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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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abschmieren ist ja auch öde. Der wahre Kenner geht mit einem mächtigen Satz über den Lenker und landet auf Brustkorb und rechter Schulter.
    Dafür braucht man folgende Zutaten: ein etwas zu hohes Tourenrad, eine zügige Geschwindigkeit um dreiundzwanzig Stundenkilometern, einen kurvigen Waldweg, eine trabende Krawallmaus an der Leine und eine Lua, die hinter einer Biegung in der Mitte des Weges aus dem Erdboden wächst.
    Jetzt muss man nur noch bremsen.
    Der Rest ist Physik.
    Marie schreibt an diesem Abend in ihr Tagebuch: Papa hatte schon sein ganzes Leben lang an einem Salto geübt, und jetzt kann er ihn. Wir sind mit dem Fahrrad durch den Wald gefahren. Papa war sehr schnell, und dann bog auf einmal Lunas Feindin um die Ecke. Papa machte eine Vollbremsung und Luna einen Satz nach vorn. Mit einem gekonnten Salto flog Papa vom Fahrrad und das Fahrrad mit einem schlechten Salto hinterher. Applaus!

    Aber Gott sei Dank ist den Hunden nichts passiert.
    Das ist ja heutzutage überhaupt das Allerwichtigste.
    Dass diesen Mistbienen bloß kein Schmerz widerfährt!
    Ich darf mir ruhig derart heftig die rechte Schulter prellen, dass ich mir zwei Wochen lang nur mit der linken Hand die Haare waschen kann. Siebzehn Tage, um genau zu sein. Danach bin ich wieder der Alte. Hämatome sind abgeschwollen. Rechter Arm geht tadellos über den Kopf. Rippe muckt nicht.
    Und der Mittelfinger ist wie gewohnt ausfahrbar!
    Nur falls Madame auf die Idee kommt, man könne ja so langsam mal wieder an eine Radtour denken.

    »Jedenfalls bist du körperlich optimal ausgelastet, seit du mit dem Hund Rad fährst«, sagt Peter. »Der Hund nicht, aber du.«
    »Wenigstens einer«, sage ich.
    »Es scheint ja ein vielseitig verwendbares Sportgerät zu sein«, sagt Walter.
    »Du fährst damit. Du fliegst damit. Du nutzt es zur Selbstverteidigung«, sagt Peter.
    »Und zum Angriff!«, sage ich.
    »Wieso?«
    »Ich werfe das Rad gelegentlich Rüden vor den Kopf, wenn Luna läufig ist.«
    »Stimmt«, sagt Peter. »Jetzt fehlt nur noch eine Disziplin, dann wäre es moderner Fünfkampf.«
    »Nehmen wir die Fahrräder denn jetzt mit nach Italien?«, fragt Ralf.
    »Vielleicht ist das doch keine so gute Idee«, sage ich. »Vielleicht
fahre ich im Mai gar nicht mehr Rad. Diese Theorie der körperlichen Auslastung ist sowieso Murks. Ob Luna müde ist oder nicht, spielt keine Rolle. Die mobbt andere Mädels so virtuos wie eh und je. Die fünfte Disziplin ist übrigens Flucht.«
    »Das sind gar keine maurischen Fleischspießchen«, sagt Walter und legt die Gabel beiseite. »Das ist Hühnchen Tandoori.«
    »Die kamen mir gleich so komisch vor«, sagt Juppi.
    Ach übrigens, Beaglebesitzer …
    … wenn ein unangeleinter Hund einen angeleinten Hund jagt, der friedlich am Fahrrad trabt, dann sieht das Lehrbuch mehrere Abbruchsignale vor. Man kann zum Beispiel Berta, hier! rufen oder Berta, nein! oder Berta, stop!
    Fortgeschrittene, die sich ihrer Sache sicher sind, greifen gerne auf ein souveränes Berta, steh! oder Berta, Platz! oder Berta, sitz! zurück. Blutige Anfänger, die haarige Situationen gelegentlich vergeigen und mein vollstes Mitgefühl haben, rufen auch schon mal Entschuldigen Sie bitte!
    Was man aber auf keinen Fall von sich gibt, ist dieser hirnrissige Satz, den du, unbekannter Beaglebesitzer, deiner Beagletante hinterherjohltest, als sie uns kläffend durchs Neandertal hetzte, worauf Luna vor Wut schier explodierte und mich auf meinem Fahrrad in die Böschung zog:
     
    » D U MUSST KEINE A NGST HABEN, S CHATZ!!!«

Und sonntags gibt’s ein Ei
    Die Welt ist gerecht. Wenn man Tag für Tag seinen Nächsten vors Schienbein tritt, tut irgendwann die Pfote weh. Man muss drinnen eine alberne rosa Socke tragen und draußen einen Neoprenschuh. Wie Madame sich die Kralle an der linken Pfote gespalten hat, wird auf ewig ein Geheimnis bleiben.
    Die Mülltonne unbeherrscht angepöbelt? Mit dem DHL-Sprinter um die Wette gerannt? Den eigenen Dickschädel zu kräftig gekratzt? Beim Katzenmobbing vor den Zaunpfosten gelaufen? Müßig, sich den Kopf zu zerbrechen. Bei diesem Temperamentsbolzen geht die Zahl der Möglichkeiten ins Astronomische.
    Der Tierarzt jedenfalls hat Trübsalblasen verordnet.
    Zwei Wochen lang Spargang, keine Kumpels, kein Bach, keine Aufregung, gelegentlich ein bisschen Sockenschlecken, aber bloß nicht zu viel. Denn, so warnt der Sachverständige, das führe über kurz oder lang zu Entzündungen und Pfotenamputation.
    Da fühle ich mich gleich

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