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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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wusste im Moment nicht, wieso gerade er für ein Modelcasting qualifiziert sein sollte, und schaute Hartinger mit großen Augen an. Er grübelte ein bisschen und sagte: »Mei, da drüben in der Auenstraß, wo ich aufgewachsen bin in den Sozialwohnungen, da rennt schon so junges Zeugsl umananda, da musst mal an Zettel aufhängen.«
    Svetlana schnappte nach dem von Hartinger ausgeworfenen Köder wie eine Forelle nach der Fliege des Fischers. Sie kam um die Theke herumgestöckelt und reckte ihren Vorbau noch steiler in Richtung Hartinger. »Habe gemodelt viel und gut zu Hause in Belarus.«
    »Ah, geh weiter, hab ich mir doch gleich gedacht, dass Sie Künstlerin sind, Mademoiselle«, stieg Hartinger ein. »Hätte mich natürlich nicht getraut zu fragen, weil Sie als erfolgreiche Gastronomin und Unternehmerin, Sie hätten doch für Probeaufnahmen gar keine Zeit, hab ich mir gedacht. Und dann für die Shootings, da müssen Sie ja nach Berlin fliegen, das dauert ja dann immer zwei, drei Tage im Hotel Adlon, wo die das immer machen.«
    »Null Problem. Habe ich gelernt delegieren. Wenn ich nicht da, meine Schwägerin schmeißt Laden. Null Problem, Monsieur.« Sie stellte das alkoholfreie Bier vor Hartinger ab und beugte sich dabei ganz tief nach vorn. Damit dies möglichst lange dauerte, schrieb Svetlana »1 alcohol freies« auf den Deckel, anstatt wie üblich einen kurzen Strich an den Rand zu machen.
    Hartinger konnte ihr bis zum Bauchnabel schauen. Und das tat er auch. Dort drunten glaubte er ein Piercing funkeln zu sehen. »Ja, wenn das so ist, dann hat sich mein Besuch in diesem Etablissement ja wieder voll gelohnt.« Er strahlte zufrieden, während er immer noch mit den Augen im Ausschnitt der Eisstockhüttenwirtin spazieren ging. »Ich bin ganz sicher, dass ich heut einen aufgehenden Stern entdeckt hab.« Damit zwinkerte er seinem Spezl zu.
    Tomboy Suldinger ließ das Kinn auf die Brust sinken und schüttelte den Kopf. Nachdem er am Vortag schon nicht die Entdeckung der Knochen durch den Hartinger hatte verhindern können, hatte er den alten Schulfreund nun auch nicht vom Gschpusi seines Chefs fernhalten können. Wenn das der Bagger-Toni erfuhr, konnte sich der Suldinger einglasen lassen.
    Er leerte die Halbe in einem Zug und orderte mit einem kurzen Befehl die nächste, bevor Svetlana noch mit einem Bandscheibenvorfall über den Tisch sank.
    »Schön, dass der oberste Polizist in meinem Landl dann doch a bissl Zeit für mich hat!«
    Hauptkommissar Ludwig Bernbacher hatte gleich ein schlechtes Gefühl gehabt, als er das Klingeln des Telefons verpasst hatte und dieses schon eine Minute später mit der gleichen Penetranz erneut einen Anrufer vermeldete. Das Display hatte seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
    »Ludwig, hamma schon was Neues?«, legte der Bürgermeister los, ohne dass Bernbacher erklären konnte, warum er nicht gleich hatte abnehmen können.
    »Äh … neu? Was meinst jetzt konkret, Hansi?«
    »In der Knochensache. Haben die Münchner irgendwelche Ergebnisse verlautbart?«
    »Ah, woher! Das schieben die auf die lange Bank. Sind ja alte Knochen. Also, nicht die Münchner, die Knochen halt. In der Gerichtsmedizin haben die frischen Leichen Vorrang. Das kann dauern.«
    »Ist auch gut so. Die sollen sich nur Zeit lassen. Aber ein erstes schnelles Vorabergebnis brauch ich. Verstehst, Ludwig?«
    Bernbacher grübelte. Die Logik des Bürgermeisters erschloss sich ihm nicht auf Anhieb.
    Der Bürgermeister unterbrach das Schweigen. »Also, dann pass auf. Wir müssen bis morgen Mittag wissen, wer die Leiche ist, sonst kommt der Ministerpräsident am Mittwoch nicht.«
    Bernbacher hielt das für eine gute Nachricht. Wenn der Ministerpräsident nicht anrauschte, hätte er am Mittwoch auch keinen Großeinsatz zu leiten. Das würde die Überstunden- wie auch die Wohlfühl-Situation seiner Beamten und seiner selbst deutlich verbessern. »Ja, mei, Hansi. Dann schau ich, dass ich denen in München Dampf mach«, versprach er lauwarm.
    »Ja, aber nur, wenn es ein – sagen wir mal – erträgliches Ergebnis ist«, beschwor ihn der Bürgermeister.
    »Wie soll ich das machen? Ich untersuch die Boandln ja ned.« Ludwig Bernbacher hatte sich an die unlösbaren Aufgaben, die sein Bürgermeister regelmäßig an ihn herantrug, gewöhnt. Aber ein Gutachten der Gerichtsmedizin in München zu beeinflussen …
    »Ja, ich mein, Ludwig, wir müssen halt schauen. Also, du musst schauen, und zwar, wann was veröffentlicht wird.

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