Herrchenjahre

kürzester Zeit behoben werden könne. Er habe dazu vier Methoden entwickelt, eine funktioniere garantiert.
    Krause selbst braucht für die Beschreibung nur achtzig postkartengroße Seiten!
    Ich komme mir augenblicklich blöd vor, weil ich schon seit Monaten, wenn nicht Jahren, an diesem kleineren Problem herumdoktere.
    Der erste Tipp in diesem Buch ist völliger Unfug. Danke, jetzt geht es mir wieder besser. Man solle sich, so wird empfohlen, interessanter machen als die Reizlage und nie dagewesene Leckerchen einsetzen, die den Hund in einen »Rausch der Verzückung« geraten lassen.
    Mit Reizlage ist der andere Hund gemeint, es kann aber
auch ein Kampfkater, ein Pferdefuhrwerk oder eine Schwarzwälder Kirschtorte sein, je nachdem, was gerade des Weges kommt.
    Die eigentliche Crux bei diesem Tipp ist der »Rausch der Verzückung«. Heißt es doch nichts anderes, als dass ich genau das machen soll, was ich schon ausgiebig getan habe: mit blutigen Leberbrocken und triefenden Hühnerherzen in der Hosentasche durch die Gegend rennen.
    Außerdem funktioniert das nur, wenn gerade nichts los ist. In heiklen Situationen verzücke ich damit nämlich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich wirke auf meine Hündin wie die Dame auf der Galopprennbahn, die während des Kopfan-Kopf-Zieleinlaufs im elften Rennen ihrem Mann, der gerade sein gesamtes Vermögen auf Stormy Boy gesetzt hat, zuzwitschert: »Guck mal Schatz, mein schöner Hut.«
    Tipp zwei und drei sind ähnlich hirnrissig.
    Tipp zwei lautet: Lass deinen Hund in kritischen Situationen absitzen – und gut ist’s! Tipp drei empfiehlt, sich einfach umzudrehen und wegzugehen.
    Ich überlege kurz, ob ich auf dieser Basis nicht auch einen Ratgeber schreiben soll. Hundert blumige Seiten zu einer fetzigen Kernthese, die gut klingt, aber keine Sau weiterbringt.
    Wie wäre es mit WOPS?
    Wolforientiertes Problembeseitigungssystem nach Frey Dodillet: Wenn du ein Problem hast, dann beseitige das Problem, und du wirst sehen, dass du kein Problem mehr hast.
    Ich verschiebe WOPS auf später und widme mich Tipp vier: Schau! Das soll sehr gut helfen. Wann immer eine kritische Situation droht, muss der Hund einen anschauen, bis die Gefahr vorüber ist.
    Die Basics sind schnell erlernt. Ich stecke mir eine Scheibe
Fleischwurst zwischen die Zähne. Luna hypnotisiert mich mit ihrem Blick. Das macht sie so lange, bis die Wurst aus mir herausfällt. Währenddessen sage ich einige Male freundlich Schau , schon sitzt die Verknüpfung.
    Schau bedeutet also: Sieh mich an, nur mich und keinen anderen, oder tu bitte wenigstens so, als ob du meine Augen anpeilst und nicht die Scheibe Fleischwurst in meinem Mund.
    Die Kunst ist, diese Übung auch außerhalb der eigenen vier Wände zu meistern, da, wo die Ablenkungen größer und anspruchsvoller sind. Reizlage Jogger, Reizlage Downhill Biker, Reizlage Tennis, Reizlage Eichhörnchen.
    Und als Krönung: Reizlage doppelter Dobermann!

    Zwischen der Winkelsmühle und dem Dorf Gruiten verbreitert sich das Düsselflüsschen malerisch zu einem Teich. An dessen Ufern liegt ein großes Anwesen mit Pferden und Pfauen, das bilderbuchmäßig von zwei wild gewordenen Dobermännern bewacht wird. Wenn diese beiden schwarzbraunen Fieslinge mit ihren spitzen Ohren und stummeligen Schwänzen hinter dem Eisentor berserkern, habe ich ein mulmiges Gefühl.
    Luna gar nicht, die will da unbedingt hin.
    Je nach Erregungszustand ist es für sie überhaupt kein Hindernis, dass ich samt Fahrrad am anderen Ende der Leine hänge. Sie denkt: Wenn ihr mich umbringen wollt, dann werde ich euch auch umbringen.
    Das Passieren dieser neuralgischen Stelle zählt für mich zu den anspruchsvolleren Aufgaben des Gassigehens.
    Schau muss langsam und geduldig aufgebaut werden.
Schau übt man zuerst ablenkungsfrei im Wohnzimmer, dann erst geht man in den Garten hinaus, danach aufs Feld. Schau sagt man nur, wenn man absolut sicher ist, dass der Hund auch schauen wird. Unter Umständen kann diese Steigerung der Reizlagen sehr lange dauern. Wer zu viel auf einmal will, wird es versauen und kann wieder von vorne anfangen.
    Wir gehen deswegen auf Nummer sicher und üben geschlagene neun Wochen lang Schau in allen möglichen Situationen. Erst dann betrachte ich uns als reif für den großen Test. Wir nehmen allen Mut zusammen und spazieren lässig an den Dobermännern vorbei.
    »Hattest du eine schöne Runde?«, fragt meine Frau wenig später.
    »Ja«, sage ich.
    »Übrigens, diese Fettflecken in