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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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Geistig-unbedingt-mehr-auslasten-Krause, bei dem ich telefonisch Rat einhole.
    »Was macht ihr sonst noch für Denksport?«, will er wissen.
    »Kong«, sage ich.
    »Lecker«, schmatzt er. »Und sonst?«
    »Business-Walks.«
    »Business was?«
    »Business-Walks«, sage ich. »Arbeitsspaziergänge.«
    »Aha«, sagt er. »Das kenne ich nicht. Was macht Luna da?«
    »Da hilft sie mir beruflich«, sage ich. »Ich bin Werbetexter.«
    Stimmt ja irgendwie auch. Wenn ein Auftrag zwei Tage auf dem Tisch liegt und sich in der Birne immer noch nichts rührt, hilft nur Hund. Die Spaziergänge werden immer länger. Das Diktafon füllt sich mit Sinn und Schwachsinn.
    Frische Luft inspiriert – und wenn sie einmal nicht inspiriert, springt garantiert Luna ein. Zum Beispiel, indem sie zeternd nach vorne stürmt und plötzlich ganz kleinlaut einem irischen Wolfshund gegenübersteht, der sie aus schwindelnder Höhe anstarrt. Ich sehe mir das an und registriere einen Geistesblitz. Daraus wird später eine Kampagne für die schweizerische Lungenliga, die alle Raucher aus den Kneipen schmeißen möchte.
    Das Motiv zeigt einen monumentalen Doggenrüden, der mit strengem Blick einen kleinen bockigen Chihuahua mustert. Die Schlagzeile lautet: Dreiundsiebzig Prozent Nichtraucher sollen mitrauchen, nur weil siebenundzwanzig Prozent nicht vor die Tür wollen?
    »Das war nicht das erste Mal, dass die Krawallmaus ganz passable Kampagnenideen zustande bringt«, sage ich. »Die
macht in dieser Hinsicht einen ziemlich guten Job. Dazu noch für ein Ausbeuterhonorar von maximal einer Knackwurst.«
    »Na ja«, sagt Gumak. »Aber so richtig denken tut sie dabei ja nicht.«
    »Stimmt«, gebe ich zu. »Mit dem Tippen hapert’s auch noch.«
    »Nein, ohne Witz jetzt«, sagt er. »Holt euch mal so ein Hütchenspiel aus Holz. Da ist Feuer in der Birne, kann ich dir sagen.«
    Beim Holzhütchenspiel werden Leckerchen unter Hütchen versteckt. Die Hütchen sitzen in Schienen und können nur herausgehoben werden, wenn man sie mit der Nase in die Aussparung am Ende der Schiene schiebt.
    Ein Mini-Frolic unter einem Hütchen ausfindig machen? Du liebe Zeit, das ist doch keine Kunst. Luna findet eine Scheibe Salami in einem viertausend Quadratmeter großen Garten. Sie stöbert alles auf, was auch nur den Hauch eines Moleküls von Eigengeruch aufweist, und hat einen Heidenspaß dabei.
    Das Hütchenspiel überlebt dann auch nicht lange. Lunas geistige Höchstleistung besteht nämlich darin, ganz schnell herauszufinden, wie man an das Leckerchen herankommt, ohne das blöde Holzhütchen in der Schiene herumschieben zu müssen. Man zerbeißt das Hütchen einfach!
    Rätsel knacken im wahrsten Sinne des Wortes.
    Ich bin frustriert. Ein Einwegspiel für zweiundvierzig Euro achtzig! Morgens gekauft, mittags im Müll. Dabei hätte ich mit diesem Ding so schön das Kommando Riegel auf einstudieren können.
    Das wäre wirklich wichtige Kopfarbeit gewesen.

    Mein Büro unter dem Dach erreicht man nur über eine Bodenklappe. Der alte eiserne Bodenriegel ist mit der Zeit so sehr ausgeleiert, dass er durch bloßes Anstarren geschlossen werden kann. Man kann auch mit der Vorderpfote darüber stolpern oder ihn neugierig mit der Nase anstupsen, das Ergebnis ist in allen Fällen dasselbe:
    Der Riegel ist zu, die Klappe geht nicht mehr auf.
    Luna schafft das immer wieder. Wenn wir zu zweit im Büro sind, ist das ja egal. Aber wenn Madame ohne mich festsitzt, wird es problematisch. Genau dafür hätte ich gerne die Zauberformel Riegel auf in petto.
    Riegel auf klappt nicht auf Anhieb. Das gehört in Kommandoklasse III, erhöhter Schwierigkeitsgrad. Es ist ein Außer-Sicht-Kommando der kompliziertesten Sorte: Ausgesperrtes Herrchen kauert auf der schmalen Dachbodentreppe und säuselt durch die geschlossene Bodenklappe.
    Als es zum ersten Mal passiert, versuche ich es natürlich trotzdem.
    »Riegel auf!«, kommandiere ich tapfer durchs Holz.
    »Riegel auf, Schnucki.«
    Schnucki weiß leider nicht, was gemeint ist, und bewegt den Riegel keinen Millimeter.
    Nach zehn Versuchen mit Riegel auf gebe ich auf und baue die Kommunikation andersherum auf: Hund sagt Ruff und Herrchen spurt wie eine Eins.
    Ruff bedeutet in diesem Fall: Hole die Bohrmaschine, setze den Fünfunddreißig-Millimeter-Forstnerbohrer ein, fräse ein Loch, mache einen Neunzig-Grad-Knick in ein Käsefonduegäbelchen, stecke es durch das frisch gebohrte Loch und schiebe den Riegel auf.
    Das hat tadellos

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