Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
konnten wir nicht finden. Aber die Truppen suchen noch. Morgen oder übermorgen …«
Bren brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Hört genau zu! Euer Leben mag davon abhängen, ob ihr diese Frage beantworten könnt. Kennt jemand die Priesterin Nalaji und weiß, wo sie sich aufhält?«
Unsicher sahen ihn die Gefangenen an. Er spürte Velons Blick in seinem Rücken. Der Schattenfürst würde Lisanne berichten, welche Versprechungen Bren abgab. Überhaupt würde er genau darauf achten, was Bren sagte. Deswegen durfte er nicht zu offen nach Kiretta fragen.
Einige Hände hoben sich, um anzuzeigen, wer mit Nalaji bekannt war. Aber wie konnte er diese Frauen isolieren, mit ihnen im Vertrauen sprechen, ohne dass Velon Verdacht schöpfte?
Missmutig wandte sich Bren dem anderen Osadro zu.
Hinter ihm kreischte eine Frau. Als Bren herumwirbelte, erkannte er eine füllige, etwa vierzig Jahre alte Priesterin. Sie war in ein Gewand mit einem absurd großen Kopfputz gehüllt, der wie ein losgerissenes Segel flatterte, als sie sich auf ihn stürzte. Das musste die Dreifach Gepriesene sein, die Tempelvorsteherin. Sie hielt ellenlange Haarnadeln wie Dolche in den Händen.
Bren wich mit einer Schnelligkeit zurück, der sie nicht folgen konnte. Erst recht nicht, da ihr zwei Razzor mit weiten Sprüngen den Weg abschnitten. Sie brauchten noch nicht einmal ihre Waffen zu ziehen. Fangarme schnappten und rissen die Frau heran. Säbelartige, frei schwingende Kiefer schlitzten ihren Hals auf. Bren sah sie grinsen, als das Blut zwischen ihren Lippen hervorquoll.
»Zurück!«, schrie er.
Lisanne und er hatten den Razzor einige Instinkte eingeprägt, während sie mit ihrer Züchtung experimentiert hatten. Einer der am tiefsten verankerten verbat ihnen, zuzulassen, dass ein Schattenherr zu Schaden kam. Die Dreifach Gepriesene hatte wohl auf ein solches Verhalten gehofft und sich somit einen raschen, schmerzlosen Tod erzwungen.
Auch andere Instinkte waren den Razzor zu eigen. Ein Selbsterhaltungstrieb gehörte dazu, der eine stärkere Individualität bedingte. Die wiederum erforderte Eigeninteressen, Sehnsüchte. Bren hatte ihre Begierde darauf gerichtet, zu kämpfen. Wenn sie einige Tage keine Gelegenheit dazu hatten, wurden die Razzor aggressiv wie ausgehungerte Taranteln. Bislang hatte man sie stets durch deutliche Befehle im Zaum halten können. Deren Befolgung war ein weiteres der Gesetze, die ihnen eingegeben waren. Zur Sicherheit kannten Lisanne und Bren noch ein Wort, das die Razzor tötete, sobald sie es vernahmen. Irgendwann würde auch dieser Krieg enden, und dann würde man sich ihrer entledigen wollen.
Attego stieß die Leiche der Dreifach Gepriesenen mit dem Fuß an, vorsichtig darauf bedacht, seinen Filzpantoffel nicht mit Blut zu besudeln. »Das ging zu schnell«, stellte er fest. »Für die Frechheit, die Götter zu verehren, sollte die Strafe eine andere sein. Gewährt Ihr mir die Gunst, diesen Priesterinnen die Haut vom Rücken zu ziehen?«
Bren schüttelte den Kopf. »Wir wollen nichts übereilen. Tot nützen sie uns nichts. Solange sie leben, sind sie unser Pfand dafür, dass das Volk dieses Landes Ruhe bewahrt. Sollte es zu Aufständen gegen die neue Herrschaft kommen, werde ich anders entscheiden.«
Enttäuschung und Vorfreude rangen in Attegos Mienenspiel.
»Du kannst dich an den Paladinen schadlos halten, die wir gefangen haben«, bestimmte Bren. »Aber lass dir nicht zu viel Zeit mit ihnen. Wenn ich mich vor Sonnenaufgang schlafen lege, will ich sie tot wissen.«
Velon räusperte sich. »Alle? Ist das weise?«
»Wir haben nicht viele gefangen genommen«, erklärte Bren. »Sie haben entschlossen gekämpft. Wer jetzt in Fesseln liegt, ist verwundet.«
»Dann sind sie doch wohl kaum noch eine Gefahr?«
»Die Schwerter in ihren Köpfen sind härter und schärfer als jene, die wir ihnen aus den Händen genommen haben. Sie haben ihr Leben dem Kampf gegen uns geweiht. Bei erster Gelegenheit werden sie versuchen zu entkommen und uns keinerlei Hilfe sein.«
»Vielleicht sollten wir abwarten, was aus ihnen herauszuholen ist.«
Bren schnaubte. »Der Kunde, die aus dem Mund eines Mondschwerts kommt, würde ich niemals trauen.«
Velon seufzte. »Dann bringt sie eben um.«
Bren nickte Attego zu, dann wandte er sich wieder an die Priesterinnen. Einige von ihnen weinten haltlos, verbargen das Gesicht vor der Blutlache, die sich um die Leiche der Dreifach Gepriesenen ausbreitete. »Wer von euch weiß, wo sich
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