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Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern.

Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern.

Titel: Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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daneben. Es gibt hundert Tierstimmen, die man nachahmen kann. Man bringt Maikäfer in die Schule mit und setzt sie dort aus. Oder Regenwürmer. Auch weiße Mäuse, im richtigen Augenblick losgelassen, beleben den Unterricht ungemein und sorgen für Abwechslung.
    Es verging kaum ein Tag, an dem sich der Herr Lehrer Effenberger im Lehrerzimmer nicht mindestens einmal beklagt hätte über den kleinen Jantsch. »Dieser Junge ist eine Strafe Gottes! Ich bin schon ganz krank vor Ärger. Einmal verliere ich noch die Nerven bei diesem Bengel!«
    Ja, und genauso ist es dann auch gekommen. Es geschah eines Nachmittags während der Zeichenstunde. Plötzlich wurde die Tür zu Herrn Kling-sors Klassenzimmer aufgerissen und hereinstürmte der Herr Lehrer Effenberger. Krebsrot war er im Gesicht und die Gerta Hoffmann wollte sogar gesehen haben, dass seine Augen geglüht hätten wie zwei feurige Kohlen.
    Mit der linken Hand hatte der Herr Lehrer Effenberger die Tür geöffnet, mit der rechten hielt er den kleinen Jantsch. Er hielt ihn am Kragen gepackt und zerrte ihn in Herrn Klingsors Klasse.
    »Was soll ich bloß mit ihm machen?«, rief er. »Sagen Sie mir, Herr Kollege Klingsor: Was soll ich bloß machen mit diesem bösen Jungen? Er schafft es tatsächlich noch, dass mich eines Tages der Schlag trifft!«
    Der Herr Effenberger war wirklich sehr aufgeregt. Der kleine Jantsch schien hingegen bei bester Laune zu sein. Während ihn der Herr Effenberger am Kragen hochhielt, machte er nichts als Faxen. Er schnitt Gesichter und zappelte wie ein wild gewordener Hampelmann mit Armen und Beinen. Darüber mussten Herrn Klingsors Kinder natürlich lachen. Und je mehr sie lachten, desto vergnügter wurde der kleine Jantsch.
    »Oh dieser Lausebengel!« Der Herr Effenberger war schon ganz blau im Gesicht vor Zorn. Er war fast so blau wie ein Tintenteufel, was überaus komisch aussah.
    Herr Klingsor versuchte ihn zu beruhigen: »Nicht doch! Nicht doch, Herr Kollege! Wir kennen den kleinen Jantsch doch alle! Muss man sich da noch eigens über ihn aufregen?«
    Es ist anzunehmen, dass Herr Klingsor bei diesen Worten zwei oder drei Mal leicht mit den Fingern geschnalzt hat, auf seine besondere Art natürlich - und dann geschah etwas ganz und gar Unerwartetes. Aber nicht etwa mit dem kleinen Jantsch, oh nein! Es geschah mit Herrn Effenberger. Plötzlich war er wie ausgewechselt. Aller Zorn war verraucht, aus seinem Gesicht wich die blaue
    Farbe, die finstere Miene erhellte sich - und von einem Augenblick auf den andern brach er in schallendes Gelächter aus.
    »Ha-ha-ha-ha-haa!« Prustend vor Lachen hielt er den kleinen Jantsch am Kragen hoch wie ein Karnickel. »Lustig, mein Lieber, lustig! Ha-ha-ha-haaa! Du gefällst mir! Ich weiß ja, du bist der geborene Kasperl!«
    Der kleine Jantsch war verdutzt. Er war so verdutzt, dass er völlig darauf vergaß, seine Faxen zu machen.
    »Und jetzt ...« Der Herr Effenberger stellte ihn auf die Füße, dann gab er ihm einen Klaps auf den Hosenboden. »Schluss mit der Vorstellung! Nun verzieh dich wieder in unsere Klasse!«
    Und Herrn Klingsors Zauber hielt an.
    Von jetzt an konnte der kleine Jantsch so schlimm sein, so frech und so ungezogen, wie er nur wollte: Er schaffte es einfach nicht mehr, Herrn Effenberger zu ärgern. Was er auch anstellen mochte, Herr Effenberger sah schmunzelnd darüber hinweg, er ließ sich nie mehr vom kleinen Jantsch aus der Ruhe bringen.
    »Das gibt's doch gar nicht!«, dachte der kleine Jantsch. »Dem werd ich's schon zeigen! Ob ich es

    mal mit Niespulver versuche? Oder mit einer Vogelpfeife? Oder - noch besser! - mit ein paar Knallfröschen?«
    Aber es war wie verhext. Selbst mit Knallfröschen war beim Herrn Lehrer Effenberger nichts mehr zu machen. Von jetzt an war und blieb er die Ruhe selbst, wenn der kleine Jantsch seinen Unfug trieb.
    Und siehe da! - schon nach drei, vier Wochen war auch der kleine Jantsch wie ausgewechselt. Seit der Herr Lehrer Effenberger sich nicht mehr ärgern ließ, machte es überhaupt keinen Spaß mehr, ein böser Junge zu sein. Und da ließ er es eben bleiben, der kleine Jantsch.
    Er muhte und mähte nicht mehr im Unterricht, er schoss nie mehr Papierkugeln an die Wandtafel, nie mehr verstreute er Niespulver, nie mehr ließ er Maikäfer in der Schule los oder weiße Mäuse. Selbst Knallfrösche brachte er nie mehr mit.
    Außer im Fasching natürlich. Aber im Fasching ist das ja etwas anderes.

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