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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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meinen Freund?«
    »Der alte Mann von der Party?«
    »So alt war der gar nicht. Aber jedenfalls ist er nicht mehr mein Freund.«
    »Ihr habt euch getrennt?«
    »Ja, am Tag nach der Party.
    »Oh«, sage ich. »Er oder du?«
    »Ich.«
    »Bereust du es?«
    Sie lacht laut und ehrlich. »Sehe ich so aus?«
    »Nein, nicht wirklich.«
    »Was ist mit dir? Du hattest doch auch Beziehungsfrust.«
    »Ich habe dir davon erzählt?«, frage ich verwundert. Habe mich ja eigentlich mit Infos in der Richtung zurückgehalten.
    »Hast du. Und du klangst alles andere als glücklich. Aber ich hoffe, dass es dir inzwischen besser geht.«
    Ich mache ein Gesicht wie die kleine Sanduhr auf einem Computerbildschirm, wenn der Prozessor mal wieder ein
wenig länger braucht. Ich weiß nämlich auf einmal, dass das Zusammentreffen mit Claudia genau das Quäntchen Glück ist, das mir bisher gefehlt hat. Sie ist Single, sie sieht gut aus, sie ist sympathisch. Und damit ist sie die ideale Kandidatin, um bei mir das Rennen zu machen. Dafür muss ich nur ein paar Dinge geraderücken, von denen sie bisher einen falschen Eindruck hat.
    Ich setze mein ehrlichstes und zugleich nachdenklichstes Gesicht auf, das ich habe, und sage: »Klar geht es mir inzwischen besser. Ich habe mich ja auch von meiner Freundin getrennt und inzwischen habe ich eingesehen, dass das genau die richtige Entscheidung war. Es war höchste Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen.«
    »Wow! Das klingt gut. Und jetzt bist du auf der Suche nach was Neuem?«
    »Nicht direkt auf der Suche … aber wer weiß schon, was der Zufall so für mich bereithält.«
     
    00:36 Uhr: Das Gespräch mit Claudia läuft wie der Ball in einem flüssigen Kurzpassspiel. Hin und her, vor und wieder zurück, ohne einmal zu stocken und ohne dass ein Gegner oder irgendetwas anderes dazwischenfunken könnte. Ich erzähle Claudia, was ich so im Leben mag (Dr. House, Ferien, Grillpartys zu zweit) und was ich nicht mag (»Desperate Housewives«, Arbeit, nervige Kollegen). Sie wiederum gibt mir einen kleinen Überblick über ihre Präferenzen: Spielfilm statt Serien (Na ja …), Urlaub in den Bergen (Hilfe!), Grillparty zu zweit (Ja!!!). Aber natürlich hat auch sie Dinge, die sie nicht mag: im Stau stehen (klar), Männer, die alles besser wissen (ist halt so …), nervige Kollegen (Ja!!!!).

    Wir wissen beide, dass wir eigentlich gar nicht über Fernsehserien oder Freizeittipps sprechen. Sondern über Mengenlehre. Wir wollen beide herausfinden, wie groß unsere Schnittmenge ist. Und nachdem wir uns noch so einiges voneinander erzählt haben, wissen wir - nein: spüren wir -, dass die Fläche, die wir gemeinsam abdecken, ziemlich groß ist.
    Groß genug.
    Darum ist es nur konsequent, dass wir nach einer weiteren Flasche Champagner (kostet ja nichts) genau da weitermachen, wo wir bei unserem letzten Treffen abbrechen mussten. Wir machen rum. Nur dass diesmal eben kein Smoking-Flitzer kommt, um uns auseinanderzuzerren. Im Gegenteil, diesmal kommen wir uns immer näher
     
    01:14 Uhr: Ich habe ein paar One-Night-Stands in meinem Leben gehabt. Nicht allzu viele, aber genug, um Bescheid zu wissen. Fazit ist, dass solche Erlebnisse schlechter sind als ihr Ruf. Von wegen großartiger Sex mit einer Frau, die man den Rest seines Lebens nicht vergessen kann, weil man ihr vielleicht doch die richtige Telefonnummer hätte geben sollen. Unsinn. Meistens ist man viel zu betrunken, um allzu viel von der Nummer zu haben. Außerdem lauert die ganze Zeit die Gefahr, dass die Frau hinterher nichts mehr davon wissen möchte, dass sie vorher geschworen hat, ebenfalls an keiner Beziehung interessiert zu sein.
    Aber diese ganzen Gedanken lege ich heute zur Seite. Schließlich geht es mir gar nicht um Sex. Und eigentlich geht es mir ja nicht mal um die Frau. Sie ist nur das Mittel zum Zweck. Auch wenn sie ein verdammt attraktives Mittel ist.

     
    1:17 Uhr: Claudias Wohnung ist im dritten Stock und schon im Treppenhaus auf dem Weg nach oben tun wir Dinge, die nur Bill Clinton nicht als Sex bezeichnen würde. Wow!
    Kurz darauf stehe ich halb angezogen vor ihrer Wohnungstür und beobachte fassungslos, wie sie fluchend ihre Taschen durchwühlt, weil sie ihren Wohnungsschlüssel nicht findet. Obwohl sie denselben Schlüssel noch vor drei Minuten in der Hand hatte, um unten die Haustür aufzuschließen.
    Schließlich findet sie ihn ( »Komisch! Er ist da, wo er immer ist« ), und dann dauert es nur noch Bruchteile von Sekunden, bis wir uns von den

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