Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
beinahe kalkweiße Haut. Xenetor war mit jeder Faser seines Körpers ein Krieger. Bren hatte so viele Rüstungen gesehen, dass er mühelos erkannte, was ein hohler Panzer war und wo sich Muskeln und breite Schultern mit raubtierhafter Geschmeidigkeit unter dem Stahl bewegten, wie es bei dem Schattenherzog der Fall war. Das Haar hatte er aus der Stirn gebunden, als erwarte er einen Kampf.
»Ondrien hat so manche Schlacht verloren«, sagte Xenetor statt einer Begrüßung. »Aber niemals einen Krieg.«
Bren kniete nieder. »Die Finsternis der Schatten lässt sich nicht auf Dauer zerstreuen.«
Xenetors krallenbewehrte Hand legte sich auf Brens Nacken. Bren fragte sich, was geschähe, wenn er sie ihm ins Genick stieße. Sterben würde er daran nicht, sein Körper würde jede Wunde heilen, die nicht mit Silber geschlagen würde. Aber er litte Schmerzen. Davor hatte er keine Angst. Manchmal hatte er Schmerz sogar als Freund empfunden, der ihm geholfen hatte, die eigene Schwäche zu überwinden, indem er sich ihm gestellt hatte.
»Guardaja ist gefallen, o Herr«, sagte er. »Und mein Rat trägt dafür die Verantwortung. General Zurresso hätte unsere Kräfte hinter den Mauern gebündelt. Ich habe ihn ausgeschickt, wo er in die Falle geriet.«
Xenetor löste sich von Bren und wandte sich gemessenen Schrittes dem Tisch mit den Karten zu. »Es ist gut, dass Ihr das einseht. Erhebt Euch.« Er besah die Linien auf dem hell gegerbten Leder. Ein Mensch hätte bei diesem Licht nur eine graue Fläche erkennen können. »Man kann Zurresso leicht unterschätzen, wenn man seine aufgeschwemmte Gestalt betrachtet. Aber Ihr hättet niemals diejenigen unterschätzen sollen, die ihn in seine Position gebracht haben. Es ist der Wille der Schatten, dass er die Truppen des Südens führt.«
»Ja, Herr.« Bren trat neben ihn.
»Dennoch hat auch er einen Fehler gemacht. Er hätte nicht mit seiner gesamten Streitmacht durch dieses Tal ziehen dürfen.« Er zeigte die Stelle auf der Karte. »Er hätte eine Nachhut zurücklassen müssen, stark genug, um zu verhindern, dass ihm der Rückweg verlegt wurde. Ich habe dafür gesorgt, dass ihm sein Irrtum deutlich gemacht wird.«
Bren nickte. Zurresso hatte also einige unangenehme Nächte vor sich. Mit ihren menschlichen Gefolgsleuten hatten die Schattenherren weit weniger Geduld als mit ihresgleichen. Vielleicht würde er eines seiner Kinder verlieren, oder eine Gespielin. Der Kult wüsste genug über ihn, um empfehlen zu können, was ihn mehr schmerzen würde.
Es wäre unklug gewesen, weiter über Versagen und Strafen zu sprechen. Bren wich Xenetors Blick aus, indem er die Karte fixierte. »Man berichtet, dass Ihr mehrere Tausendschaften mit Euch führt.«
»Nicht für diese Front. Ich bringe mein Heer nach Westen.«
Bevor er sich beherrschen konnte, ruckte Brens Kopf hoch, sodass er den Schattenherzog nun doch wieder ansah. »Nach Westen? Noch eine Front?«
Xenetors Lächeln enthielt mehr Grimm als Belustigung. »Die Bronier. Mehrere Stämme haben sich vereint und die Grenzbefestigungen überrannt. Ist Euer Gardehauptmann nicht auch ein Barbar?«
»Dengor. Ja.«
»Dann wisst Ihr, dass das kräftige Burschen sind. Ihr Land ist eine öde Wildnis. Dort gibt es nichts zu gewinnen, darum haben wir unsere Truppen nie dorthin befohlen. In ihrer Uneinigkeit waren sie auch niemals eine Bedrohung.«
»Aber diese Uneinigkeit ist nun Vergangenheit.«
»So wie zwischen allen Menschenreichen. Die ganze Welt hat sich gegen uns zusammengerottet.«
»Es sind die Götter, die dahinterstecken. Ich habe einen Fayé gefangen genommen, von dem ich einiges erfahren konnte.«
»Ich habe den Bericht erhalten. Interessant, in der Tat. Lässt diese Entwicklung Euren Mut sinken?«
Bren fühlte, wie sich seine Lippen in einem wölfischen Grinsen zurückzogen. »Nun, da wir endlich einen Gegner haben, der unserer würdig ist? Was glaubt Ihr, wovon ein General träumt?«
»Auch ich war einmal ein General.« In seinen Augen schimmerte etwas Verschwörerisches. »Ich habe etwas für Euch dabei. Keine kompletten Einheiten, aber zwei Dutzend Offiziere, und nicht die schlechtesten.«
»Mit Kampferfahrung?«
Xenetor zuckte mit den Schultern. »Was man in diesen Zeiten so nennt.«
Bren fragte sich, welche blutigen Jahrhunderte der Schattenherzog durchlebt hatte. »Ich danke Euch. Sie werden eine Hilfe sein.«
Xenetor strich über die Karte. »Was habt Ihr vor, Bren? Wollt Ihr Guardaja zurückerobern?«
Bren
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