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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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angestrengt in die Länge. »Mensch, Mustermann. Was machst du bloß immer mit deinen Weibern?«
    »Es hat den Anschein, als sei ich nicht recht im Bilde …«
    Statt einer Antwort schob ihm Czerny eine Silberscheibe im Kästchen über den Tresen. Es war kein Papier darin, nur die nackte Scheibe. »Das hat vorhin eine für dich abgegeben.« Noch immer brannte Czernys Blick auf ihm.
    Wolfgang wog das Kästchen in seiner Hand. »War sie hübsch?«
    »Klein, dunkel. Exotisch.«
    Wolfgangs Herz stolperte. »Anju!« Etwas Warmes breitete sich in ihm aus, zärtlich schnüffelte er an der Plastikhülle.
    »Mustermann!« Czernys Augen waren zwei weiße Schlitze. »Sie hat geweint!«
     
    Auf dem Weg zur U-Bahn hielt er das Kästchen in seiner Jackentasche umklammert. Anju! Sie hatte ihn besucht! Er wusste längst, was auf der Silberscheibe zu hören war, vernahm jeden Ton des Stückes in seinem Inneren, und doch würde er keine Freude finden, solange er an ihre Tränen denken musste. Warum in aller Welt hatte sie geweint? Verstand einer die Frauenzimmer! Das war eine Sache, die sich auch in den nächsten zweihundert, ach, tausend Jahren nicht ändern mochte, dass die Weiber zu aller Unzeit in Tränen ausbrachen. Das war bei Constanzen nicht anders gewesen – wenn man aber erst danach fragte, so bekam man weiters nichts zu hören denn ein »Ach, lass mich …«, ein »Was weißt denn du davon …« oder gar ein Schweigen. Keines mehr von den ungezählten Worten, die sie ansonsten zu machen wussten.
    Doch eines war gewiss – er würde hingehen, gleich am Morgen, und sie in den Arm nehmen und ihr die Tränen fortküssen, bis sie froh und ruhig in seinen Armen lag. Ein wohliges Schaudern begleitete seinen Gedanken, begleitete ihn nach Hause und endlich in den Schlaf.
     
    »Ich brauche eine Musique. Eine Sonate für das Klavier in F, gesetzt von Wolfgang Amadé Mozart.«
    »Die F-Dur Sonate, hmm, das ist die zwölfte, oder?« Der Verkäufer begann in einer Lade mit unzähligen CD-Kästchen zu suchen.
    »Die zwölfte mag es schlechthin nicht sein, alldieweil man derer etliche nicht beachtet hat, die früher komponiert waren.«
    »Wie bitte?« Der Verkäufer hielt ihm ein Kästchen hin. »Hier, die F-Dur. Die Nummer zwölf. Meinen Sie die?«
    »Wenn ich es hören dürfte, so will ich es gleich wissen.«
    Der Verkäufer riss die Plastikfolie von der Hülle und reichte Wolfgang ein paar Ohrenwärmer. Wolfgang befühlte stirnrunzelnd die weich gepolsterten Seiten, als plötzlich ein klirrendes Surren herausdrang. Staunend hielt er sie an sein Ohr, setzte sie schließlich auf den Kopf, und ihm war, als sei er inmitten eines Konzertsaales. Tief atmend lauschte er. Wie viele Wunder mochte diese neue Zeit noch für ihn bereithalten? Kaum hatte er sich an eines gewöhnt, versetze ihn das nächste in Erstaunen.
    »Nicht das Richtige?«
    »O gewiss … Allein – er spielt nicht, wie es gesetzet ist. Ein Stümper, der dorten am Werk ist.«
    Die Lippen des Verkäufers wurden schmal, er kramte nach einem weiteren Kästchen und hielt es Wolfgang unter die Nase, nannte einen Namen, den Wolfgang nicht kannte. Die Musik brach ab und begann alsbald von neuem. Wolfgang riss sich die Ohrenwärmer ab. »So mag einer spielen, bald nachdem er am Mustopf geschleckt – und damit die Tasten verkleben, bah!«
    Schweigend wechselte der Verkäufer die Scheibe, dann noch ein weiteres Mal, bis Wolfgang aufhorchte: Das da war einer, der es verstand, der nichts verwischte, verschüttete oder verzierte, der dennoch alles Leben und alle Kraft hineinpackte. Ja, das war ein seiner würdiges Spiel. Wolfgang griff nach dem Kästchen, fand zu seiner Verwunderung und Freude dort eine Frau als Pianistin angegeben und legte es nickend dem Verkäufer vor.
    »Einmal Mozart, Wolfgang Amadeus. Noch einen Wunsch, der Herr?«
    »Jawohl. Gewiss.« Energisch sah Wolfgang auf. »Amadé, bitte. Amadé, so ist sein Name. Und nennen Sie ihn niemalen wieder Amadeus.«
    Dieses Mal kam
ihre
Stimme aus dem Türkasten. Er zögerte, sprach sein »Ich bin es« in das Gitter hinein.
    Sie schwieg. Dann war ein leises »Wolfgang?« zu hören.
    Nämlicher! Ob er wohl Einlass findet?« Es surrte, Wolfgang drückte die Tür auf und lief mit raschen Schritten nach oben, bis er vor ihr haltmachte, mit zögerndem Grinsen und außerstande zu jener Umarmung, deren er sich noch in der Nacht zuvor so sicher gewesen war.
    Sie hielt Laibung und Türblatt mit den Händen, als wehre sie etwas ab. Etwas

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