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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Knochen/Ryschankawa/Hartinger weggesperrt.«
    »Das wäre zu augenscheinlich, das machen die nicht. Und in der Arbeit ist es für Sie sicherlich auch kein Spaß mehr, oder?«
    »Nicht nur für mich. Das Betriebsklima hat sich gedreht. Als wäre gestern ein wunderschöner Sommertag am Chinesischen Turm gewesen, und heute ist Dezember im Gulag. So kommt es mir vor, wenn ich da reingehe. Und nicht nur mir geht’s so. Klar werde ich geschnitten. Aber die Leute mögen sich alle untereinander nicht mehr. Der Prof ist wie ausgewechselt. Hat hintenrum beim LKA die Überprüfung aller Kolleginnen und Kollegen vorgeschlagen. Und die haben das auch gemacht, wie ich erfahren habe.«
    »Was haben die überprüft?«
    »Kontobewegungen, größere Anschaffungen, Ansatzpunkte für mögliche Erpressungen. Wissen Sie, Herr Frey, das ist Polizeisprache. ›Ansatzpunkte für mögliche Erpressungen finden‹ heißt im Klartext, dass sie wissen wollen, mit wem Sie schlafen, mit wem Sie nicht mehr schlafen, warum Sie mit wem nicht mehr schlafen, was Sie glauben, denken und fühlen. Und wie ermittelt man das? Indem man Leute ausfragt. Leute aus Ihrem privaten Umfeld. Und das merkt man natürlich sehr schnell. Also einige Kollegen haben’s gemerkt. Und nicht nur ich habe sehr gute Kontakte zum LKA. Unsere Mitarbeiter wissen, dass sie ausgeschnüffelt wurden – und wahrscheinlich noch werden –, als wäre unsere Belegschaft ein Dissidentennetzwerk in der DDR. Und das alles, weil diese Samenraubgeschichte bei uns im Institut passiert sein soll. Also, ist sie ja, glaub ich ja selber dran. Da hat einer der Kollegen gemauschelt. Wenn ich nur wüsste, wer. Wir sind über zwanzig, die an die Leiche hingekommen wären.«
    »Also interne Untersuchung im vollen Gange. Interessanterweise hat man noch nichts davon gelesen oder gehört.«
    »Dass die Presse davon nichts erfahren hat, wundert mich nicht. Erstens kennt der alte Marchsteiner nicht nur den Kurt Weißhaupt von der SZ sehr gut; der hat ein Netzwerk, das ist  unwahrscheinlich. Zweitens schafft es auch das LKA in Ausnahmefällen, eine Nachrichtensperre durchzusetzen, und das ist eine Ausnahmesituation. Denn wenn sich tatsächlich herausstellt, dass im Rechtsmedizinischen Institut der Uni München Beweise gefälscht werden, dann können Sie sich vorstellen, was die Verteidiger bei zukünftigen Strafverfahren in Bayern zu unseren Gutachten sagen werden. Und wie viele alte Fälle wieder aufgerollt werden müssten. Für die Bayerische Justiz wäre das der Superduper-GAU.«
    »Und für Professor Marchsteiner.«
    »Für den sowieso. Er geht in zwei Jahren in Pension. Da will er keinen Megaskandal am größten Rechtsmedizinischen Institut des Freistaats. Er muss halt jederzeit sagen können: ›Kein Problem, wir haben jeden überprüft, von denen macht keiner so was.‹ Und der Prof hat recht, er muss seine Abteilung sauber halten.«
    »Und Sie, liebe Frau Dr. Allgäuer, müssen sich und Ihren Ruf auch sauber halten. Immerhin besteht der Verdacht, dass die … Substanz aus Ihrem Küchenabfall stammt.«
    »Was noch lange nicht heißt, dass ich sie in die Leiche eingebracht habe. Es spricht eigentlich alles dagegen. Sonst würde es das Video gar nicht geben. Und ich hätte auch keinen Typen gebraucht, der sich bei mir in der Küche rumtreibt.«
    »Die werden sagen: Ablenkungsmanöver.«
    Dorothee Allgäuer schaute Albert Frey hilflos an. »Genau das haben die, Herr Frey. Ich stecke hüfthoch in der Scheiße, wenn Sie mir den Ausdruck erlauben.«
    »Nur weil Sie ihn vor der Vorspeise gebrauchen.«
    Der Kellner brachte zwei Vitello Tonnato. Er schaute abwartend, wer von den beiden wohl an diesem Abend einen gellenden Schrei ausstoßen würde.
    Ludwig Bernbacher hatte ausnahmsweise kein ungutes Gefühl, als er die Nummer seines Bürgermeisters auf dem Display des Diensttelefons sah. In letzter Zeit hatte er alles im Sinne des Bürgermeisters geregelt. Er hatte versucht, die Knochenfundergebnisse richtig zu kommunizieren. Daran, dass die Geschichte am Ende doch nicht unter dem Wasen am Loisachufer verbuddelt werden konnte, war einzig der Hartinger schuld. Und den auszuschalten hatte er ja auch mitgeholfen. Immerhin war es einer seiner Leute gewesen, der den blauen Schaber mit der Speichelprobe oben in Mittergraseck hatte mitgehen lassen.
    Er lehnte sich also zufrieden in seinem Chefsessel zurück und hob ab. »Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen, Polizeihauptkommissar Ludwig Bernbacher, was darf

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