel, den er nun umfloss. Er merkte, dass Attego das Atmen Mühe machte, und Bren selbst fühlte die Atemzüge, als fasste jemand mit Zeigefinger und Daumen ein Stück Haut an seinem Arm und höbe es an. Nicht schmerzhaft, aber deutlich.
    Ich bin Nebel, erkannte er. Er atmet mich zu einem kleinen Teil ein, aber der Nebel, in den sich ein Schattenherr verwandelt, ist unteilbar. Aus ihm lösen sich keine Schwaden, also muss er sich mit der Luft begnügen, die es durch meine verteilte Substanz schafft.
    Einen Moment lang überlegte Bren, ob er sich so dicht um den Kopf des Dunkelrufers legen könnte, dass dieser erstickte. Er würde ihm nicht dabei zusehen können, aber die Vorstellung, dass sein Kopf unter einer Maske aus dichtem Nebel violett anliefe, er sich an die Kehle griffe, schließlich hintenüber sackte … Diese Vorstellung war interessant.
    Doch das war nicht Brens Anliegen. Er löste sich von Attego, dem Haken, den Pferden, seiner eigenen Kleidung, die kaum wahrzunehmen war, die er aber mit einiger Konzentration als auf dem Boden zusammengefallenen Haufen ausmachte, und breitete sich aus. In seiner Vorstellung verteilte sich der Nebel, der er selbst war, zwischen den Bäumen, kroch den Hang hinauf. Er umfloss einen Felsen, vereinigte sich hinter ihm wieder, erst dann löste er sich vor ihm auf. Wenn er auch weit zerfaserte, Nebelfinger über Dutzende Schritt aussandte, riss doch niemals die Verbindung ab. Als zusammenhängendes Gebilde kroch er hinauf, unbeeinflusst von Wind und Schneefall. Er allein bestimmte die Richtung. Und auch die Geschwindigkeit. Als er begriff, wie es ging, bewegte er sich mit der Schnelligkeit eines galoppierenden Pferdes.
    Seine Wahrnehmung reichte noch viel weiter als das Gebiet, das er mit seiner Nebelform bedeckte. Wie ein Mensch Geräusche hören konnte, die Meilen von seinem Standort entfernt entstanden, nahm sein neuer Sinn Ereignisse in weiter Ferne wahr. Besonders auffällig blieb Kirettas Haken, den er noch spürte, als er Attego schon lange verloren hatte. Aber auch in der Wildnis gab es Dinge, die viel deutlicher waren als ihre Umgebung. Er wunderte sich über eine Quelle, die kristallklar aus einem Felsen brach. Sie war viel mehr als nur Wasser. Da war etwas in ihr, das lebte und fühlte und dachte und diesen Ort beschützte. Dieses Etwas stellte sich ihm entgegen. Bren konnte seine Verzweiflung spüren, es schien davon auszugehen, dass die Stärke des Schattenherrn um ein Vielfaches überlegen war. Und es schien ihn als eine Bedrohung für die … Heiligkeit? … der Quelle anzusehen.
    Ja. Heiligkeit. Das war es. Hier, in der Wildnis, war die von den Göttern geschaffene Natur besonders stark. Möglich, dass es hier auch Geschöpfe gab, Geister, die von den Göttern gesandt waren. So wie eine Nymphe, die eine Quelle beseelte.
    Da Bren keinen Grund hatte, den Kampf mit ihr zu suchen, zog er seine Nebelgestalt auseinander und vereinte sie erst weit hinter der Quelle

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