Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
Dengor?«, rief er.
Der Bronier spähte. »Zu weit entfernt, Herr.«
Dafür sah Bren umso deutlicher, dass etwas nicht stimmte. Die Finsternis um die Tiere flackerte, als gösse jemand Wasser auf die schwarzen Flammen, die sich zischend dagegen wehrten. Eine Auseinandersetzung, in der sie schnell unterlagen. Die Schattenrosse verloren die Aura, die sie mit der Welt des Magischen verband, wurden vollständig ins Greifbare gezwungen. Der Feuerschein aus ihren Augen verlosch in schmutzigem Qualm, sie waren nichts mehr als tote Körper, brachen zusammen. Die Kutsche drängte mit der ihr eigenen Geschwindigkeit vorwärts, über die Deichsel mit den Zugtieren verbunden, deren Kadaver nun zu unüberwindbaren Hindernissen wurden. Das Gefährt kippte um. Das konnten auch menschliche Augen erkennen, wie Dengors Wutschrei bekundete.
Ein Befehl wäre überflüssig gewesen. Brens Trupp gab den Pferden die Sporen und eilte zum Ort des Geschehens. Dort waren Gadiors Gardisten schnell in einen Kampf mit Gestalten verwickelt, die aus den Ruinen auftauchten. Ein Stoßtrupp des Feindes! Und er war zahlreich. Zwei Dutzend Klingen schimmerten im Blau und Silber und Rot der drei Monde.
»Bleibt zurück, Herr!«, rief Dengor ihm zu. »Das ist unsere Aufgabe!«
Bren vertraute darauf, dass sich seine Gardisten auch in diesem Kampf gut schlagen würden. Immerhin waren sie Veteranen der Wetterberge. Ob sie einer solchen Übermacht gewachsen wären, war eine andere Frage. Doch es war kein Stahl gewesen, der die Schattenrosse gefällt hatte. Dort vorn musste noch etwas anderes sein.
Bren zügelte sein Pferd und spürte in sich hinein. Der Zauber war vergangen, entsprechend war das Ziehen schwächer, aber vollständig erloschen war es noch nicht. Wie die Glut eines Feuers ließ es sich noch erfühlen, auch wenn Bren gegen seinen Kopfschmerz ankämpfen musste, um es wahrzunehmen. Er sah auf den Tumult vor sich, wo seine Gardisten den Kampf beinahe erreicht hatten, während Gadiors Wache bereits in ihrem Blut lag und die Angreifer dazu übergingen, die Kutsche aufzubrechen.
Aber dort war es nicht.
Die Monde verwehrten ihm die Nebelform, in die er sonst gewechselt wäre. Doch auch ohne diese Hilfe war er sicher, dass sich derjenige, der die Magie der Schattenrosse erstickt hatte, weiter oben am Hang verbarg. Das war ohnehin ein guter Beobachtungspunkt, eine Stelle, an der man auch Bogenschützen hätte postieren können.
Bren lenkte den Apfelschimmel in einem Bogen dorthin. Schon bald wurde das Ziehen stärker, er näherte sich der Quelle.
Zuerst sah er die sich verflüchtigende Finsternis. Dämonen, die in ihre Sphäre zurückkehrten, kaum mehr in Brens Wirklichkeit existent. Zwischen ihnen hockte eine Gestalt, die nicht aus Finsternis bestand, auch wenn dunkle Kräfte sie umwallten. Sie war hochgewachsen und schlank, der Kopf geformt wie ein auf der Spitze stehender Keil. Erst dachte Bren, der Schmerz, der in seinen Schädel stach, trübte seine Sinne, aber dann erkannte er einen Fayé vor sich!
Bren achtete nicht auf die Strudel aus übersinnlichen Energien, als er sein Pferd antrieb und mit dem Morgenstern ausholte. Der Fayé musste so erschöpft sein, dass er Bren nicht bemerkte. Er blieb völlig unbewegt, bis die stachelbewehrte Eisenkugel sein Schulterblatt zertrümmerte und ihn zu Boden schleuderte.
Bren sprang aus dem Sattel und geriet ins Taumeln. Das Mondlicht beeinträchtigte seine Körperbeherrschung so stark, dass er beinahe gestürzt wäre.
Aber sein Gegner schien zu nicht mehr fähig, als wimmernd über den Boden zu kriechen, wobei er versuchte, die gebrochene Schulter zu entlasten. Bren fasste den dünnen Hals des Fayé. »Ich grüße dich, Unsterblicher!«, rief er und hob drohend seine Waffe. »Aber deine Unsterblichkeit endet hier, wenn der Angriff auf die Kutsche weitergeht! Genau jetzt! Wie viele Jahre hast du noch leben wollen? Hundert? Tausend?«
»Ihr werdet mich ohnehin töten!«, röchelte der Fayé.
Bren würde sich wohl nie daran gewöhnen, in ein Gesicht zu blicken, in dem Nebel wallten, wo Augen hätten sein sollen, aber er ließ sich nicht von dieser Fremdheit beirren. »Osadroi stehen zu ihrem Wort, das ist in der ganzen Welt bekannt! Gebiete diesem Angriff Einhalt, und du wirst leben!«
»Alle Versprechen Ondriens enden mit seinem Schattenkönig!«
»Das wird dir genügen müssen! Wenn nicht …« Er rammte dem Mann den Stab des Morgensterns gegen die Brust.
Ein Knochen knackte. Der Fayé hustete.
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