Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
Rüstung lediglich sein wattiertes Gewand trug. Bren war wegen des erfolgreichen ersten Einsatzes der Razzor zu guter Laune, als dass er den Barbaren dafür gerügt hätte. Er schlug den Vorhang zurück und betrat sein Zelt.
Quinné sah wieder so jung aus wie bei ihrer ersten Begegnung, bevor er von ihr genommen hatte. Ihr Körper hatte sich von dem Entzug der Lebenskraft gut erholt.
»Du hattest Sehnsucht nach mir?«, fragte Bren.
»Mehr, als ein Mann jemals empfinden kann!« Sie warf sich vor ihm zu Boden.
In der Tat spürte Bren die Stärke der Emotion, die ihm galt, während sich die schlanke Frau vor ihm wand. Er sah ihre kleinen, festen Brüste, die reifen Äpfeln ähnelten, und ihre schlanken und dennoch gerundeten Hüften. Auf allen vieren näherte sie sich ihm wie eine Katze, streckte zögerlich einen Arm vor, tastete an seinem Bein hoch, während sie ihn aus großen, mit rotem Strich betonten Augen ansah. Aber all diese Körperlichkeit kümmerte ihn nicht. Wie bei ihrer ersten Begegnung war es Quinnés Hingabe, die ihn berührte. Bei Ehla war es anders – ihre Verehrung galt den Schatten, die für sie ein allmächtiges Prinzip waren. Quinné jedoch war völlig auf ihn fixiert. Es wäre so einfach, ihre Essenz zu rufen …
Aber Bren wollte ihre Hingabe nicht. Seine Sehnsucht galt einer anderen. Unwillkürlich sah er zu der geschlossenen Kutsche, um die herum das Zelt errichtet war. In ihr würde er den Tag verbringen, die Arme über der Schatulle gekreuzt, in der Kirettas Haken lag. Er würde sie auf seine Brust legen, bevor die Starre einsetzte.
Quinné folgte seinem Blick, deutete ihn aber wohl falsch. Sie stand auf, ging zu dem Gefährt und ließ dabei ihr Kleid von den Schultern rutschen. Eine Bewegung, die auf einen Menschen vollkommen wirken mochte, aber für Bren eine kindliche Stümperhaftigkeit aufwies, da er Lisannes Eleganz kannte. Zudem war es so kalt, dass Quinné Gänsehaut hatte. Es sprach für ihre Selbstbeherrschung, dass sie kaum zitterte, als sie ein Bein über die Deichsel schwang, sich auf das Rundholz legte und ihren Körper in eindeutiger Weise zu bewegen begann.
»Dengor!«, rief Bren.
Sofort war der Gardist im Zelt.
»Lass sie zu Jittara bringen«, sagte er. »Die wird etwas mit ihr anzufangen wissen.«
»Nein, Herr, ich bitte Euch!«, flehte Quinné, ohne in dem lasziven Tanz innezuhalten, der auf Dengor eine Wirkung entfaltete, die seine Stoffhose nicht zu verbergen vermochte. »Mein einziger Wert liegt darin, Euch zu dienen! Nehmt von mir, wann Ihr wollt und was Ihr wollt! Wenn Ihr mich nicht selbst benutzen mögt, gefällt es Euch vielleicht, mir und Eurem Hauptmann zuzusehen? Ich bitte Euch! Ich werde tun, was immer Ihr wünscht.«
Dengor zögerte. Offenbar hoffte er, dass Bren auf Quinnés Vorschlag einginge.
Das mochte keine schlechte Idee sein. Nicht, die junge Frau an Dengors Lust zu verfüttern. Das konnte man sich als Belohnung für besondere Leistungen aufsparen. Aber Quinné war einer der wenigen Menschen, die tatsächlich allein von Bren abhängig waren. Da sie so auf ihn fixiert war, war sie für andere Schattenherren uninteressant, und im Kult galt sie als unfähig. Von niemandem außer ihm hatte sie etwas zu erwarten, und die verdrehte Logik, wie sie Brens Mutter in der Verehrung der Schatten zeigte, war ihrem Wesen fremd. Das war gut, denn Bren hatte mehrfach erlebt, dass sich solche, die ein abstraktes Prinzip verehrten, im unpassenden Moment gegen ihre Herren wandten, weil sie der Meinung waren, diese würden ihrem Ideal untreu.
»Geh wieder auf deinen Posten, Dengor«, sagte Bren. »Ich habe es mir anders überlegt.« Als der Barbar ihn anglotzte, fügte Bren schärfer hinzu: »Draußen. Vor dem Zelt.«
Dengor ballte eine Faust, verbeugte sich dann aber und stapfte hinaus, ohne Quinné nochmals anzusehen.
Bren setzte sich auf den Feldherrensessel, den man für den Fall bereitgestellt hatte, dass er im Zelt seine Offiziere empfangen wollte. »Zieh dein Kleid wieder an und nimm dir auch einen Mantel aus der Truhe.« Er wedelte mit der Hand in die Richtung. »Und dann hilf mir aus den Stiefeln.«
Seine Gedanken kehrten zu den neuen Truppen zurück. Vor seinem geistigen Auge entstanden die Karten, die das Gelände zeigten, durch das er sie zu führen beabsichtigte. Eskad und Ublid würden brennen, und wenn ihre Asche im Wind triebe, dann endlich … Ilyjia …
T RÜMMER
» H ier nennen sie es eine Rote Nacht«, sagte Lisanne. »In solchen
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