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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sie
wandte sich wieder Denholm zu.
»Nun?«
»Wir… wir sind keine Krieger«, murmelte Denholm
ausweichend. »Sie waren nicht einmal halb so viele wie wir, und wir
hatten keine Chance. Sie –«
» – haben euch überrascht, und ich war nicht bei euch«, unterbrach ihn Serena. »Das wird nicht noch einmal geschehen.«
Denholm schwieg. Serena wartete einige Sekunden
lang
vergeblich auf eine Antwort, dann drehte sie sich zu Malcolm
um, der die ganze Zeit über kein Wort gesagt hatte. »Und du?«
fragte sie. Offensichtlich hatte auch sie längst gemerkt, daß
Malcolms Wort in der Stadt fast ebensoviel galt wie das Denholms.
»Denholm hat recht«, sagte Malcolm. »Wir sind keine Krieger.
Aber sie haben meine Tochter.«
Mike fuhr erschrocken zusammen. »Malcolm!« keuchte
er.
»Das kannst du nicht ernst meinen!«
»Sie haben Sarah entführt«, wiederholte Malcolm, nun an ihn
gewandt. »Ich werde sie zurückholen, ganz gleich, ob allein
oder zusammen mit den anderen. Und wenn sie ihr etwas angetan haben, dann werde ich nicht eher ruhen, als bis auch der
letzte von ihnen tot ist, das schwöre ich!«
Und das war die Entscheidung. Niemand sagte etwas, aber
Mike spürte regelrecht, wie die Stimmung umschlug. Die Menschen, die sie umstanden, hatten noch immer Angst, aber Furcht
und Zorn liegen eng beisammen, und Serenas – und wohl vor
allem Malcolms – Worte hatten diese Grenze verwischt.
»Also gut!« sagte Serena, nun wieder mit lauter, weithin hörbarer Stimme. »Dann macht euch bereit. Holt eure Waffen und
stärkt euch noch einmal! Wir brechen in zwei Stunden auf. Sie
sollen keine Gelegenheit haben, ihre Kräfte neu zu sammeln!«
Mike widersprach nicht mehr. Es war sinnlos. Er drehte sich
herum und ging zu Juan und den beiden anderen Jungen zurück. Serena machte eine rasche, befehlende Geste, und einige
von Denholms bewaffneten Begleitern bildeten einen Kreis um
sie.
»Was soll das?« fragte Mike.
Die Männer gaben sich redliche Mühe, grimmig dreinzuschauen, doch sahen sie in Wahrheit mehr verlegen aus. Sie
antworteten nicht, aber Serena sagte: »Nichts. Nur eine Vorsichtsmaßnahme – für alle Fälle.«
»Eine Vorsichtsmaßnahme?« wiederholte Mike. »Wie soll ich
das verstehen?«
»Dir und deinen Freunden passiert nichts, keine Angst«,
sagte Serena spöttisch. »Ich möchte nur verhindern, daß ihr euch
im Wald verirrt und vielleicht rein zufällig wieder zum Strand
hinunterlauft, während wir weg sind, weißt du?«
Mike spürte, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. »Du
meinst, wir sind deine Gefangenen?« vergewisserte er sich.
»Wenn du so willst – ja«, antwortete Serena kalt. »Aber keine
Sorge – nur, bis wir zurück sind. Es wird nicht sehr lange dauern.« Sie machte eine befehlende Geste.
»Bringt sie weg!«
    Sie wurden in das einzige nicht zerstörte Gebäude der Stadt gebracht – in das »Museum«, das zuvor schon als Gefängnis für
den Fischmenschen gedient hatte, und dort trafen sie auch
Singh wieder. Der Inder hockte zusammengekauert neben dem
steinernen Relief und trug einen blutgetränkten Verband um
die Stirn. Als er Mike und die anderen gewahrte, sprang er
hastig auf und eilte ihnen entgegen, und Mike sah, daß auch
seine linke Hand dick verbunden war und er leicht humpelte.
Der Anblick erfüllte Mike nicht nur mit Sorge um den SikhKrieger, sondern weckte auch sein schlechtes Gewissen. Während der ganzen Zeit, die sie draußen mit Serena gesprochen
hatten, hatte er nicht einmal daran gedacht, wie es Singh bei
dem Überfall wohl ergangen war!
»Singh!« sagte er erschrocken. »Du bist verletzt! Ist es
schlimm?«
    Der Sikh machte eine wegwerfende Geste mit der unverletzten
Hand. »Das ist nichts«, behauptete er. »Ein paar Schrammen, die
rasch verheilen werden. Aber ich habe versagt, Herr. Es… es tut
mir leid.«
    Im ersten Moment verstand Mike nicht, was Singh meinte.
Dann schüttelte er verblüfft den Kopf. »Versagt? Du hast –«
»Es ist mir nicht gelungen, André zu beschützen«, unterbrach
ihn Singh, ruhig und mit fast tonloser Stimme.
»Red nicht solch einen Unsinn!« erwiderte Mike scharf. »Was
hättest du tun sollen! Sie ganz allein aufhalten?«
Singh nickte. »Ich habe es versucht«, sagte er. »Aber es waren
zu viele. Und sie kämpfen gut.«
»Du bist noch am Leben, und das allein zählt«, sagte Mike
entschieden. »Bist du schwer verletzt? Und was ist mit André?
Was haben sie mit ihm gemacht?«
»Er hat versucht, das Mädchen zu beschützen«,

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