Herrchenjahre
funktioniert.
»Siehst du«, sagt Gumak. »Ist doch gut, wenn man was in der Birne hat.«
»Ja«, sage ich. »Und das Loch in der Klappe kann ich sogar immer wieder benutzen.«
»Du musst nur das Käsegäbelchen so deponieren, dass du es leicht wiederfindest«, sagt er. »Sonst musst du jedes Mal ein neues verbiegen.«
»Ich schreib’s auf«, sage ich und beschrifte ein großes gelbes Post-it mit den Worten Käsegäbelchen im Raum unter der Bodenklappe auf dem Balken über dem Fenster.
»Denksport«, sagt Gumak kurz vor dem Auflegen. »Das Geheimnis jeder guten Hund-Halter-Beziehung.«
»Wo ist das Käsegäbelchen?«, fragt Stella vier Wochen später, während sie von unten durch das Loch in der verschlossenen Klappe späht und Luna von oben bellt.
»Das habe ich vergessen«, gestehe ich. »Ich hab’s aber aufgeschrieben.«
»Wo ist der Zettel?«
»Im, äh, Büro.«
Das Lese-Elend
In dem ich versuche, meinen Hund zu lesen,
was sich als schwierig erweist, weil ein Hund nicht
so schön still hält wie ein Buch. Der Serviceteil bietet
praktische Legenden für kritische Situationen
sowie eine Liste harmloser Bemerkungen, für die man in
Internetforen umgehend geteert und gefedert wird.
Angriff der Wildschweinpantoffeln
Ein Hund ist der ideale Partner in Zeiten von Energiekrisen. Er hält Mutter und Vater warm und schleckt den Kindern mit einer Zungentemperatur von achtunddreißig Grad Celsius die Schnute sauber. Das spart Warmwasser. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von vierzig Kilo verbraucht er nur vierhundertneunzig Gramm Trockenfutter pro Tag, überzeugt also mit einer hervorragenden Umweltbilanz sowie geringem CO 2 -Ausstoß.
Flüssiggas ist teurer und schmutziger.
Mit unserem mächtigen Gastank hinter dem Haus hängen wir am Tropf der Firma Name-sage-ich-aus-rechtlichen-Gründen-jetzt-lieber-nicht. Das sind nette Leute dort. Wir werden uns nur nie über den Preis einig. Das ist meine Schuld. Ich rufe immer zum falschen Zeitpunkt an, seit neun Jahren schon.
Bestelle ich in der kalten Jahreszeit, heißt es: »Ja, jetzt wollen alle Gas haben. Die Nachfrage ist groß. Da liegt der Preis natürlich im oberen Segment.«
Gut, denke ich, das passiert mir nicht nochmal. Im folgenden Jahr rufe ich im Sommer an und nehme zur Kenntnis: »Wissen Sie, bei der Hitze bestellt ja keiner. Da ordern wir beim Hersteller zwangsläufig nur kleine Kontingente, die können wir nicht so günstig abgeben.«
Ebenfalls hörenswert ist die Argumentation, wenn ich mein
Gaspreislamento an den Benzinpreis kopple. In Zeiten teuren Sprits flötet meine Ansprechpartnerin: »Schauen Sie sich nur einmal die hohen Spritpreise an. Das sagt doch alles.«
Weise ich beim nächsten Mal auf die bereits seit Wochen niedrigen Benzinpreise hin, erfahre ich: »Wissen Sie, Benzin und Gas, das sind ja zwei völlig verschiedene Märkte. Die haben miteinander gar nichts zu tun.«
Ich bin sicher, irgendwo da draußen gibt es einen Rhetorik-Coach, der ohne einen Funken schlechten Gewissens Vertriebsseminare durchführt, in denen Gasverkäufer fieses Argumentieren lernen. Ich will, dass der sofort ins Bein gebissen wird.
Von seinem eigenen Hund.
Einem chinesischen Nackthund, der nicht warm hält.
Auf der anderen Seite habe ich durch meine jährlichen Kampftelefonate mit Energieversorgern viel gelernt. Zum Beispiel, dass man sich prima durchs Leben lavieren kann, wenn man seinen Mitmenschen einfach, ohne rot zu werden, irgendwelchen Stuss erzählt.
Im Hundehalterleben ist eine gute Legende das A und O.
Man erzieht den Hund nicht, sondern überlegt sich für jede kritische Situation eine faule Ausrede.
Keinesfalls sollte man sich so verhalten wie ich. Wenn Luna etwas anstellt, begehe ich immer denselben strategischen Fehler. Ich entschuldige mich für meinen Hund und meine Unaufmerksamkeit. Viel schlauer wäre es, anklagend auf einen Vorfall aus frühester Tierkindheit hinzuweisen, der das bemitleidenswerte Wesen zu dem gemacht hat, was es heute ist.
Es gibt Leute, die beherrschen diese Technik perfekt. Zum
Beispiel der Besitzer jenes schwarz-grauen Wuschels, der mich im Düsseltal in Höhe des alten Kalkofens vom Fahrrad fegt. Der Hund trabt dreißig Meter vor seinem Herrchen, sieht Luna und mich, nimmt Maß und stürzt sich lärmend auf uns.
Ich mache im Graben gezwungenermaßen Sitz , Fahrrad und Luna auch. Gebannt sehen wir zu, wie Wuschel abdreht und mit viel Tamtam und Kommkomm und Feinifein unter Kontrolle gebracht wird.
Eine
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