Herrchenjahre
Laufen frei hat, die lange Leine um den Bauch gebunden. So etwas geht in den seltensten Fällen gut.
Die vier großen Hunde fahren mit dem angehängten Sportler Karussell. Sie beschreiben immer engere Radien. Er kreiselt tapfer mit. Ich werfe ein, es wäre wohl besser, wenn er seinen Hund jetzt losbände, der Jogger jedoch deutet nur zähneknirschend auf den dicken Seemannsknoten vor seinem Bauch und mault, witzig sei was anderes.
»Wie lange habt ihr ihn hüpfen lassen«, will Walter wissen.
»Nicht lange«, sage ich. »Wir haben unsere Hunde ins Platz gelegt. Da hat er sich dann wieder gefangen und konnte weiterlaufen.«
»Kauf dir doch einen Hund, der keinen Ärger beim Sport macht«, sagt Ralf. »Irgendeiner wird so was ja züchten.«
»Genau«, sagt Juppi. »Neulich stand was von Labradoodles in der Zeitung. Die sind aus Labrador und Pudel.«
»Was haben die denn mit Jogging zu tun?«, sage ich. »Die werden als nichthaarende Hunde an Allergiker verkauft.«
»Keine Ahnung«, sagt Juppi. »Aber wenn man so einen im Reagenzglas hinkriegt, kann man ja wohl auch einen Laufdoodle züchten.«
»Oder einen Radeldudel«, sagt Ralf.
»Labradoodles sind sauteuer«, sagt Peter. »Sechzehnhundert muss man da hinblättern. Für Mini-Labradoodles sogar zweitausend. Die sind selten.«
»Ich habe einen Krawalldoodle«, sage ich. »Der ist auch selten.«
»Für hundertfünfzig Euro«, sagt Walter.
»Ein Schnäppchen«, nickt Juppi. »Mit den maurischen Fleischspießchen stimmt aber wirklich was nicht.«
Irgendwie war von vornherein klar, dass das mit dem Laufen nichts wird. Da mangelt es ausrangierten Rauchern wie mir an innerer Bereitschaft. Aber die Idee mit dem Drahtesel ist gut. Die nehmen wir umgehend in unser Beschäftigungsprogramm auf.
Wir radeln in die Felder hinter Hochdahl hinaus, strampeln durch die Ellscheid nach Gruiten, rumpeln über die Baustelle der neuen Umgehungsstraße K 20n, biegen bei der alten Mühle links ab, ächzen hoch ins Osterholz, durchpflügen den tiefen Waldwegboden, sausen nach Schöller hinab, traben am Flüsschen entlang zur Grube 7, schlagen unten in Gruiten wieder auf und strampeln Am kühlen Grunde und der Winkelsmühle vorbei durchs Düsseltal wieder nach Hause. Fünfundzwanzig Kilometer sind locker drin. Das Credo lautet: Ein müder Hund baut keinen Mist.
Nur – mein Hund wird nicht müde!
Nach fünfundzwanzig Kilometern guckt Luna mich fragend an. Und was machen wir jetzt? Und selbst wenn sie müde wäre, hätte sie immer noch genügend Energie, um auf der Tour die Sau rauszulassen. Was sie regelmäßig tut.
Ich werde in der Gegend zur Legende. Meine Stürze sind spektakulär. Mir wird klar, dass mit einer aufgebrachten Hundedame am Fahrrad nicht zu spaßen ist. Aber noch etwas anderes zeigt sich. Luna hört augenblicklich mit dem Pöbeln auf, wenn ich mich mit meinem Fahrrad im Dreck wälze. Das verblüfft sie dermaßen, dass sie die Schnauze hält. Wir haben das zweimal ausprobiert, können also von einer gesicherten Erkenntnis sprechen.
Für Hunde, die an der Leine zur Rüpelei neigen, haben die Krauses dieser Welt zwei Erklärungen parat. Erstens: Du trittst als Halter sehr sicher auf. Dann macht dein Hund großmäulig die anderen zur Schnecke, weil er dich im Rücken hat. Zweitens: Du bist unsicher. Dann denkt dein Hund, du hast die Situation nicht im Griff, übernimmt die Verteidigung und keift los.
Ich dachte immer, ich gehöre zur Kategorie zwei. Bis zu dem Moment, als zwei harmlose Pudel unseren Weg kreuzen. Der Kernsatz von Mehr-Körperliche-Auslastung-Krause echot in meinem Kopf: Du musst den Hund kurz nehmen, kurz nehmen, kurz nehmen, dann kann er nicht nach vorn, nach vorn, nach vorn.
Das stimmt ja auch. Eine kurz genommene Luna kann nicht nach vorn. Sie kann aber nach oben. Tobend rammt sie mit ihrem dicken Bumskopf meinen Lenker, der schwenkt um fünfundvierzig Grad nach links, und ich rattere fluchend in den Acker, wo ich mich erschöpft der Schwerkraft ergebe und hinlege.
Luna hört augenblicklich mit Bellen auf und guckt mich besorgt an. Was denn? Der Scheff im Graben, hilflos? Mein Gott, und da drüben zwei brandgefährliche Pudel, da bin ich jetzt lieber still. Erst als ich wieder auf zwei Beinen stehe, fasst sie Mut und röhrt weiter.
Exakt dasselbe Theater spielt sich einen Tag später ab. Käfer ist mein zweiter Vorname. Da liege ich im Neandertal formvollendet auf dem Rücken, zwischen meiner Krawallmaus und den beiden berüchtigten,
Weitere Kostenlose Bücher