Herrengedeck
mit der Suche nach einer Frau, sondern mit der Suche nach meinen Schuhen, meinen Hemden, meiner Jeans, meines Rasierpinsels und so ziemlich aller anderen Sachen, die ich besitze. Adam. Er fand’s wohl nicht in Ordnung, dass ich ihn den ganzen Tag alleine in der Wohnung eingesperrt habe. Darum hat er sich die Zeit damit vertrieben, die Wohnung umzugestalten. Nach seinen Vorstellungen, das heißt, nach den Vorstellungen einer acht Monate alten französischen Bulldogge.
»Such’s dir aus, Mistvieh: Entweder lasse ich dich morgen einschläfern oder du kommst mit ins Büro. Aber da benimmst du dich gefälligst«, erkläre ich ihm.
26. Tag: Mittwoch
10:25 Uhr: Als ich am späten Vormittag ins Büro komme, habe ich ungewöhnliches Gepäck dabei. Adam. Er lugt mit seinen Glupschaugen und seinen Fledermausohren aus meiner Aktentasche heraus. Mit seinen ganzen komischen Schnauf-, Sabber-und Schmatzgeräuschen erregt er natürlich augenblicklich die Aufmerksamkeit der ganzen Abteilung.
Michi und Peffekoven kommen mit ihren Stühlen angerollt und machen genauso große Glupschaugen wie Adam.
»Was ist das denn?«, fragt Peffe.
»Und vor allem: Wo hast du es her?«, will Michi wissen.
»Das ist Adam, meine vierfüßige Kontaktanzeige«, erkläre ich gut gelaunt.
»Und das funktioniert?«
»Stehen Frauen nicht mehr auf Katzen?«
Ich will den beiden gerade erklären, wie es läuft, als Birgit zu uns stößt. Sie sieht Adam an, macht ein paar Baby-Seufz-Quietsch-Geräusche und hebt ihn vom Boden hoch. Der Hund lässt sich bereitwillig an ihre prächtigen Brüste drücken. »Wer ist denn der kleine Racker? Der ist ja niedlich.«
»Ich habe ihn Adam genannt.«
»Gott, wie süß. Adam! Ein hübscher Name!«
»Ist mir zugelaufen. Ich glaube, ich behalte ihn. Ich habe ihn richtig liebgewonnen.«
Birgits Blick schmilzt wie ein Magnum-Eis in der Sonne. »Ach, Stefan. Ich entdecke ganz neue Seiten an dir. Toll! Ein Mann, der tierlieb ist, hat ein goldenes Herz.«
»Ganz bestimmt.«
Und dann sagt Birgit diesen Satz, der sich mir und allen anwesenden Kollegen bis ans Ende aller Zeiten ins Gedächtnis brennen wird: »Was machst du eigentlich morgen Abend, Stefan? Habt ihr, also Adam und du, Lust, zu mir zum Essen zu kommen? Ich würde mich echt total freuen!«
»Morgen Abend? Lass mal überlegen … Ja, das lässt sich einrichten.«
»Fein. Dann sagen wir um halb acht?«
»Ja, halb acht ist klasse.«
Birgit wackelt zu ihrem Schreibtisch rüber, ich drehe mich zu Michi und Peffekoven um. »Ihr wolltet wissen, ob das mit dem Hund funktioniert?«
Ich glaube nicht, dass die beiden mich verstehen. Sie hocken mumifiziert auf ihren Stühlen und haben ganz offensichtlich gerade eine Art anaphylaktischen Schock. Vermutlich eine allergische Reaktion auf die Tatsache, dass ich als erster Mann in der Geschichte von Peters & Gabriel bei Birgit Schäfer durchs Ziel schieße und ein Date bekomme.
10:37 Uhr: Ja! Ja! Ja! Ja! Ja!
18:03 Uhr: Männer beim Friseur sind entweder metro oder sie leiden. Nicht weil Haareschneiden wehtut, sondern weil Friseusen bei der Arbeit REDEN. Ohne Punkt und Komma,
und wenn mich nicht alles täuscht, sogar ohne Luftholen. Zum Beispiel über Prinzessin Maximas Schwangerschaftsaussichten, Brustkrebs, Vorhautverengung, Aktienkurse, Mode. Es ist nicht wie beim Zahnarzt, wo man nichts sagen kann, weil man irgendwelche Geräte im Mund hat. Hier könnte man, will aber nicht. Und das ist schlimmer.
Die Friseuse, zu der ich gehe, heißt Janine. Sie kennt Katja und mich seit Jahren. Katja saß regelmäßig halbe Vormittage bei ihr und bezahlte Janine ein gefühltes Monatsgehalt dafür, dass sie für meine Begriffe hinterher genauso aussah wie vorher. Wenn ich sie dort abholte, sagte Janine zu ihr: »So, Katja, das war’s. Geh doch schon mal zur Kasse. Ich fege noch schnell zusammen und mache den Stefan.«
Ich mache den Stefan bedeutete, dass sie mir den üblichen Einheitshaarschnitt verpasste, was keine fünf Minuten dauerte. Aber immerhin war ich nach diesen fünf Minuten über alle relevanten Entwicklungen im europäischen Hochadel informiert.
Heute überrasche ich Janine. Ich setze mich in den Frisierstuhl und sie fragt wie üblich: »Ohren frei? Koteletten ab, Nacken ausrasieren? Also alles wie immer?«
»Nein, Janine. Heute will ich mal was anderes.«
»Ach, nee.«
»Doch, wirklich. Denk dir was aus. Kostenpunkt ist egal.«
Janine lässt ihre Hände mit Schere und Kamm sinken und starrt mich
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