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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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vorgestellt. Aber zumindest hatte Esme sich über die Blume gefreut. Und das Essen würde hoffentlich gut sein. Kurz ließ er den Blick durch das Restaurant wandern. Keine weiteren Studenten, weder als Ober noch als Gast. Gut. Die Preise im „Il Forno“ waren sicherlich etwas über ihren Verhältnissen.
    Nate kam mit dem Merlot zurück. Er goss zwei Gläser ein und stellte die Flasche in den Weinkühler.
    „Kann ich Ihre Bestellung aufnehmen?“
    Das konnte er. Das tat er. Er ging.
    „Also“, begann Rafe, nachdem er genüsslich den Wein probiert hatte. „Was hast du heute gemacht?“
    „Nicht viel. Wäsche gewaschen. Und diesen schlechten Roman fertig gelesen.“
    „Klingt nach einem friedlichen Tag.“
    „Oh, und Tom Piper hat angerufen.“
    Rafe stellte behutsam das Weinglas zurück auf den Tisch. „Um dir einen schönen Valentinstag zu wünschen?“
    Esme seufzte. „Rafe …“
    Er richtete seine azurblauen Augen auf das dunkle Wasser im Mondlicht. Sein Blick folgte den Wellen, die sich am Ufer brachen.
    „Er wollte nur mit mir sprechen. Du weißt schon, darüber, was in Atlanta und Amarillo geschehen ist. Um meine Meinung zu hören.“
    „Hat er sie bekommen? Deine Meinung?“
    Sein Blick löste sich vom Meer und richtete sich auf seine Frau. Manchmal konnte er ihretwegen die ganze Welt vergessen, das stimmte. Aber manchmal explodierte auch jede einzelne Erinnerung in seinem Kopf gleichzeitig.
    „Ich habe ihn nicht zurückgerufen“, entgegnete sie und nahm seine breiten Hände in ihre. „Meine Aufgaben liegen hier und nirgends sonst. Nicht wahr?“
    Romantik sollte Privatsache bleiben? Scheiß drauf! Rafe beugte sich vor allen Leuten (einschließlich Smoking-Nate) über den Tisch und küsste seine Frau mitten auf den Mund.
    Als sie nach Hause kamen, lag Chelsea ausgestreckt auf dem Sofa, quasselte in ihr Handy und knabberte Karottenstifte. Mit Bedauern verabschiedete sie sich von demjenigen am anderen Ende (ihrem Freund höchstwahrscheinlich – heute war immerhin Valentinstag) und sprang auf die Füße.
    „Sophie schläft“, tat sie kund.
    Esme nickte. Schlafen war gar keine schlechte Idee. Sie hatte mehr als genug Merlot getrunken und spürte sein hypnotisches Kribbeln im ganzen Körper – vor allem aber in den Beinen. Sie lehnte sich an die Küchentheke, was eigentlich lässig aussehen sollte, aber eher betrunken ungeschickt ausfiel.
    Falls Chelsea etwas bemerkte, sagte sie nichts. Sie schien sowieso ausschließlich auf die grünen Scheine fixiert zu sein, die Rafe aus seiner Brieftasche nahm. Keine schlechte Bezahlung für Karottenknabbern und Auf-dem-Sofa-Rumlümmeln. Rafe bot ihr an, sie nach Hause zu fahren, aber sie wohnte nur ein paar Häuser weiter.
    Und sie will lieber noch etwas mit ihrem Freund allein sein, überlegte Esme. Oh, jung und verliebt sein! Wobei mit Ende dreißig verliebt zu sein auch nicht schlecht war …
    Esme verzog die Lippen zu einem etwas beschränkten Lächeln. Dann ging sie zum Schlafzimmer ihrer Tochter und spähte hinein. Sophie schlief zusammengerollt wie ein Kartoffelchip. Mit ihren kleinen Fäusten hatte sie die rosa Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen. Esme wusste, dass sie selbst früher auch so geschlafen hatte. Wenn sie morgens aufwachte, war die Bettdecke um sie festgesteckt wie eine schützende Hülle. Mit einem Mal verspürte sie das heftige Verlangen, ihre Tochter zu umarmen, doch es war besser, sie schlafen zu lassen. Sie sollte schlafen, träumen und wachsen.
    Esme spazierte zurück ins Wohnzimmer. Chelsea war gegangen, und Rafe räumte die Karottenstifte zurück in den Kühlschrank.
    „Ich checke nur schnell meine E-Mails, und dann …“, sagte Esme. Sie hoffte, dass er die unterschwellige Botschaft verstand: und dann ziehen wir uns ins Schlafzimmer zurück für angemessenen Valentinstags-Sex. Doch er schnüffelte nur an der Milch, ob sie noch frisch war.
    Sie setzte sich an ihren Schreibtisch. Es war höchste Zeit, Toms E-Mail zu beantworten. Während der Computer hochfuhr, überlegte sie, wie sie ihre Absage formulieren sollte. Alles in allem sollte sie freundlich, aber unmissverständlich sein. Natürlich wusste sie, wie schrecklich die Situation war. Natürlich würde sie helfen, wenn sie könnte – aber sie konnte nicht. Natürlich fühlte sie mit all den Familien der Opfer … aber ihre Gefühle gehörten vor allem hierher, nach Hause.
    Das E-Mail-Programm begann sich aufzubauen, und um sich abzulenken, öffnete sie ihren Webbrowser. Was

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