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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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eine Currywurst?«, frage ich.
    »Oh, das war … na ja, ich glaube, vor zehn Jahren oder so. Aber ich erinnere mich gerne dran. Echt.«
    »Sehen Sie, und das letzte Mal, dass ich einen Diätquark gegessen habe, ist gerade mal drei Tage her.«
    »So sehen Sie gar nicht aus.«
    »Ja, ich weiß«, sage ich und bin beeindruckt. Direkt ist sie,
das mag ich. Während wir unsere Wagen nebeneinander durch die Gänge des Supermarkts schieben, plaudern wir weiter. Über Lebensmittel, Supermärkte mit späten Öffnungszeiten und natürlich über den aktuellen Stand unseres Beziehungslebens. Sie glaubt mir kein Wort, als ich ihr sage, dass ich Single bin. Liegt daran, dass ich bei allen Dingen, die ich in meinen Wagen lade, immer nach der Familienpackung greife. Ich versichere ihr, dass ich zwar solo wäre, aber nun einmal Appetit für vier hätte. Außerdem wären die großen Packungen einfach billiger.
    »Oh ja, klar. Das ist viel schlauer«, sagt sie und greift ihrerseits nach der Miniportion Butter, dem Fünfzig-Gramm-Seniorenaufschnitt und den portionierbaren Palletts mit Tiefkühlspinat.
    Während wir uns unterhalten, mache ich eine seltsame Feststellung. Es kann zwar sein, dass man im Supermarkt Frauen kennenlernen kann, aber diese hier preist sich selbst leider so sehr als Sonderangebot an, dass ich misstrauisch werde. Ich kann nicht einmal sagen, dass ich sie nicht sympathisch finde. Aber wenn ich zu Hause die Verpackung öffne, würde ich vermutlich feststellen, dass ihr Haltbarkeitsdatum seit langem überschritten ist. Darum geht sie vermutlich vermummt zum Einkaufen. Und das macht dann leider auch der günstige Preis nicht wett. Abgesehen davon hat sie selbst eine Figur wie ein Knäckebrot mit Sesamkörnern. Und ich mag nun einmal lieber Brötchen.
    Ich bin darum ganz froh, als der Durchsage-Lautsprecher ertönt und wir Kunden aufgefordert werden, in Richtung Kasse zu gehen. Sie ruft mir zwar noch zu, dass sie echt gerne mal von meiner Currywurst probieren würde, aber da bin ich
schon bei der Selbstscann-Kasse und schiebe meine Waren so dermaßen schnell über das Lasergitter, dass der Warnpiepser das reinste Technokonzert veranstaltet.
    Fünf Minuten später stehe ich völlig außer Atem vor Andys Wagen. Er sieht mich erstaunt an. »Was denn? Keinen Erfolg gehabt? Gibt’s doch nicht. Der Laden hier ist in den einschlägigen Internetforen als der Dating-Supermarkt bekannt.«
    »Habe ich gemerkt. Und es ist super gelaufen. Guck mal.« Mit diesen Worten lade ich meine prallgefüllten Einkaufstüten auf die Rückbank und verspreche Andy, uns etwas Leckeres zu kochen, wenn er uns nur bald zu meiner Wohnung zurückfährt. Außerdem erkläre ich ihm, dass ich über meinen Fehlschlag in Sachen Frau nicht einmal enttäuscht wäre. Schließlich hätte er selbst gesagt, dass ich mich für eine entscheiden soll, die mir wirklich etwas bedeutet. Weil es sonst nun einmal nicht funktioniert - weder mit der neuen Frau … noch mit Katja.

12. Tag: Mittwoch
    Diesmal kein Date, treffe mich vielmehr mit Corinna zum Mittagessen beim Italiener … Sie ist eine große, schlanke, ziemlich attraktive Frau mit einem Ego wie Madonna und einem Männerverschleiß wie Elizabeth Taylor. Corinna und ich mögen uns nicht gerade. Sie ist eine von Katjas ältesten Freundinnen und war schon immer gegen unsere Beziehung. Darum war ich ziemlich erstaunt, als Corinna mich vor ein paar Wochen anrief und eine Art konspiratives Treffen vorschlug. Wir verabredeten uns im Hinterzimmer eines Lokals, und natürlich wollte ich erst einmal von ihr wissen, was es mit diesem Raimund auf sich hat und wieso Katja bereit war, für ihn vielleicht alles - auch mich - aufzugeben. Corinna wurde rot und sagte: »Na ja, wenn du schon so fragst. Raimund sieht sehr gut aus, hat Stil, er ist erfolgreich, kennt eine Menge bedeutender Leute, er riecht gut, hat diese unglaublichen Oberarme, dieses markante Kinn, er trägt maßgeschneiderte Anzüge, liebt die Toskana, er …«
    »Schon gut, ich hab’s verstanden«, sagte ich und beendete ihre Schwärmparade, in die sie sich gerade hineinsteigerte. Was das Ganze zu bedeuten hatte, war mir sofort klar. Corinna verabscheut den Typen nicht ganz so, wie sie behauptete.
Und vermutlich geht es ihr nicht wirklich darum, Katja vor einem schlimmen Fehler zu bewahren. Aber das ist mir egal, solange sie mir jetzt dabei hilft, sie zurückzugewinnen. Und da wir uns seitdem schon ein paarmal getroffen haben, scheint sie das jedenfalls

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