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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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Stundenkilometer beschleunigen muss, und zwar mitten in der Stadt. Wir müssen ja erst noch einmal zu mir fahren. Schließlich will ich mich auch noch in Schale werfen. Für Simon und Simone. Und natürlich auch für mein Wiedersehen mit Katja.
     
    16:05 Uhr: Simon und Simone haben für ihr Hochzeitsfest den Stadtgarten gemietet, eine Kölner Traditionskneipe, die
groß genug ist, um ganze Heerscharen von Gästen unterzubringen. Das ist auch notwendig, denn die beiden haben ihre Einladung in der Art eines Kettenbriefes verschickt:
     
    Ihr seid herzlich zu unserer Hochzeit eingeladen, und ihr könnt selbstverständlich noch Freunde mitbringen, die selbstverständlich noch Freunde mitbringen können. Da Ehen heutzutage sowieso nicht ewig halten, soll wenigstens unser Fest unvergesslich bleiben.
    P. S.: Und wenn unsere Ehe doch ewig hält, habt ihr bestimmt auch nichts dagegen, oder?
     
    Bevor wir das Lokal betreten, bleibt Claudia noch einmal stehen und sagt: »Warte mal kurz. Ich muss dir noch etwas sagen.«
    »Was denn?«
    Sie sieht mir so tief in die Augen, als würde sie demnächst bei Uri Geller als Mentalistin auftreten und sagt dann leise: »Das war verdammt schön, letzte Nacht. Fühlt sich zum ersten Mal nicht nach Suchen, sondern nach Finden an. Darum: Spiel nicht mit mir rum, Stefan. In Ordnung?«
    Diesmal versuche ich, den Mentalisten zu machen, um herauszufinden, ob sie das einfach nur so sagt. Oder ob sie etwas ahnt. Dann aber verwandelt sich ihr gerade noch so ernstes Gesicht in ein Lächeln und sie drückt mir einen Kuss auf die Lippen: »Jetzt guck nicht so, als wenn ich dir gesagt hätte, dass ich von dir schwanger bin und dich außerdem noch mit irgendeiner fiesen Krankheit angesteckt hätte. War doch nur eine kleine Bitte.«
    »Ja, klar. Tut mir leid«, sage ich. Und dann erwidere ich
ihren Kuss und zwar mit einer Leidenschaft, für die ich mich nicht mal sonderlich anstrengen muss. Passiert sozusagen ganz von selbst. Und die Tatsache, dass uns dabei allerlei Leute beobachten, ist mir nicht peinlich. Im Gegenteil. Kommt mir sehr entgegen. Die News, dass ich mit einer neuen Frau auftauche, wird nämlich binnen Minuten die Runde machen.
     
    16:13 Uhr: Im Freigelände des Stadtgartens drängeln sich die Gäste, und auch im großen Saal ist es brechend voll. Ich begrüße eine Menge Leute und stelle ihnen Claudia vor, und zwar als meine Freundin und als die wunderbarste Frau, die ich jemals kennengelernt habe. Die Reaktionen lassen nichts zu wünschen übrig. Viele der Gäste kennen die Story von mir und Katja und sind mehr als irritiert über die neueste Entwicklung. Die meisten gratulieren mir zum neuen Glück, aber einige meinen auch, dass Timing wohl nicht gerade unsere Stärke sei.
    Auf dem Weg zum Hochzeitspaar treffen wir Andy, dessen Blick seltsam zwischen Claudia und mir hin und her wandert. Ich ziehe ihn kurz zur Seite und sage: »Ich hab’s geschafft, Andy! Alles läuft wie am Schnürchen, wie du siehst. Hast du Katja schon gesehen?«
    »Ja, schon. Aber …«
    »Aber was?«
    »Na ja, ich … Warum hast du mich nicht nochmal angerufen, Alter?«
    »Weil ich mit der Erfüllung des Plans beschäftigt war. Hat geklappt, wie du siehst.«
    Andy hat offenbar einen schlechten Tag. Er hört mir kaum
zu, sondern sieht sich verzweifelt um, als rechne er damit, in der Menschenmenge einen Trupp Terroristen zu entdecken, die ihre Hände schon am Zünder ihrer Sprengstoffgürtel haben. Aber das ist mir egal. Ich habe nicht vor, mir von Andy oder sonst wem die Laune verderben zu lassen. Ich gebe ihm einen etwas überdosierten Schlag auf die Schulter und sage: »Das ist übrigens Claudia. Du weißt schon … Sobald ich alles erledigt habe, stoßen wir miteinander an. Also, bis später.«
    »Warte, Alter. Ich muss dir noch was sagen. Hör zu …«
    »Vergiss es. Das kann warten.«
     
    16:28 Uhr: Simon und Simone sitzen in einem Nebenraum an einem höhergelegenen Tisch und empfangen ihre Gäste wie ein Königspaar das Defilee ihrer Untertanen. Wir müssen ziemlich lange Schlange stehen, bis auch wir die beiden herzlich in den Arm nehmen können.
    Viel Zeit bleibt uns dafür natürlich nicht, denn hinter uns drängeln schon die nächsten Gratulanten. Claudia zieht mich mit sich fort und sagt: »Jetzt stürmen wir aber das Büffet. Ich habe inzwischen nämlich auch Hunger wie Knut.«
    »Du willst sagen: wie Flocke.«
    »Genau. Und ich freue mich schon drauf, später wieder Eisbärpaarung mit dir zu

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