Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)
ganz neue Melodie, und doch war ihm, als habe er sie längst gehört.
Sie drehte sich um, einen Arm unter dem Kopf angewinkelt. »Du brummst schon wieder.«
»Ich brumme? Waaas? Das kann schwerlich sein!« Er lupfte die Bettdecke, schaute an sich herunter und gab sich einen Klaps auf den Schritt. »Eine Fliege ist’s, eine dicke.«Er fuhr fort zu summen, und sie lächelte, bis er sich über sie beugte und sie küsste. Sie schmeckte wunderbar, weich und warm, so dass er sich immer tiefer und ganz in sie hineinsehnte, in ihre dunkle, bergende Wärme, in ihren Schoß, der doch nur ein Trost sein konnte. Er liebte sie wieder, behutsam und innig, mit kleinen, langsamen Bewegungen, die ihm so viel mächtiger erschienen als all die hitzigen Beteuerungen, das atemlose, ungezügelte Ringen derer, die im Lieben nach dem Leben zu gieren hatten.
Später griff sie nach einem kleinen Gerät mit Knöpfchen darauf, richtete es wie einen Zauberstab auf das Mechanikum in ihrem Wandbord und rollte sich wieder in seiner Armbeuge zurecht. Das Allegro erklang aufs Neue, und Wolfgang angelte nach dem Apparat, das Wort Siemens kam ihm in den Sinn, und er musste lächeln.
»Kann man damit auch … äh – telefonieren?«
»Mit der Fernbedienung? Nee, so modern bin ich nicht, ist ein ganz altes Ding, hab ich bestimmt schon sechs, sieben Jahre. Aber bei Bekannten von mir kann man die Lampen damit anmachen.«
»Was auch immer einer erfinden mag an Ungeheuerlichkeiten, so etwas, dass ein Mann und ein Weib beisammen sind, das weiß kein Geringerer zu ersinnen als der Herrgott selbst.« Er drückte sich fester an sie, umfing sie mit seinem Arm, spürte ihre Haut unter seinen Händen, ihren Atem an seiner Wange, den leisen Rhythmus ihres Herzens an seinem. Für eine Weile lag er still, weil nichts mehr fehlte. Alles an ihm war satt und trunken, und doch wusste er, dass allein eine Berührung genügte, seinen Hunger wieder zu wecken.
»Das kitzelt!« Erst als ihre Hüfte zuckte, merkte er, dass seine Rechte das Konzert mitspielte.
»Gleich folgt ein Adagio, da geht es eben sanfter, warte nur, mein Flügelchen, hier, höre …« Mit zarten, fast streichelndenBewegungen spielte er ihren Arm hinauf, über die Schulter, zu ihren kleinen, weichen Brüsten, kletterte hinab zum Bauch und zwackte sie unvermittelt.
»Hey!« Sie wand sich lachend, zwickte ihn wieder und sank in seinen Arm zurück. »Könntest du das auch spielen? Auf dem Klavier, meine ich? So schön?«
»Gewiss.« Er folgte einem kleinen, schnellen Lauf um ihre Scham herum. »Ich vermag alles zu spielen. Es bedarf allein des rechten Instruments.«
»Alles. Aha.« Ihr Blick ließ für einen halben Takt den Ton abreißen. »Das würd ich gerne mal von dir gespielt hören. So was wie das da, weißt du. Spielst du auch mal solche Sachen irgendwo?«
»Dam dadadamm dalam, damm dadadam dalalam, dim, dididim, dim…« Lautes Magenknurren ließ ihn abbrechen. »Heho – was will der da drinnen …« Er hieb ein Stakkato auf seine Bauchdecke, bewegte dann den Kopf, so weit es ging, nach unten und lauschte angestrengt. »Aaah. Grantig vor Hunger ist er, der Saubauch, der! Und gierig! Schweig!«
»Ich hab auch Hunger, ich glaube, ich hab nicht mal gefrühstückt. Wie spät ist es überhaupt …?« Sie reckte sich nach einem Wecker, der am Boden neben dem Bett stand. »Falls du ins Bad willst, dann nimm dir lieber was zum Drüberziehen mit, die anderen kommen sicher bald.«
»Jost?«
Sie nickte. »Du kannst nicht besonders gut mit ihm, oder? Wegen der Sache damals, oder? Woher kennt ihr euch überhaupt?«
»Nun, ich … wir sind uns dereinst begegnet, hernach nie wieder, wobei ich keine neuerliche Sehnsucht nach ebendiesem Vergnügen habe.«
»Was ist denn damals eigentlich passiert?«
»Oh, das ist weiter nicht der Rede wert, eine Angelegenheit, wie sie unter Männern dermalen geschieht.«
»Aha.« Anju schwieg. »Sag mal, à propos Essen. Hier in der Küche sind gleich alle versammelt, Barbara und Jost und Enno, das ist nicht so besonders … hm, romantisch.« Sie lächelte scheu. »Aber raus will ich auch nicht.« Sie wies mit dem Kopf zum Fenster, gegen das noch immer der Regen schlug. »Du etwa?«
»Brrrr!«
»Wir könnten uns was vom Italiener kommen lassen, magst du?«
»Vom Italiener, gewiss.« Der Italiener! »Herrje, der Italiener! Welcher Tag ist heute?«
»Dienstag.«
»Himmel, Piotr!« Wolfgang fuhr hoch, griff nach dem Wecker, stöhnte.
»Was ist denn jetzt
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