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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Vertiefungen am Rande des Felsens. Er versank mit seinen Laufschuhen im umgewühlten Morast aus Erde, Gras und Schneeresten, den der Bagger beim Rangieren zusammengemengt hatte. Dann blickte er in vier Löcher, die jeweils cirka zwei auf zwei Meter maßen und auch wohl zwei Meter tief waren.
    Suldinger war ihm gefolgt und glotzte ebenfalls in sein Werk, als sähe er zum ersten Mal ein Baggerloch. »Und da setzen die morgen mit dem Bohrer an und rütteln und scheppern mit Ultraschall-Messgeräten, damit die die Gesteinsschichten aufzeichnen«, erklärte er.
    Hartinger erinnerte sich an die Fotos in der Abteilung Erdöl des Deutschen Museums, auf denen Unimogs mit solchen Apparaturen zu sehen waren. »Und wieso muss dann das ganze Areal abgeschoben werden?«
    »Weil die Laster und Autos und Ingenieurcontainer und das ganze Glump sonst im Dreck versinken. Da kommt morgen noch eine saubere Kiesschicht drauf, und dann kannst du da mit dem Dreißigtonner drüber. Und außerdem kommt in der nächsten Woche der Ministerpräsident zur Eröffnung der Voruntersuchung. Quasi Anstich. Und der holt sich ungern dreckige Schuhe.«
    »Gott mit dir, du Land der Bayern, Heimaterde, Vaterland!«, ätzte Hartinger. »Aber die Tanzschuacherl möchten gefälligst sauber bleiben, und außerdem fahren wir mit dem gepanzerten Siebener bittschön direkt in den Wald.«
    In den Löchern lagen Kies und einige kindskopfgroße runde Steine. Dies war das Schwemmland der Loisach, die nur wenige Hundert Meter östlich ihr derzeitiges Bett gefunden hatte.
    Im zweiten Baggerloch von rechts fiel Hartinger etwas auf. Seine zwei Jahrzehnte als Polizeireporter hatten seinen Blick für Anomalien geschärft. Er ging in die Hocke, um dann ins Loch zu springen, ehe Suldinger ihn daran hindern konnte.
    »Knochen, Tomboy!«, rief er nach oben.
    »Ja mei, Knochen find ich praktisch bei jedem Aushub hier im Wald. Da gibt’s Viecher, weißt? Die verrecken schon amal.«
    »Aber wie groß sind die Viecher, die hier eingehen? Hasen, Füchse, Rehe. Das hier ist ein großer Gelenkknochen. Wie ein Hüftknochen.«
    »Auch das Reh geht sich mit einer Hüfte geschmeidiger.« Bei aller Wiedersehensfreude – der Hartinger begann dem Suldinger gehörig auf die Nerven zu gehen. Kam nach zwanzig Jahren aus der Stadt, wurde gleich nach ein paar Wochen in einen Mord an einem Mönch verwickelt, wie man in der Zeitung hatte lesen können, und nun rannte er durch die Gegend und suchte Baggerlöcher nach Knochen ab. »Jetzt raus aus meinem Loch, ich muss weitermachen!«
    Hartinger versuchte, den Knochen, der nur wenige Zentimeter unter der Humusschicht im Kies steckte, herauszuziehen. Vergeblich. »Hast eine Schaufel?«
    »Raus, hab ich gesagt!«, herrschte der Baggerfahrer seinen Schulfreund an.
    Hartinger langte nach oben, um Suldingers Hand zu greifen. Der war beruhigt, dass der Lokalreporter offenbar Ruhe geben und sich aus dem Loch ziehen lassen wollte.
    Doch der Hartinger dachte nicht daran, seine eben begonnene Untersuchung einzustellen. Kaum, dass er wieder oben neben dem Loch stand, sagte er zu Suldinger: »Wo ist der Aushub? Da hinten?«
    Suldinger hielt ihn an der Schulter fest, aber mit einer Drehung befreite sich Hartinger aus dem Griff und sprang mit einem weiten Satz über das äußere Loch zu dem Aushubhaufen vier Meter weiter links. »Hast jetzt eine Schaufel oder nicht?«
    Suldinger wusste, dass Hartinger stur genug war, den Haufen notfalls mit den Händen umzugraben. Ihm eine Schaufel zu geben war die einzige Möglichkeit, ihn schnell loszuwerden. Finden würde er sowieso nichts, da war sich der Suldinger sicher.
    Er ging zurück zum Bagger und holte aus einer Klappe eine Schippe mit spitz zulaufendem Blatt.
    »Bitte, für den Herrn Reporter. So was schon mal in der Hand gehabt?«
    Hartinger begann zu schaufeln. Er setzte das Werkzeug an und stieß es mit dem rechten Fuß in das lockere Kies-Erde-Gemisch. Bereits nach kurzer Zeit ließ er einen halb erfreuten, halb verwunderten Schrei vernehmen.
    »Oha!«
    Suldinger, der sich die Szene kopfschüttelnd vom Bagger aus angesehen hatte, wo er die Unterbrechung zu einer Kaffee-Bier-Wurstsemmel-Zigarettenpause nutzte, ging zu ihm zurück. »Was oha?«
    »Knochen.«
    »Mei, Viecher halt. Jetzt lass gut sein und mich weitermachen«, flehte er beinahe. »Gleich kommt die ganze Abteilung mit Raupe und Kieslaster und vielleicht sogar mitsamt dem Chef, und in meinem Aushub stochert ein narrischer Reporter umanada. Des kann ich

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