Herren des Wetens
Lady. Die Ärzte haben seine Verletzungen versorgt, doch konnten sie ihn bisher nicht zu sich bringen.«
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagte sie.
Botschaft durchquerte das Gemach und legte mitfühlend eine Hand auf die Schulter des jungen Rivaners. Kail biß die Zähne zusammen, und plötzlich stiegen Tränen in seine Augen.
»Sie hatten ein Schreiben von Anheg, Großvater«, wandte Garion sich an den Alten. »Dadurch fanden sie Einlaß in die Zitadelle.«
»Habt Ihr es zur Hand?« fragte Belgarath Kail.
»Ja, Ehrwürdiger. Es ist hier.« Kail blätterte durch einen Stoß Schriftstücke.
»Es ist am besten, wir fangen damit an«, meinte der alte Mann.
»Der gesamte Alornische Bund hängt davon ab, also sehen wir zu, daß wir die Sache möglichst schnell klären.«
Spät an diesem Abend kehrte Polgara von ihrer Untersuchung des überlebenden Attentäters zurück. Ihr Gesicht war düster, als sie das königliche Gemach betrat, wo das Gespräch fortgeführt wurde. »Tut mir leid«, bedauerte sie, »aber ich kann nichts mit ihm tun. Der Hinterkopf ist zerschmettert. Es ist nicht mehr viel Leben in ihm. Versuchte ich ihn zu wecken, würde er sofort sterben.«
»Ich brauche Antworten, Tante Pol«, sagte Garion. »Wie lange, glaubst du, dauert es noch, bis er aufwacht?«
Polgara schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle, daß er je wieder zu sich kommt – und selbst wenn, wäre es sehr unwahrscheinlich, daß er auch nur ein verständliches Wort hervorbrächte. Das einzige, was sein Gehirn noch zusammenhält, ist seine Schädeldecke.«
Garion blickte sie hilflos an. »Könntest du nicht…«
»Nein, Garion, es ist nichts übrig von seinem Verstand, womit ich arbeiten könnte.«
Zwei Tage später traf König Cho-Hag, das Oberhaupt der algarischen Clanshäuptlinge ein, in Begleitung von Königin Silar und Adara, Garions dunkelhaariger Base. »Ein sehr trauriger Anlaß«, sagte Cho-Hag mit seiner ruhigen Stimme zu Garion, als sie einander am Kai die Hände gaben.
»Es hat schon fast den Anschein, als kämen wir alle nur noch bei Bestattungen zusammen«, bestätigte Garion. »Wo ist Hettar?«
»Ich glaube, in Val Alorn«, erwiderte Cho-Hag. »Er wird wahrscheinlich mit Anheg kommen.«
»Das ist etwas, worüber wir uns unterhalten müssen«, sagte Garion.
Cho-Hag hob eine Braue.
»Die Meuchler waren Chereker«, erklärte Garion bedrückt. »Sie hatten ein Schreiben von Anheg.«
»Anheg hat bestimmt nichts damit zu tun«, sagte Cho-Hag überzeugt. »Er liebte Brand wie einen Bruder. Es muß jemand anderes dahinterstecken.«
»Du hast bestimmt recht, aber hier in Riva herrscht großes Miß-
trauen. Einige sprechen sogar von Krieg.«
Cho-Hags Gesicht wurde grimmig.
»Deshalb müssen wir rasch die Wahrheit ergründen«, sagte Garion. »Dieser Einstellung muß jegliche Grundlage entzogen werden, ehe uns die Lage aus der Hand gleitet.«
Am nächsten Tag traf König Fulrach von Sendarien im Hafen ein.
Von Bord seines breiten, zuverlässigen Schiffes stiegen auch der einarmige General Brendig, der alte, aber erstaunlich vitale Graf von Seline und überraschenderweise sogar Königin Layla höchstpersönlich, deren Angst vor Seereisen schon fast legendär war. Am gleichen Nachmittag brachte ein schwarzgestrichenes drasnisches Schiff die immer noch tief trauernde Königin Porenn in den rivanischen Hafen. Sie hatte ihren Sohn bei sich, den Knabenkönig Kheva, und den hageren Markgrafen Khendon, der auch als Javelin bekannt war.
»O mein lieber Garion.« Porenn umarmte ihn am Fuß der Laufplanke. »Ich kann Euch nicht sagen, wie sehr es mich betrübt.«
»Wir haben alle einen unserer teuersten Freunde verloren«, entgegnete Garion. »Eure Majestät«, wandte er sich mit einer förmlichen Verbeugung an Kheva.
»Eure Majestät«, erwiderte Kheva und verbeugte sich ebenfalls.
»Wir hörten, daß es Rätsel um den Anschlag gibt«, sagte Porenn.
»Ich habe Khendon hier mitgebracht, weil er es Versteht, Rätsel zu lösen.«
»Markgraf«, begrüßte Garion nun das Haupt des drasnischen Geheimdiensts.
»Eure Majestät«, antwortete Javelin. Er drehte sich um und streckte einer jungen Frau mit honigblondem Haar und sanften braunen Augen die Hand entgegen, als sie den Fuß der Laufplanke fast erreicht hatte. »Ihr erinnert Euch doch an meine Nichte?«
»Makgräfin Liselle«, begrüßte Garion nun auch sie.
»Eure Majestät«, dankte sie mit einem Hofknicks. Vermutlich war es ihr selbst gar nicht bewußt, daß das
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