Herrgottschrofen
ich für Sie tun?«
»Spinnst du jetzt komplett? Ludwig, bist es du?«, blaffte der Bürgermeister.
»Ah, Herr Bürgermeister. Was für ein wunderschöner Frühlingstag.«
»Was mischen die euch in euer Mittagessen?«
Garmisch-Partenkirchens oberster Polizist lachte entspannt in den Hörer. »Passt scho, Hansi, war nur ein kleiner Spaß. Stell dir vor, die Bayerische Polizei würde so schleimig ans Telefon gehen wie die bei euch in der Tourismusverwaltung.«
»Wahnsinnig lustig, Ludwig. Ich lach mich tot. Nur dass die in unserem leistungsstarken und innovativen Tourismusamt halt professionell ihren Job machen. Auf einem immer schwieriger werdenden Weltmarkt. Unter Aufbietung von Einsatz und persönlicher Identifikation mit diesem unseren wunderschönen Landl – und der Erbringung ungezählter unbezahlter Überstunden! – leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagtäglich Außerordentliches!«
Ludwig Bernbacher tat es schon längst leid, ein Spaßettl mit dem Bürgermeister getrieben zu haben. »Passt scho, Hansi. Was is los?«
»Geht doch. Also, ich würd dich bitten, in der nächsten Zeit ein bisserl auf den Brechtl Toni aufzupassen.«
»Wird der bedroht? Hat er ein Problem?«
»Ludwig, ich darf’s noch nicht sagen, aber es könnte was im Anmarsch sein«, orakelte der Bürgermeister.
»Dann stimmt’s also doch. Ich hab erst heute Vormittag gehört, dass es ihm geschäftlich derzeit nass neigeht.«
»Ehrlich? Verzähl, wer verzählt so was?«
»Mei, geheißen hat’s es halt in der Früh bei unserer Latte-Runde im Al Capone in der Ludwigstraße.«
»Der richtige Ort für meinen ersten Ordnungshüter, muss schon sagen.«
»Ja mei, was kann ich dafür, wie der Luigi seinen Laden nennt. Da gibt’s halt den besten Latte Macchiato im Ort. Oder heißt das die Latte? Weil da hätt ich die beste.« Bernbacher lachte sich halb tot über seinen Pennälerwitz.
»Hast heute einen Clown gefrühstückt beim Luigi? Los, erzähl weiter, Depp!«
»Okay, okay. Jedenfalls hat da einer, ich glaub, der Gruber Veit war’s, der hat gesagt, dass er aus Garmisch drüben gehört hat, dass der Bagger-Toni kurz vor der Pleite steht.«
»Ah, geh zu. Interessant, Ludwig. Jetzt macht das also schon die Runde. Nicht gut für Garmisch-Partenkirchen, Ludwig, gar nicht gut. Aber gut, dass du deine Ohren überall hast in unserem wunderschönen Ort.«
»Gell?«
»Also bitte, pass auf ihn auf. Am besten, du hängst ein paar Tage einen von deinen Leuten an den Toni. Vielleicht in Zivil. Aber so, dass er nichts merkt. Nicht dass der sich was antut. Und es wär ganz gut, wenn du mir regelmäßig Bericht erstatten tätest, was er so treibt, der Toni. Sagen wir – alle zwei Stunden einmal? Merci vielmals.«
Der Bürgermeister wartete keine Bestätigung ab, dass sein Befehl verstanden worden war, sondern legte sofort auf.
Ludwig Bernbacher war sich durchaus bewusst, wie ungemein delikat diese Situation war. Der größte Gewerbesteuerzahler der Gemeinde stand offenbar am Abgrund. Da hieß es für den Bürgermeister natürlich: Obacht geben. Einen weiteren Skandal mit bundesweiter Pressebegleitung wollte Hans W. Meier sicher nicht an seinem Ort. Daher rührte wohl auch seine Sorge um den Brechtl Toni.
Ludwig Bernbacher wusste genau, was zu tun war. Er ließ seinen besten Beamten Jakob Neumann zu sich ins Büro kommen.
Albert Frey hasste nichts mehr als Unpünktlichkeit. Er hasste sie bei anderen Leuten. Und noch mehr bei sich selbst.
Doch sein Passat gab einfach nicht mehr her als einhundertfünfzig. Und er war zu spät aus dem Il Mulino aufgebrochen. Am liebsten wäre er noch ein Weilchen geblieben. Er hatte Gefallen gefunden an der jungen Rechtsmedizinerin Dr. Allgäuer. Für einen Mann seines Alters ein wenig zu viel Gefallen.
Mittlerweile drängte die Verabredung mit einer wesentlich älteren, aber auch nicht uninteressanten Dame.
Frey ließ das Auto am Ende der Autobahn im Tempotrichter ausrollen und passierte mit den vorgeschriebenen achtzig Stundenkilometern die Blinklichtkaskade. Sie signalisierte selbst Blinden und holländischen Wohnwagengespannfahrern die Verengung der Bundesautobahn auf die zweispurige Bundesstraße. Auf der gab Frey wieder Gas und trieb das Fahrzeug bis an die einhundertzehn, das war zehn Prozent über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und somit an der Obergrenze dessen, was sein braves Beamtenherz – nach Abzug einer Fehlertoleranz von geschätzten fünf Prozent eingedenk seines
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