Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
Vom Netzwerk:
war heute in der Welt geschehen? Sie ging auf die „msnbc“ - Homepage und überflog die Schlagzeilen. Erdbeben in Pakistan, Großkundgebung für Gouverneur Kellerman in seinem Heimatstaat Ohio, Kongress berät erneut über Subventionen in Nebraska und Wyoming …
    Und dann fiel ihr Blick auf die Nachricht über die Schießerei in einem Krankenhaus.
    In der Küche hatte Rafe sich gerade ein Glas Milch eingeschenkt. Sein Chicken Marinara war etwas zu scharf gewesen, und er hoffte, ein kaltes Glas Milch würde seinen Magen beruhigen. Vielleicht, überlegte er amüsiert, waren das gar keine Magenbeschwerden. Vielleicht hielt er dieses erwartungsvolle warme Gefühl im Bauch, das ihn im Restaurant ergriffen hatte, nur nicht mehr länger aus.
    In diesem Moment rief seine Frau „Fuck“ und begann ihre Tasche zu durchwühlen. Sie nahm ihr Handy heraus und wählte.
    „Wen rufst du an?“, fragte er ruhig. Er sah zur Küchenuhr, es war 20.26 Uhr. Nicht besonders spät. Vielleicht wollte sie Amy Lieb sprechen. Immerhin waren sie gemeinsam in diesem albernen Buchclub und …
    „Tom. Ich bin’s.“
    Richtig, sie hatte ihn bisher noch nicht zurückgerufen. Rafe versuchte, nicht zu lauschen, doch sein besseres Ich hatte sich kurzfristig schlafen gelegt. Na dann versuch deine Absage so freundlich wie möglich rüberzubringen, mein Schatz! Wir können schließlich keinen Ärger mit der Polizei brauchen.
    Esme fummelte an ihrem Computer herum. „Nein, ich habe es eben erst gelesen. Ich war mit Rafe essen.“
    Rafe schlürfte seine Milch. Braves Mädchen. Immer schön den Ehemann erwähnen.
    Moment mal – sie hatte was gelesen?
    „Ich buche mir gerade einen Flug“, sagte sie jetzt. „Der früheste geht um fünf nach sechs von LaGuardia. Ich muss in Dallas umsteigen, aber ich sollte spätestens um Viertel vor zwölf in Amarillo sein.“
    Rafe stellte sein Glas ins Spülbecken. „Esme.“
    Sie sah ihren Mann nicht an, hob allerdings die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Nein, Tom, ich bezahle den Flug. Ihr könnt mir die Kosten dann erstatten.“
    „Esme.“
    Rafe marschierte ins Wohnzimmer.
    „Tom, ich ruf dich zurück. Okay. Bis gleich.“
    Sie legte auf.
    Rafe starrte sie an. Dann: „Esme, was zum Teufel soll das?“
    „Rafe, hör zu, es gab eine weitere Schießerei. In einem Krankenhaus in Texas. Der Fire Chief, der Einzige, der diesen Angriff beim Aquarium überlebt hat … Der Sniper ist einfach ins Krankenhaus spaziert und hat ihn erschossen.“
    „Und …?“
    „Er hat auch Tom angeschossen.“
    Rafe hätte schwören können, dass sie Tränen in den Augen hatte. Verzweifelt warf er die Arme in die Höhe. „Tom hat einen sehr wichtigen und gefährlichen Job. Leute mit einem gefährlichen Job werden verletzt. Das passiert nun mal.“
    „Sprich nicht mit mir wie mit einem …“
    „Dann benimm dich nicht so! Nur weil du dahin fliegst, wird er nicht schneller gesund, Emse.“ Er schob den Kopf vor, um seine Frau einen Moment lang prüfend anzusehen. „Aber das ist nicht der Grund, warum du hinfliegst, richtig?“
    Sie stand auf. „Hör zu …“
    „Wie lange?“
    „Was?“
    „Wie lange planst du, weg zu sein? Eine Woche? Einen Monat? Manchmal braucht das FBI Jahre, um solche Typen zu erwischen. Wirst du ein Jahr weg sein, Esme? Das muss ich wissen, damit ich es unserer Tochter erklären kann, wenn sie fragt.“
    „Das ist nicht fair!“ Sie ballte die Hände. „Ich fliege hin und – was? Was, glaubst du, passiert dann? Dass ich wieder beim scheiß FBI anfange? Nein, ich werde einfach ein bisschen aushelfen. Ich werde meine Meinung abgeben – was nicht sehr lange dauern wird –, und dann setze ich mich ins nächste Flugzeug und komme nach Hause. Versprochen.“
    „Was ist mit Sophie? Wer wird sie von der Schule abholen?“
    „Wir können Sophie nach der Schule bei den Kleins oder den McKinleys lassen. Das ist doch keine große Sache. Ich rufe Holly McKinley gleich an.“
    Sie begann zu wählen.
    Rafe wollte ihr den Hörer aus der Hand schlagen. Aber nein. Jetzt dickköpfig zu sein würde den Graben zwischen ihnen nur vertiefen. Sophie würde es bemerken. Die Nachbarn würden es bemerken. Er war Soziologieprofessor. Unflexible Gesellschaften zerbrachen irgendwann wie trockene Zweige. War er so unflexibel? Oder war er bereit, etwas zu riskieren?
    „Drei Tage.“
    Sie hörte auf zu wählen. Sah zu ihm hinüber. „Wie bitte?“
    „Du kannst drei Tage dort bleiben. Alles, was länger dauert,

Weitere Kostenlose Bücher