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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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Gute-Besserungs-Karte für Tom war durchaus angebracht. Immerhin war ihr Chef angeschossen worden. Und vor allem würde er ihr bestimmt nicht den Laufpass geben, nachdem sie ihm so eine Karte geschrieben hatte, oder? Würde er?
    „Miss, geht es Ihnen gut?“
    Darcy blickte nach links. Ein Mann um die vierzig mit sandfarbenem Haar stand neben ihr, ein freundliches Lächeln im Gesicht. Er trug dicke Farmer-Handschuhe und hielt ihr ein Taschentuch hin.
    „Ja, danke. Es ist nur diese Allergie.“ Sie kicherte ein wenig in sich hinein. „Ich weiß, dass das die Leute immer sagen, wenn … Aber wirklich, mir geht es gut.“
    Er stopfte das Taschentuch in seine ausgebleichte Jeansjacke und sagte, ebenfalls leise lachend: „Der Valentinstag macht uns allen zu schaffen.“
    Darcy nickte. Sie hatte vollkommen vergessen, dass heute Valentinstag war, da sie sowieso keinen Freund zu Hause in Virginia hatte. Privatleben stand sehr weit unten auf ihrer Liste. Wenn sie sich einsam fühlte, gab es eine Menge Verwandte, die sie besuchen konnte. Sie war nicht wie Esme. Sie würde das FBI niemals verlassen. Das hatte Tom bestimmt auch schon gemerkt.
    „Aber Sie schauen sich ja gar nicht die Valentinskarten an, oder? Wie dumm von mir, voreilige Schlüsse zu ziehen. Das mache ich leider immer. Mir scheint, jemand, den Sie kennen, ist krank.“ Er sah sie mitfühlend an. „Ich bin übrigens aus demselben Grund hier.“
    „Oh?“
    Der Mann zuckte bescheiden mit den Schultern. „Es ist wirklich unschön, wie sich die Dinge manchmal entwickeln. Wir tun einfach, was wir immer tun, und in der Zwischenzeit werden Menschen verletzt oder krank, jeden Tag, so läuft es nun mal.“
    „Ich weiß nicht, ob es wirklich so trostlos ist“, entgegnete Darcy. Sie bemerkte, dass der Mann ein Schulterholster trug. Was wohl darin steckte? Eine Beretta? Unter anderen Umständen wäre sie besorgt gewesen, aber immerhin befanden sie sich in Texas. Das Recht, eine Waffe zu tragen, war den Texanern mindestens so wichtig wie die Zehn Gebote. „Gott bürdet uns nur auf, was wir auch tragen können.“
    Er murmelte etwas vor sich hin, wahrscheinlich eine Zustimmung, dann sah er sich im Gang um. Mit einem Mal schien er sehr traurig.
    „Für wen brauchen Sie die Karte?“, fragte sie.
    „Für niemanden, den ich besonders gut kenne. Aber manchmal ist die Nachricht für den Boten wichtiger als für den Empfänger. Verstehen Sie?“
    Darcy dachte über ihre eigenen selbstsüchtigen Gründe nach, aus denen sie eine Genesungskarte schreiben wollte. „Ja.“ Sie war ein wenig beschämt.
    „Das Schlimme daran ist – ihre Krankheit ist unheilbar, und sie weiß es nicht mal. Ich meine, jeder von uns stirbt früher oder später, aber …“
    „Das ist furchtbar.“
    Er nickte bekümmert. „Allerdings.“
    Er nahm eine der Karten heraus. Es gelang ihm trotz der dicken Handschuhe, einen Stift aus der Jacke zu ziehen und eine Nachricht daraufzukritzeln. Seine Augen schienen die ganze Zeit feucht zu sein. Und bestimmt nicht wegen einer Allergie. Darcy hätte den Mann am liebsten in den Arm genommen.
    „Tja, nun“, seufzte er.
    Er steckte den Stift wieder ein, zog seine schallgedämpfte Beretta heraus und schoss Darcy zweimal in die Stirn. Dann platzierte er die Genesungskarte (witzig und in bunten Farben gehalten) auf ihrer Brust und schlenderte davon.
    Es war Lilly Toro, die die Parkgarage für das geheime Treffen ausgesucht hatte, und zwar nicht, weil es ihr bei „Woodward und Bernstein“ so gut gefiel, sondern weil man sich darauf verlassen konnte, dass die Garage um diese späte Stunde ziemlich leer sein würde. Sie hockte auf der Motorhaube ihres VW Käfers und rauchte die fünfzehnte Marlboro des Tages.
    Schöner Mist, am Valentinstag nicht zu Hause zu sein.
    Ihr Informant kam eine Stunde zu spät, aber er war Polizist, und deshalb hatte sie schon mit seiner Unpünktlichkeit gerechnet. Kaum bog sein metallicgoldener Crown Victoria um die Ecke, schnippte sie die Zigarettenkippe in die Luft und zog ihr Notizbuch hervor. Der Typ mochte es nicht, in ein Aufnahmegerät zu sprechen. Wie die meisten Spitzel.
    Er parkte quer über den aufgemalten Linien und stieg nicht aus. Stattdessen bedeutete er ihr, einzusteigen.
    Seufzend hüpfte Lilly von ihrem VW und steuerte auf die Beifahrertür seines Crown Vic zu. So würde das also laufen.
    Der Name des Polizisten war Ray Milton. Er war seit elf Jahren beim Amarillo Police Department. Er hatte zwei der erschossenen

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