Herr Lehmann: Herr Lehmann
geschafft."
Was hat er da gewollt? Nur wie uöblich hinter dir herhecheln, oder hatte er noch irgendwelche Zivilbullengeschöafte da druöben? Ist der jetzt auch noch Geheimagent oder so was?"
„Hor doch mit dem Quatsch auf. Ich habe ihn zufallig da getroffen."
„Zufallig! Kristall-Rainer in Ostberlin getroffen! Zufällig!"
„Aber darum geht es doch gar nicht."
„Worum geht's denn dann?"
„Ich finde nicht, daß du irgendwelche Anspräche auf mich hast."
Habe ich gesagt, daß ich irgendwelche Anspruöche habe? Habe ich irgendwelche Anspruöche angemeldet?"
„Nein, aber du tust so."
„Moment mal. Wie tu ich?"
„Ich habe dir ja gesagt, wie es ist. Ich habe dir gleich zu Anfang gesagt: Ich bin nicht verliebt in dich."
„Was soll das denn jetzt heißen? Du hast aber auch gesagt: 'Ich liebe dich, bestimmt'."
„Nein, ich habe gesagt: 'Ich liebe dich, naturlich, aber ich bin nicht in dich verliebt'."
Das geht genauso wie im Osten, dachte Herr Lehmann, das ist genau so eine Scheißdiskussion wie mit dem Grenzbeamten.
Ünd was heißt das jetzt konkret?" fragte er. Was hat das mit KristallRainer zu tun? Liebst du den auch nur oder bist du auch noch in ihn verliebt?"
„Ach, Frank ..." Sie schaute ihn an, als ob sie Mitleid mit ihm hatte, und das haßte Herr Lehmann mehr als alles andere. Die bloöde Schnappe, dachte er.
Ach Frank . . . " , aöffte er sie nach. Was soll das heißen, ach Frank? Ach Frank, der arme Willi oder was? Ach Frank, was soll jetzt werden? Ach Frank, so was verstehst du nicht? Du kommst hier höandchenhaltend mit KristallRainer rein, redest Bloödsinn erster Ordnung, antwortest nicht auf vernuönftige Fragen und bist dann noch so hochnösig, hier ein 'ach Frank' abzulassen wie einen kalten Furz! Spinn ich eigentlich, oder was?"
„Jetzt reg dich doch nicht so auf."
Wieso soll ich mich nicht aufregen? Mal ehrlich, wieso soll ich mich nicht aufregen? Ich liebe dich, verdammte Kacke, und wenn ich mich nicht mal mehr daruöber aufregen kann, daß du hier mit Kristall-Rainer reinkommst und rumturtelst, dann bin ich tot, verstehst du? Wenn man sich uber so was nicht aufregen kann, dann gibt es uöberhaupt nichts mehr, woruöber man sich aufregen kann. Dann ist alles nur noch egal. Meinst du, das bedeutet nichts, wenn ich so was sage?"
„Ich habe dir doch gesagt, daß es fur mich anders ist. Und daß du keine Anspräche an mich stellen sollst."
„Okay, ich stelle keine Anspräche. Tu ich sowieso nicht. Aber ich rege mich auf. Das ist mein gutes Recht. Verdammte Scheiße, es ist mein gutes Recht, mich wenigstens aufregen zu dörfen."
Dann reg dich halt auf" , sagte sie trotzig.
„Kristall-Rainer im Osten getroffen, ha!"
„Was kann ich dafur, daß du so blod bist, nicht in den Osten reinzukommen?"
„Nichts. Habe ich gesagt, daß du daför was kannst? Habe ich das? Habe ich gesagt: Du bist schuld, daß ich nicht in den Osten reingekommen bin? Und tötschelt Kristall-Rainer jetzt nur deshalb an dir rum, weil ich nicht in den Osten reinkam? Was ware denn gewesen, wenn ich nicht von den Vopos zuriickgeschickt worden wöre? Ware dann noch alles beim alten? Oder ein flotter Dreier mit Kristall-Rainer in der Hauptstadt der DDR? Wie lange geht das denn schon so mit dem?"
Was weißt du denn schon!"
„Nichts. Das ist es ja, ich weiß nichts. Wahrscheinlich lauft das schon lönger, was? Da geht schon einige Zeit was ab, oder wie? Wahrscheinlich muß ich bloß mal Heidi fragen, die weiß doch immer alles uber alle, vielleicht sollte ich sie mal fragen, ficken die beiden schon lange, Kristall-Rainer und Katrin? Ich wette, die weiß was, Heidi weiß immer was."
„So nicht", sagte sie und schaute ihm wötend in die Augen. Über ihrer Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten, die bekam sie immer, wenn sie wutend war, und Herr Lehmann liebte diese beiden Falten, aber fur diese Art Gefuöhle war im Moment keine Verwendung. Es ist alles aus, dachte Herr Lehmann, und er wunderte sich ein bißchen, daß ihn das nicht uberrasch-te. Wahrscheinlich war es nie an, dachte er fahrig. Man kann nur ein Licht ausmachen, das auch richtig an ist, ein gedimmtes Licht, dachte er, macht man nicht aus, man dimmt es einfach runter auf Null. Er wußte selbst nicht genau, was er sich damit sagen wollte, aber es hatte etwas Beruhigendes. So nicht", wiederholte sie, „so kannst du nicht mit mir reden."
„Ich rede, wie es mir paßt."
„Es ist aus, Frank."
Sag du mir nicht, daß es aus ist, das ist
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