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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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machen als nötig. Aber es ist nun einmal nicht so einfach, wie wir es uns wünschen. Für sie nicht. Für mich nicht. Für uns beide nicht.
    »Ja, ich weiß. Aber wir schaffen es, oder? Glaubst du, dass wir es schaffen?«
    Ich nicke und immer noch kann ich nicht aufhören, sie anzusehen. Natürlich weil ich froh bin, dass sie hier vor mir sitzt. Aber auch, weil irgendetwas anders ist. Weil irgendetwas nicht stimmt. Aber was? »Was ist eigentlich passiert, Katja?«
    »Ich habe es dir gesagt, Bär. Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht.«
    »Ich meine mit Raimund. Wie kommt es, dass ihr … na ja, dass es so plötzlich vorbei ist?«

    Sie wischt sich ein paar Tränen aus den Augen. »Ist das denn nicht ganz egal, Bär? Lass uns in die Zukunft blicken, nicht in die Vergangenheit. Und da spielt Raimund doch gar keine Rolle. Im Gegenteil. Ich will nichts mehr von ihm hören.«
    Ich muss lachen, als Katja das sagt. Ihre Worte gefallen mir, schließlich habe ich es mir die ganze Zeit gewünscht. Und doch, irgendetwas macht mich misstrauisch. »Und was genau hat bei dir zu dieser neuen Erkenntnis geführt, Süße?«, frage ich.
    »Das ist doch egal.«
    »Mich interessiert es aber.«
    »Glaube ich nicht.«
    »Doch, wirklich. Nach allem, was passiert ist, kann mich sowieso nichts mehr schocken.«
    »Ach, Bär«, sagt sie weich. »Ich bin so froh, dass ich dich wieder zurückhabe.«
    Ich nehme ihre Hand in meine und hauche einen Kuss darauf. »Ich auch. Ich habe es mir sehr gewünscht. Die ganze Zeit.«
    »Corinna«, sagt sie daraufhin einfach nur.
    »Wie, Corinna? Verstehe ich nicht.«
    »Na ja, du wolltest doch wissen, was passiert ist.«
    »Ja, klar. Aber was hat Corinna damit zu tun?«
    »Sie ist … sie wird … sie hat …«
    In mir erwacht gerade ein ungutes Gefühl. Ein SEHR ungutes Gefühl. Ich komme mir vor, als säße ich beim Optiker, der mir bisher immer nur die falschen Prüfgläser in dieses altmodische Gestell vor meinen Augen geschoben hat. Und jetzt auf einmal hat er eben doch die richtigen erwischt, wodurch
ich die Dinge ganz plötzlich klar und deutlich erkennen kann.
    »Corinna hat ihn dir ausgespannt?! Ist es so? Ist sie jetzt mit Raimund zusammen?«
    Katja blickt zu Boden. »Ja, hm, so kann man es wohl ausdrücken, schätze ich mal. Aber wie gesagt, Bär, das ist doch total egal. Wichtig ist doch nur, dass wir jetzt wieder zusammen sind. Und dieser kleine Ausrutscher wegen dieser Claudia-Bitch, da brauchen wir von mir aus überhaupt keine Worte drüber zu verlieren. Wirklich! Das interessiert mich gar nicht, ganz egal, was zwischen euch passiert ist. Und jetzt lass uns nicht weiter drüber sprechen, in Ordnung?«
    Ich bin baff. Ich glaube, es ist noch nie vorgekommen, dass ich reden möchte und Katja nicht. Normalerweise ist es umgekehrt, und zwar ganz egal, wo wir sind, was wir gerade machen oder wie spät es ist.
    Aber genau wie sie sonst, bin ich diesmal nicht bereit klein beizugeben. »Nicht so hastig, Katja. Wenn ich es richtig verstehe, heißt das doch, dass du gar nicht freiwillig zu mir zurückkehrst, oder? Sondern weil er dich abgeschossen hat. Und das bedeutet doch …«
    Katja legt mir einen Finger auf die Lippen und macht ein Psssst-Geräusch. »Bitte, Bär. Sei nicht so … Ich weiß, dass ich einen schrecklichen Fehler begangen habe. Und dass es immer noch alles ganz schrecklich ist. Ich will es wiedergutmachen. Aber dazu muss ich eines wissen: Willst du mich wieder zurückhaben? Willst du? Ich bitte dich darum.«
     
    17:54 Uhr: Wieder drückt jemand die Freeze-Taste in meinem Leben und wieder kommt alles zum Stillstand. Katja,
meine Katja, fragt mich, ob alles wieder so sein soll wie früher. Vier Wochen lang habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass genau das passiert. Und jetzt, jetzt zögere ich, ein einfaches Ja auszusprechen.
    Was bedeutet das?
    Vermutlich, dass ich Zeit brauche. Zeit, um das alles zu verarbeiten. Zeit, um wieder klar denken zu können. Zeit, um zu überlegen, was ich ihr antworten soll. Weil das nächste Wort, das ich von mir gebe, über mein gesamtes zukünftiges Leben entscheiden wird.
     
    17:57 Uhr: Stelle in aller Eile so eine Art Szenario-Hochrechnung an, wie man sie von der Wetterkarte in der »Tagesschau« kennt, wenn Jörg Kachelmann die Wolkenbewegung der nächsten vierundzwanzig Stunden simuliert. Nur, dass es bei mir eher um die nächsten vierundzwanzig Jahre geht.
     
    Möglichkeit Nr. 1: Ich sage Ja!
    Katja und ich verloben uns noch

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