Herrchenjahre
Lust mehr, damit zu arbeiten, weil ich genau weiß, dass sie bei Luna nicht funktionieren.
Durch die Gegend brüllen, Trainingsdiscs werfen, Nackenschütteln, Leinenrucken, Ketten schleudern, Klapperbüchsen abfeuern – was für ein Käse! Alle Erziehungsversuche
gehen genauso präzise in die Hose wie immer, nur lauter und aufgeregter. Luna ist zwar schwer beeindruckt, wenn es scheppert. Sonderlich nachhaltig wirkt so ein Donnerwetter aber nicht.
Außerdem hatte sie schon im zarten Alter von sechzehn Wochen den Trick raus, wie man durch rechtzeitiges Beschwichtigen das Donnerwetter gar nicht erst entstehen lässt.
Scheiße bauen.
Ohren anlegen.
Brav gucken, bis der Mensch dahinschmilzt.
Weitermachen wie bisher.
In unserer ersten Welpenschule wurde den Jungspunden das Nein mit einer Wasserpistole beigebracht. Herrchen lockt Hundi mit einem Keks. Hundi will den Keks essen. Herrchen sagt Nein . Hundi frisst ihn trotzdem. Krause spritzt Hundi nass. Hundi ist geschockt, hopst mit allen vieren gleichzeitig in die Höhe und muss umgehend zum Psychiater.
Was nachdenklich stimmte: Nach drei Spritzaktionen saß das Kommando. Alle Welpen wussten auf einmal, was Nein bedeutet. Bis auf die beiden wasserversessenen Labradore in der Gruppe. Ich habe selten so glückliche Hundegesichter gesehen wie in dem Moment, als die Hundenasen nassgespritzt wurden.
»He, er hat Nein gesagt, ich habe den Keks trotzdem gefressen und zur Belohnung gab es eine Dusche! Was für eine geile Schule!«
Zu den gängigen Tipps aus dem Gruselkabinett der ganz Harten gehört, schon mal prophylaktisch an der Leine zu reißen, wenn man weiß, dass der Hund gleich ausrastet. Prima. Wenn ich will, dass Luna hundertprozentig die Contenance verliert, dann tue ich das.
Die Koralle wird auch gern genommen. Was, der geht nicht eng bei Fuß? Koralle drauf und zack. Das muss wehtun. Dann lernt er es. Sehr schön in diesem Zusammenhang auch die beschönigende Bezeichnung Koralle für ein Stachelhalsband.
Wer Koralle nicht mag, kann seinen Hund einfach kräftig in die Seite zwicken, wenn er zu weit nach vorne drängt. In die dünne Hautfalte, da wo der Oberschenkel in die Hüfte übergeht. Das habe ich einmal gemacht. Mein Hund ging nicht zurück ins Fuß , sondern hoch wie eine Rakete.
Am liebsten sind mir diejenigen, die ihrem jungen Jagdhund das Jagen, einen tief in den Genen verankerten Trieb, mit einem Stromhalsband abgewöhnen. Diesen Typen sollten ihre Frauen die Triebe ebenfalls mit Strom austreiben. Abends im Bett zum Beispiel. Wie, du kriegst eine Erektion? AUS! Aber sofort AUS! Das darf ja wohl nicht wahr sein. Na warte! PRZZZZZ!!
Auf unseren Heititei-Touren kommen wir von Zeit zu Zeit an einem Hundeplatz vorbei, der eigentlich ein Brüllaffenplatz ist. Alle stehen stramm. Ich frage mich, welche Kleingeister sich da auf Kosten ihres Vierbeiners selbst verwirklichen. Wird im Vereinsheim Wir wollen unseren alten Kaiser Willem wieder ham gesungen?
Wenn sie ihren Hund fertig angeschrien haben, schreien sie sich selber an.
»Helfer, treten Sie raus!«
»Helfer, stellen Sie sich dahin!«
Und dann flüchtet der Helfer, und Rex stellt ihn auf eigene Faust. Das habe ich zuletzt 1969 gespielt. Damals hieß das Räuber und Gendarm, und wir waren noch kleine Jungs. Bloß mit Zwille statt mit Hund.
Da loben wir uns doch unseren kleinen, moderat geführten
Trainingstrupp aus ehemaligen Scheff-Schlamassel-Zeiten. Keine Sau stand stramm, wenn ich auflief, am allerwenigsten mein Hund. Meine spektakulärsten Vorstellungen gab ich, wenn am Vorabend die mistigen Kaninchen wieder auf dem Platz waren. Alles voller Köttel. Neben mir lief kein Hund im Fuß , sondern ein Staubsauger, der Köttel einatmete und meine Bei-Fuß- Fleischwurstwürfel mit dem Arsch nicht anguckte. Hinter mir ein Trainer, der mich rund machte. Und in mir eine Stimme, die mich fragte, warum ich für den samstäglichen Anschiss auch noch regelmäßig Geld überwies.
Einer der wichtigsten Gründe dafür, statt gellendem Hardlining lieber mildes Heititei anzuwenden, ist die öffentliche Wirkung. Mit Nachdruck einen Hund anbrüllen, der schon auf hundertachtzig ist, vermittelt ein Gesamtbild, das eher suboptimal ist. Die Leute beginnen einen Riesenbogen zu machen.
»Ne du, lass uns da mal nicht langgehen. Da oben in der Baumschule toben zwei Wahnsinnige rum.«
Frau Lemke, die ich mit ihrem Lobo gelegentlich beim Spazierengehen treffe, sieht das ähnlich. Sie ist schon etwas älter und
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