Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
Nalaji aufhält?«, rief er. »Ihr Lohn wird kein geringer sein.«
»Gestern war sie noch im Tempel«, sagte eine Adepta. Zwei weitere Klerikerinnen stimmten ihr zu.
»Und jetzt? Wo ist sie jetzt?«
Niemand antwortete. In den Wirren der Kämpfe musste sie verschwunden sein. Den Belagerungsring konnte sie kaum durchbrochen haben, also befand sie sich wohl noch in der Stadt. Es sei denn, sie wäre erschlagen worden. Sicher nicht von einem menschlichen Krieger, für die war das Gold, das er für jede ergriffene Priesterin ausgelobt hatte, zu verlockend. Die Razzor kannten solche Gier jedoch nicht. Auch sie hatten ihre Befehle, aber sie konnten Menschen schlecht voneinander unterscheiden und hätten eine verkleidete Priesterin kaum erkannt.
»Was ist so wichtig an dieser Nalaji?«, wollte Velon wissen.
Bren wandte sich ab, damit der Fürst nicht in seinem Gesicht las. Velon war ihm ein Rätsel. Er schien nun loyal zu Lisanne zu stehen, aber dennoch war vermutlich er es gewesen, der Bren seine ghoulischen Helfer zugespielt hatte, als es darum gegangen war, Lisannes Geliebten zu morden. Velon hatte in Kontakt mit Ghoulmeister Monjohr gestanden, dessen Ableben wahrscheinlich mit Kirettas Überleben und wohl auch mit Nalajis Flucht zu tun hatte. Vermutlich. Wahrscheinlich. In den Schatten ist nichts gewiss. »Sie war in Orgait. Es wäre interessant, herauszufinden, was sie dort erschnüffelt hat.«
»Order vom Hof des S CHATTENKÖNIGS , die Welt erzittere vor S EINEM Namen?«
»Nein, mein eigener Gedanke!«, blaffte Bren. Mit schnellen Schritten verließ er den Palast. Hier war nicht zu erfahren, was er wissen wollte.
Unruhig hetzte er durch die Straßen, fand aber nicht, wonach er suchte. Keine Nalaji, geschweige denn Kiretta. Später könnte er die Priesterinnen, die Nalaji gesehen hatten, fragen, ob sie eine Frau bei sich gehabt hatte, der eine Hand fehlte. Wenn Velons Interesse etwas nachgelassen haben würde. Oder, besser gesagt, das von Lisanne.
Er begab sich in das Haus, dessen Keller Quinné für seinen Tagschlaf vorbereitete. Er wies sie an, alles für seinen Umzug in die Ritterhalle am nächsten Tag vorzubereiten und postierte zwei Gardisten vor der einzigen Zugangstür, bevor er diese verschloss. Dann legte er die Kleider ab und wechselte in die Nebelform, was ihm beim gegenwärtigen Stand der Monde leichtfiel. So schwebte er aus dem Fenster und verteilte sich, so weit er konnte. Er glitt über Dächer, durch Rauch und Gassen. Seine Wahrnehmung war in den vergangenen Monaten feiner geworden. Er fand Flüchtige, die sich in einem Gebüsch verbargen, Reiche, die um ihr Leben feilschten, Krieger, die dem erbeuteten Branntwein zusprachen, Trauernde, die Tote und Sterbende beweinten, und Heiler, die Wunden abbanden. Diese Nacht gehörte dem Chaos. Nalaji jedoch hatte er nicht gefunden, geschweige denn Kiretta, als er eine Stunde vor dem Sonnenaufgang in das Zimmer zurückkehrte, seinen Körper zu Fleisch verfestigte und seine Kleidung wieder anlegte. Er öffnete die Tür und stieg in den Keller hinab.
Attego sah betreten aus, wie er neben Quinné vor dem sauber hergerichteten, mit schwarzer Seide bezogenen Bett stand.
»Was gibt es?«, fragte Bren. Er fühlte die Müdigkeit, die der Tag brachte, bleischwer in den Gliedern.
»Ich denke, Ihr wollt es von mir erfahren. Ich konnte Euren Befehl nicht ausführen.«
»Welchen Befehl?«
»Die Paladine zu töten. Sie sind entkommen. Niemand weiß, wie das geschehen konnte.«
»Hat ihnen jemand geholfen?« Schläfrig setzte sich Bren auf das Bett. Erst jetzt nahm er wahr, wie sehr ihn die Nebelform angestrengt hatte. Er wusste, dass ihn die Nachricht von den geflohenen Paladinen hätte aufregen sollen, aber er war zu ermattet.
»Ja, das ist offensichtlich. Unsere Wachen liegen in ihrem Blut.«
Bren legte sich zurück. »Bedauerlich, aber es passt zur Erfolglosigkeit dieser Nacht.« Seine Gedanken waren bei der Suche nach Nalaji und Kiretta. Jittara. So ungern er sie in seiner Nähe hatte, Jittara würde ihm helfen müssen.
»Was wollt Ihr finden?«
Jittaras Gesicht war so offen, wie es einer Nachtsucherin nur möglich war. Ehrlichkeit fand man in Ondrien selten und im Kult niemals. Doch alles deutete darauf hin, dass Jittara ihr Schicksal mit dem Brens verbunden hatte. Sie reiste in seinem Gefolge, bildete ihn in der Magie aus und organisierte große Teile seines Gesindes. Sie feierte sogar Messen, in deren Zentrum die Anbetung seiner Person stand. Aber war
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