Herrchenjahre
wahrscheinlich wie Schwarzenegger dicke Zigarren rauchen, wenn sie das Geld dafür hätte. Als der liebe Gott mit Testosteron um sich geschmissen hat, hat diese Hündin zweimal Hier gerufen.
Es könnte natürlich auch an dem Ochsenziemer liegen, den ich ihr mal zu futtern gab. Von dieser Bestellung schwärmen sie in der Gruitener Dorfmetzgerei heute noch. Es war mein erster Ochsenziemer. Ahnungslos, wie frischgebackene Hundebesitzer nun mal sind, dachte ich, es handele sich dabei um einen Kuhschwanz. Entsprechend irritiert sah ich aus, als die Auszubildende ein ein Meter zwanzig langes, getrocknetes, krustiges, wunderlich gebogenes Ding auf den Tresen legte.
Auf meine Frage, ob denn ein Ochsenziemer nicht ein Kuhschwanz sei, lief die junge Frau rot an und stammelte: »Öh, hm, pffrzz.«
Ihre Chefin räusperte sich und rief von hinten kernig durch den ganzen Laden: »Ja, so in etwa! Ein Ochsenziemer ist ein Bullenpenis!«
Ein Meter zwanzig!
Fünf Herren im Verkaufsraum staunten mit offenen Mündern. Die sich schnell wieder schlossen und einem gequälten Zucken Platz machten, als die Metzgergattin zum Fleischerbeil griff und launig tönte: »Soll ich Ihnen den kleinmachen?«
Also was jetzt? Macht in Stückchen gehackter, getrockneter Bullenpenis aus sanften Wuschelhündinnen streitsüchtige Mannweiber? Hätten wir von Anfang an besser Wattebäusche füttern sollen? Oder Lämmchen-Müsli? Irgendetwas Vegetarisches oder Pharmazeutisches, das brav macht? Sollen wir keine an Dominas oder Rockerbräute gemahnende
Lederaccessoires mehr verwenden, sondern lieber schmale Leinchen aus Märchenwolle filzen?
Oder muss die Frage nicht eher lauten: Wollen wir überhaupt eine sanfte Wuschelhündin? Brauchen wir nicht eher einen harten Knochen? Immerhin haben wir einen sehr anspruchsvollen Job zu vergeben.
Viertausend abgeschiedene Quadratmeter Grundstück sind zu bewachen. Eine fünfköpfige Familie, deren Marotten ebenfalls in die Tausende gehen, muss gemütvoll, aber charakterstark ertragen werden. Außerdem gilt es, ein altes Fachwerkhaus nachhaltig vom Ungeziefer zu befreien. Ja, wir haben unter anderem auch deswegen einen Hund, weil Hunde nach Auskunft der Unteren Landschaftsbehörde sehr gut gegen Steinmarder in alten Gemäuern wirken.
Hundegeruch hält Marder fern. Er versetzt sie in Panik und lässt sie Reißaus nehmen. Das weiß die Untere Landschaftsbehörde, das weiß der Förster, das weiß ich – nur die Marder und Luna wissen das nicht. Die haben sich von Beginn an prächtig arrangiert. Jedes Frühjahr ist um drei Uhr morgens Party im Dachstuhl. Dann rutschen direkt über meinem Kopf die jungen Marder rudelweise die Schrägen hinunter und randalieren im Speicher.
Dafür haben wir kaum noch Katzen auf dem Grundstück. Nur die Lebensmüden schauen gelegentlich noch vorbei.
Die Ratten haben uns schon längst verlassen.
Der Paketbote hupt, bevor er aussteigt.
Die Briefträgerin hat Würstchen in der Tasche.
Der Westhighland-Terrier und die Labradorhündin aus der näheren Nachbarschaft würden lieber sterben, als ihr Geschäft auf dem Stichweg zu erledigen, der zu unserem Haus hinunter führt.
Drei ältere, alleinstehende Damen, die oben an der Straße
streunende Katzen mästen, indem sie ihnen Pute aufbraten oder Lachs in Joghurt servieren, erzählen sich hinter vorgehaltener Hand tuschelnd das Märchen vom Kampfhund.
Frontalbegegnungen mit anderen Hunden auf engen Wegen enden in wilden Schlägereien, wenn die Halter nicht mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen. Unkontrollierte Zusammenkünfte auf Hundewiesen sind kaum möglich, auch wenn die Fraktion der Unbelehrbaren immer noch behauptet, die Hunde regelten das schon unter sich.
Welches das ???
Ich möchte gar nicht wissen, in welchem Zustand die Konkurrenz vom Platz schliche, beschlösse Luna, dieses das selbst zu regeln.
Erfrischungen in Biergärten und Straßencafés hingegen können relativ unfallfrei eingenommen werden, solange keine neugierigen Kater um die Tische schleichen. Andernfalls rechne man bitte mit tief fliegenden Bistrostühlchen.
Luna ficht das alles nicht an.
Sie prollt vergnügt durch den Tag und mobbt andere Hunde, vorzugsweise die kleinen schwachen. Sie würde, wenn man sie denn ließe, niedliche Rehkitze und Kätzchen am Stück vernaschen, sich einen Fuchsschwanz an die Leine binden und Goldkettchen im Brustfell tragen.
Ich als erziehungsberechtigter Krawallmausbesitzer taumele derweil von Blutsturz zu Infarkt und wieder
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