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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Verkäuferlächeln abzumildern. Es war ihm klar, dass Widerstand gerade aus konservativeren Kreisen kommen würde. Aber da musste er durch.
    »Come on, Martin, lass den Herrn Gruber das doch zu Ende bringen.«
    »Das könnt ihr allein machen, hier eure Wolkenkuckucksheime bauen, eure verlotterten. Ohne mich.« Bruckmayer wirbelte auf dem Absatz herum, um zur Tür zu stürmen, wo Albert Frey stand. »Grüß Gott, Herr Frey. Grüß Gott, alle miteinander!«, rief Bruckmayer und verschwand.
    Veit Gruber und Jo Saunders standen vor den Modellen wie Murnau-Werdenfelser Rinder nach einem dreiwöchigen Schnürlregen.
    Jo Saunders fand zuerst die Sprache wieder. »Herr Frey, wir haben Sie gar nicht kommen gehört. Dieser Martin. Well, auch nicht mehr der Jüngste. Manche werden strange, merkwürdig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Mein Tom …« Sie verstummte, wollte den Satz, den sie begonnen hatte, nicht beenden und sagte stattdessen: »Das ist das Alter. Da werden die Männer einfach komisch.«
    Albert Frey kam näher, um sich die Modelle genau anzusehen. Er tat so, als hätte er die Szene eben nicht mitgekriegt. Er beugte sich über das Modell des Eisstadions, das ein Friedensreich Hundertwasser in Zusammenarbeit mit Jeff Koons und Damian Hirst nicht bombastischer mit amorphen Formen und Glitzersteinen hätte ummanteln können. »Enorm, Herr Gruber. Respekt. Aber im Ernst, ein bissl gschpinnert schon, oder?«
    »Mei, was heißt gschpinnert? Schauen Sie sich am Golf um. Die schütten Inseln im Meer auf. Bauen ganze Stadtviertel aus Europa nach und kühlen die auf achtundzwanzig Grad runter. Das ist unsere Konkurrenz als Fremdenverkehrsort von Rang und Namen. Nicht Berchtesgaden und Ehrwald.«
    Albert Frey nickte bedächtig. Es konnte sogar sein, dass dieser irre Gruber recht hatte. »Und das Geld, Herr Gruber?«
    »Ah, hörens auf mit Geld. Geld ist doch da wie Heu. Liegt doch überall auf der Straße. Lassen Sie das meine Sorge sein. Wichtig ist, dass die Frau Saunders an Bord ist. Sie wird unsere Eisheilige.«
    »Wenn der Herr Bruckmayer da nicht andere Heilige aufmarschieren lässt, Herr Gruber«, warnte Albert Frey.
    »Schau ma mal. Jetzt aber, liebe Frau Saunders, habe ich die Ehre, Sie beim Herrn Bürgermeister Meier vorbeizufahren. Der wartet in seinem Rathaus auf Sie mit seinem Goldenen Buch. Kommens mit, Herr Frey?«
    »Da muss ich eh ins Marktarchiv.« Er wandte sich an Jo Saunders. »Das Bayerische Staatsarchiv war heute Morgen nicht die Offenbarung. Die Unterlagen sind wohl ins Hauptstaatsarchiv gewandert. Da muss man sie aber erst aus einem Außenlager holen. Die Bestellung dauert mindestens eine Woche. Das ist eine Katastrophe.«
    »Ja, was suchens denn, Herr Frey?«, mischte sich Veit Gruber ein.
    »Ach, nichts, nur ein bisserl Geschichte über die Casa Carioca.«
    »Sie auch? Ich hab da mittlerweile eine nette Sammlung zusammengestellt. Alte Programmhefte und Fotos und so etwas.«
    »Ja, das ist auch interessant, aber uns geht’s um alte Personallisten. Da haben Sie nichts?«
    »Muss ich nachschauen. Ich habe ein paar Umzugskartons voll mit Papier vom ehemaligen Geschäftsführer der Ami-Hotels gekauft. Der Mann war Jahrzehnte als Zivilangestellter bei denen tätig und hat das einfach alles zu Hause im Arbeitszimmer gehabt. Und die Amis haben ihn nicht danach gefragt, als er in Pension gegangen ist. Können Sie gern durchschauen.«
    Albert Frey war wie elektrisiert. »Wo haben Sie die Kartons? Hier? Kann ich gleich damit anfangen?«
    »Nein, bei mir zu Hause im Keller. Ich bring Sie hin. Wissen Sie was, Herr Frey, ich bin sehr froh, wenn das ein Fachmann durchsieht. Können wir ja vielleicht für unsere neue Casa Carioca gebrauchen. Wollen Sie nicht eine historische Schrift verfassen, Herr Frey, die wir später im Merchandising-Shop verkaufen? Oder ein E-Book. Oder vielleicht auch altes Filmmaterial sammeln, das wir dann auf DVD rausbringen. Wollen Sie mein Schriftleiter werden, Herr Frey?«
    Polizeiobermeister Jakob Neumann erledigte den Job mit der Umsicht und Professionalität, die sein Chef Ludwig Bernbacher von ihm erwartete.
    Jakob Neumann hatte viel vor mit sich. Er plante keine der üblichen Polizistenkarrieren, die nach fünfunddreißig Jahren im mittleren Dienst endeten, drei Besoldungsstufen höher, als sie angefangen hatten. Mit einer Verabschiedung in den »wohlverdienten Ruhestand« durch den Chef des Präsidiums Oberbayern Süd, einer Medaille, einem Schrebergarten und dem Job als

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