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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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Luna weiß genau, dass ich ihr diesen Genuss verbieten werde, und pfeift sich die Kugel trotzdem rein.
    Ein Klassiker aus der Abteilung »Ich will doch mal sehen, ob die Verbote von gestern auch heute noch gelten.«
    Ja, sie gelten noch. Ein deutliches Nein – schon liegt der Apfel wieder auf dem Weg.
    Was jetzt kommt, verblüfft mich. Mit einem wilden Satz stürzt sie sich auf ihren nichtsahnenden Freund und zieht ihm nach allen Regeln der Kunst die Ohren lang. Dabei hat Gobi nicht mal hingeguckt, geschweige denn hingeschnuppert oder auch nur hingedacht. Dem sind Pferdeäpfel egal. Gobi kriegt zu Hause Feinstes vom Metzger, Pferd in allen Variationen. Aber garantiert nicht das, was hinten rausfällt.
    »Ganz egal«, denkt Luna. »Es hätte ja zumindest sein
können, dass er zufällig an den Apfel denkt, den ich nicht darf, und deshalb darf er den auch nicht, und darum schmeiß ich mich jetzt auf ihn und krakeele wie ein altes Fischweib.«
    Gedacht, getan, Attacke!
    Ähnliche Szenen gibt es in den Tagen danach dreimal.
    Mittwoch: Luna muss den Stock ausspucken, und Sammy darf ihn nicht haben.
    Sonntag: Luna muss das Rehbein – gefunden, nicht gerissen! – ausspucken, und Bonzo darf es nicht haben.
    Dienstag: Luna muss was Ekliges, Undefinierbares ausspucken, und Buddy darf es nicht haben.
    In allen drei Fällen wird der Kumpel, der an der Leckerei gar nicht interessiert ist, prophylaktisch erst mal vermöbelt. Immer dasselbe Theater: Verbot, Radau, Gerangel, Ordnungsruf, Frieden, Weitergehen.
    Bei mir dauert es wie üblich etwas länger, bis ich diese Macke meines Hundes identifiziert habe. Ich beschließe, ihr die Futteraufnahme nur noch im Beisein guter Freunde zu verbieten, deren Besitzer meine Hündin kennen. Die können mit dem anschließenden Gezeter umgehen und wissen, dass es nicht wehtut. In allen anderen Fällen denke ich: Schluck lieber den Pferdeapfel und nicht den Pralinenmops.
    Zwischenbilanz nach zehn Wochen Bindungsvertiefung durch Handfütterung: versaute Klamotten, verstärkte Neigung zur Ressourcenverteidigung und – immer wieder gern gesehen – ein vollgekotztes Auto.

    Je nachdem, welche Straßen man befährt, sollte man vorher nicht allzu schwer essen. Eine Handvoll bindungsvertiefender Trockenfisch kommt auf einer Serpentinenstrecke nicht gut.
    Ich sitze am Steuer und versuche, den Bulli unfallfrei durch die engen Kurven zu manövrieren. Das Drama im Fond bekomme ich nur akustisch mit.
    Hund: »Wupp, wuupp, wuuupp, wooaarrghh.«
    Drei entsetzte Kinderstimmen: »Iiih, Luna kotzt.«
    Angewidertes Schweigen allerseits. An die Sauerei will ich noch nicht mal denken, geschweige denn sie beseitigen. Am liebsten halte ich es in solchen Fällen mit den alten Indianern. Setze dich an die Biegung des Flusses und warte, bis die Leichen deiner Feinde vorübertreiben.
    Und tatsächlich!
    »Iiih, die frisst alles wieder auf.«

    Neben der unangenehmen Sache mit der verstärkten Ressourcenverteidigung dämmert eine weitere Erkenntnis, die mir das Dasein nicht leichter macht: Wenn es wirklich darauf ankommt, nutzt das ganze Futterbrimborium nichts mehr. In gewissen Situationen kann in meinen Taschen stecken, was will. Alles andere ist spannender. Die ersehnten Fischnougatpellets mit der Mir-sind-die-anderen-egal-Formel sind leider noch nicht auf dem Markt.
    Kreuzt Nachbars Katze lebensmüde unseren Weg, schießt Luna jaulend los. Die Katze rettet sich auf den Baum. Ich rufe Luna zurück. Das Kommen fällt ihr sichtlich schwer, aber sie tut es nach einigem Zögern dann doch. Ich freue mich unbändig, lobe mich schier wund und stopfe in den Hund, was die Taschen hergeben.

    Als ich genug lobgefüttert habe, ernte ich von Madame einen gnadenlosen Blick: »Danke sehr. War’s das? Kommt nix mehr? Dann gehe ich jetzt mal wieder die blöde Katze mobben.«
    Schon steht sie erneut unter dem Baum.

Reizlage doppelter Dobermann
    Es gibt Situationen, in denen die Reize und die Stressfaktoren so hoch sind, dass ein Abbruch von Fehlverhalten kaum möglich scheint. Um diese Herausforderungen vorbildlich bewältigen zu können, kaufe ich ein Fachbuch, das das Handfütterthema noch weitertreibt. Im Großen und Ganzen handelt es davon, wie man seinen Wuff friedlich macht.
    Der Fachbuch-Krause weiß, wie unschön es aussieht, wenn man bei nahezu jedem entgegenkommenden Hund einen Atompilz an der Leine hat. Den Ruf ruiniert es obendrein. Allerdings, so Fachbuch-Krause, handele es sich dabei um ein kleineres Problem, das in

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