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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Männern. Wir haben es versucht,
aber Ihr… Ihr müßt mir glauben, daß wir es nicht konnten. Sie
haben den Gefangenen befreit und…«
»Ja?« fragte Serena lauernd, als er nicht weitersprach.
Der Mann senkte den Blick. Die Furcht vor dem, was er berichten mußte, war ihm deutlich anzusehen. »Das ist nicht das
Schlimmste«, murmelte er schließlich. »Sie… sie haben Malcolms Tochter Sarah mitgenommen. Und den fremden Jungen
vom Schiff.«
    Die Stadt bot einen chaotischen Anblick. Schon als sie aus dem
Wald heraustraten, konnte Mike erkennen, daß die meisten der
armseligen Behausungen vollends zerstört waren: Die Dächer
waren eingebrochen, bei einigen gar die Wände zerstört, als wäre
eine tollwütige Elefantenherde quer über die Lichtung gestampft.
    Und auch den Bewohnern des Ortes war es schlecht ergangen.
Mike erschrak bis ins Mark, als er sah, wie viele der Männer
und Frauen verwundet waren – sie hockten am Boden und hielten sich die Köpfe, manche trugen blutige Verbände um Arme,
Beine oder Schädel, und es gab kaum ein Haus, aus dem nicht
zornige Stimmen oder Wehklagen zu ihnen herausdrangen.
    Mit weit ausgreifenden Schritten, so daß Trautman und die
anderen Mühe hatten, mit ihm mitzuhalten, rannte Mike quer
über die Lichtung auf Malcolms Haus zu. Der Anblick, den es
bot, ließ sein Herz einen erschrockenen Sprung in seiner Brust
machen, denn es war zweifelsfrei klar, daß hier das Zentrum
der Schlacht gewesen sein mußte. Das Gebäude, das noch am
ehesten an ein richtiges Haus erinnert hatte, war völlig verwüstet. Drei oder vier Wände waren niedergebrochen, und zwischen
den Trümmern sahen die traurigen Überreste der zerstörten
Einrichtung hervor. Malcolms Frau stand mit leerem Gesicht
dort, wo einmal die Tür gewesen war, und hielt die Scherben
eines Tonkrugs in den Händen, und Malcolm selbst stand zusammen mit Denholm und einigen anderen Männern nur ein
paar Schritte abseits. Einige von ihnen trugen Gewehre und
Schwerter bei sich, andere nur Knüppel oder rostige Messer,
aber alle waren bewaffnet. Und fast alle waren verletzt.
    »Malcolm!« rief Mike schon von weitem. »Was ist hier geschehen? Wo ist André?«
Der Angesprochene drehte sich mit einer müde wirkenden
Bewegung zu ihm herum. Trauer, Schmerz und verhaltener Zorn
standen in seinem Gesicht geschrieben, aber er gab Mike keine
Antwort.
Im nächsten Augenblick erschien Serena an Mikes Seite und
fragte in befehlendem Ton: »Stimmt es, daß die
Fischmenschen
deine Tochter entführt haben?«
Malcolm schwieg noch immer, so daß Denholm schließlich an
seiner Stelle antwortete: »Ja, Serena. Sie sind aufgetaucht, kaum
daß du gegangen bist. Wir konnten nichts gegen sie ausrichten.«
Serena wurde blaß, sei es, daß ihr die respektlose Anrede aufgefallen war, die Denholm plötzlich benutzte, sei es, daß ihr erst
jetzt richtig bewußt wurde, wie vernichtend die Niederlage des
Volkes gewesen war. Mike konnte sehen, wie sie dazu ansetzte, Denholm eine scharfe Erwiderung zu geben, doch dieser kam
ihr zuvor. »Ich glaube, sie haben im Wald versteckt abgewartet,
bis du fort warst. Oder der Gefangene hat sie auf irgendeine Weise verständigt. Der Angriff war zu gut vorbereitet, als daß es Zufall gewesen sein kann.« Er schloß die Augen und seufzte tief.
»Wir hatten keine Chance. Sie waren über uns, ehe wir auch nur
richtig begriffen, was geschah.«
»Hat es… Tote gegeben?« fragte Juan leise.
Denholm verneinte. »Aber viele sind verletzt, und es ist alles
zerstört.« Seine Stimme schwankte, und für einen Moment
schien er mit den Tränen zu kämpfen.
Für diese Menschen hier, begriff Mike, waren die Hütten, die
mehr Ruinen glichen, ihr Zuhause. Und gerade weil sie so wenig
besaßen, mußte dieses wenige für sie ungleich kostbarer sein,
als er auch nur ermessen konnte.
»Wir hätten ihn niemals hierbehalten dürfen«, sagte Malcolm
düster. »Ich wußte, daß es in einer Katastrophe endet!«
In Serenas Augen blitzte es zornig auf. »Ihr hättet es niemals
dazu kommen lassen dürfen!« widersprach sie. Sie machte eine
weit ausholende Geste. »Das alles hier ist eure eigene Schuld!
Ihr lebt seit Jahrhunderten hier, und in all der Zeit habt ihr
geduldet, daß sie stärker und stärker wurden.«
Malcolm sah sie nur traurig an, aber Denholm widersprach.
»Aber wir leben seit Generationen in Frieden mit ihnen. So
etwas ist noch nie geschehen!«
»Weil sie auf eine günstige Gelegenheit gewartet haben,

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