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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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wirst eine tolerante Haftpflichtversicherung brauchen, am besten ohne Selbstbeteiligung. Du wirst richtig gute Tage haben und richtig schlechte. Du wirst dich nicht in Luft auflösen, auch wenn andere das wünschen. Freude und Frust werden sich
abwechseln. Aber die Freude wird überwiegen. Dir wird an keinem Tag auf Erden langweilig werden. Das Leben ist schön. Du wirst jetzt auf der Stelle deinen Klicker aufessen. Klicker aufessen. Klicker aufessen.«
    »Aha. Und die Augenringe?«
    »Ich schlafe schlecht. Ich träume alp.«
    »Deshalb schreckst du nachts immer hoch.«
    »Ja, ich träume, ich klickere Kaninchen. Jede Nacht. Ich stehe mit Luna oben in der Baumschule. Es dämmert. Ich halte ihr eine Fliegenpatsche hin. Sie geht ganz nah ran. Ich klickere. Aber in Wirklichkeit berührt sie die Fliegenpatsche gar nicht. Sie guckt durch das Patschengitter und fixiert ein Kaninchen, und als ich klickere, bestätige ich sie damit, und sie freut sich darüber und brennt durch und fängt das Kaninchen und frisst es auf. Die ganze Baumschule tropft vor Blut.«
    Aber das ist noch nicht einmal der allerschlimmste Alptraum. Da gibt es noch die Nordic-Walker-Variante. Die spielt im Wald.
    Ich laufe ziellos zwischen dunklen Bäumen umher, und aus heiterem Himmel klingelt das iPhone, obwohl ich gar keines habe, und meldet, dass die Anonymen Klickerer mit mir skypen wollen, und während ich wissen will, was es Spannendes gibt, schnuffelt Luna einem Hasen hinterher, und der Duft wird immer intensiver, und ich lausche den Anonymen Klickerern, und Luna schleicht sich unauffällig weg und startet hinter dem nächsten Busch durch und fräst im Tiefflug durchs Unterholz und rempelt fünfhundert Meter weiter südlich auf dem Holzweg drei Nordic-Walker um, ausgerechnet die, die es schon lange auf uns abgesehen haben, und nur wenig später erscheine auch ich am Tatort, ich bin die hundert Meter unter zehn Sekunden gelaufen,
habe mein Telefon verloren, und meine Zunge hängt meterweit heraus, und die Birne glüht, und Luna freut sich ein Loch in den Bauch, weil ich endlich da bin, und die Sportskanonen fluchen, weil einem von ihnen ein Bein fehlt, sie zeigen auf die Krawallmaus, die das Bein wegträgt, aber ich verstehe nicht, was sie rufen, und …
    Schweißgebadet fahre ich hoch, kippe zurück ins Kissen und fasele im Schlaf weiter: »Doch ja, ich finde Klickern gut. Es funktioniert nur nicht immer und bei jedem Hund in jeder Situation. Wie übrigens alles, was in der Hundeerziehung als Wundermittel verkauft wird. Klickern in Extremsituationen ist eine tolle Sache, wenn man einen Hund hat, der findet, dass Klickern in Extremsituationen eine tolle Sache ist. So einen habe ich nur leider nicht. Gegen alles gibt es Tabletten. Nur gegen widerspenstige Hündinnen nicht. Die Pharmaindustrie braucht neue Impulse. Und überhaupt, ich bin Freiberufler ohne Chef. Ich darf um halb elf in egal welchem Outfit spazieren gehen, ohne dass die Nachbarschaft schlecht über mich redet.«
    »Ja Schatz, das darfst du«, sagt das Kissen neben mir.
    »Halb elf! Jeden Tag!«
    »Ja, jeden Tag. Alles wird gut.«

    Zu irgendetwas muss das Ungestüm meines Hundes doch gut sein. Vielleicht dreht Bruce Willis ja demnächst einen neuen Film und braucht noch einen Hund. Oder ich lasse mich zu einer Leckerchenkollektion inspirieren, die hundertprozentigen Erziehungserfolg garantiert.
    Fischnougatpellets mit einzigartiger Mir-sind-die-anderen-egal-Formel.

    Stimmungsaufheller auf Tapirpenisbasis für läufige Hundedamen.
    Klicker aus Wurst, die einmal knickknacken und danach verfüttert werden können.
    Vor allem diese kulinarischen Varianten sind Wasser auf die Mühlen des nächsten Krauses, der meinen Weg kreuzt. Er hält im Biergarten mit zwei schneeweißen plüschigen Akita-Rüden Hof und fegt sämtliche Klickertheorien entschieden vom Tisch:
    »Klickern? Schwachsinn! Bei deinem sensiblen, überreaktiven Hund bringt das überhaupt nichts. Du musst intensiv an der Hund-Halter-Bindung arbeiten.«
    Tiefer Schluck aus dem Weizenbierglas.
    »Ab sofort fütterst du nur noch aus der Hand. Und zwar die ganze Tagesration. Damit machst du dich unentbehrlich. Wo du bist, ist Futter. Du riechst nach Futter. Das Futter riecht nach dir. Du bist Herr über die wichtigste Ressource und damit über Leben und Tod. Wenn dein Hund das kapiert hat …«
    Noch tieferer Schluck.
    »… dann hast du es geschafft. Luna wird andere Hunde mit dem Arsch nicht mehr angucken, wenn du es nicht

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