Herrentier
schätzen.«
»Ich bitte dich, Evelyn, das ist doch das Mindeste.«
Er wählte den Stuhl vor den gesammelten Gesetzen und Kommentaren.
»Jan Olaf, ich möchte deine Zeit nicht über Gebühr beanspruchen und offen gestanden hatte ich Angst herzukommen und mir anzuhören, was die Ermittlungen ergeben haben.«
»Das verstehe ich«, sagte er und nahm eine bequemere Sitzhaltung ein. »Nun, die Staatsanwaltschaft hat mir, wie ich dir ja schon mitgeteilt habe, Akteneinsicht gewährt, da die Ermittlungen zum großen Teil abgeschlossen sind. Es gibt eine ganze Reihe von Indizien, die Henning Schwarck zweifelsfrei als Täter überführen. Dazu gehört zunächst die Tötung des Affen sowie die Ermordung Roberto Bendigs.«
»Henning Schwarck hat Roberto …?« Sie zitterte und hielt ihr Gesicht mit beiden Händen.
»Bei der Durchsuchung seines Hauses wurde ein Schlagstock sichergestellt, der in beiden Fällen eindeutig als Tatwaffe identifiziert wurde. Darüber hinaus fand der Pathologe unter den Fingernägeln des Affen blaue Stoffreste, die zu einer von Schwarcks Hosen gehörten. Die Fasern sind laut Gutachten absolut identisch. In den Lungen von Roberto Bendig fanden sich keine Spuren von Rauch, er starb also bereits vor Ausbruch des Brandes. Seine Verletzungen deuten auf eine körperliche Auseinandersetzung mit Todesfolge hin, in der Schwarcks Schlagstock zum Einsatz kam. Vermutlich hatte Bendig Schwarck überrascht, als dieser den Brand legte.« Jan Olaf sah ihr fest in die Augen. »Verdecken einer Straftat. Das ist Mord. Auf jeden Fall wurde Schwarcks DNA an Bendigs Leiche gefunden.«
Evelyn brachte nichts weiter hervor als ein fortwährendes Kopfschütteln, was den Symptomen eines Parkinson-Patienten ähnelte. Jan Olaf sah sie besorgt an. »Wollen wir abbrechen?«
»Nein, bitte fahr fort.« Sie bemühte sich Fassung zu gewinnen.
»Bist du sicher?«
»Ja, bitte, weiter. Es ist …«, sie machte eine unklare Handbewegung und biss sich auf die Lippen. »Das heißt, ich will mich mal kurz frisch machen. Wo kann ich das?«
Der Rechtsanwalt führte sie zur Tür und zeigte ihr den Weg. Als sie ein paar Minuten später zurückkam, hatte sie sich gesammelt. Jan Olaf stand am Fenster und rauchte.
»Oh, entschuldige, stört es dich?« Er hob kurz sein Zigarillo an. Sie schüttelte den Kopf. Mit einem geübten Griff öffnete er die Schmuckschachtel und hielt sie ihr entgegen.
»Nein, danke. Ich nicht. Den Brand hat er also auch gelegt.«
»Ja, ganz eindeutig.«
»Was ist mit dem Schaden? Haben wir da Ansprüche?« Ihre Stimme wurde fester. Das Betreten der geschäftlichen Ebene beruhigte sie.
»Nein, das ist ein Punkt, auf den ich noch kommen will.« Er musterte sie. »Da Henning Schwarck als Brandstifter überführt wurde, ist die Versicherung leistungsfrei, sie tritt also nicht für die Schäden ein, weder für die an der Immobilie noch an den Mobilien und auch nicht für die Betriebsunterbrechungen.«
»Was? Der Schaden liegt bei Minimum 130 000 Euro und da reden wir noch nicht von den Fehlzeiten. Was ist mit der Firma und der Familie?«
»Zunächst die Firma: Die Hansewache GmbH ist insolvent. Er war alleiniger Geschäftsführer …« Von Steinhagen blies vielsagend den Rauch aus, schnippte den Stummel nach draußen und kratzte sich am Kopf. Vom Hof ertönte ein lautes Geräusch, offenbar schnitt jemand die Hecken mit einer elektrischen Schere. Er warf einen Blick nach unten, ehe er den Fensterflügel schloss.
»Seine Frau hat das Erbe fristgerecht ausgeschlagen. Somit haftet sie nicht für die Ansprüche gegen ihren Mann. Auch privat dürfte also kaum etwas zu holen sein. Das gilt in gleicher Weise für Schadenersatz, Schmerzensgeld etc. aus der Körperverletzung, die er dir zugefügt hat. Da wirst du mit nichts rechnen können.«
»Das war er also auch?« Evelyn drehte Jan Olaf den Rücken zu und fuhr mit dem Finger über die Buchrücken. »Dieses verdammte Arschloch!«
»Du hast laut Opferentschädigungsgesetz Anspruch auf Übernahme von Heil- und Behandlungskosten. Schmerzensgeld wird aber nicht gezahlt, Sachschäden und Vermögensschäden ebenfalls nicht. Ich habe dir hier ein paar Unterlagen zusammengestellt, die kannst du dir in Ruhe durchlesen. Wenn du Fragen hast, ruf mich an, jederzeit.«
»Ich danke dir.« Sie war wirklich dankbar – und ehrlich überrascht von ihrem Club-Freund. Seine sonst gestelzte Art hatte hier seine natürliche Umgebung gefunden. Es war nicht so ein lautes Zurschaustellen,
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