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Herrgottswinkel

Herrgottswinkel

Titel: Herrgottswinkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Ziegler
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und Trugbilder schuf, die die Konturen der Landschaft zäh wie geschmolzenes Blei zerrinnen ließen, sodass diese eher einem Ölgemälde ähnelte als einer tatsächlich vorhandenen Kulisse.
    Anna konnte sich gar nicht sattsehen, und hätte nicht Erich neben ihr zum Aufbruch gedrängt, Anna wäre bis zum Abend auf dieser Anhöhe stehen geblieben, ehrfürchtig und atemlos vor diesem Wunderwerk der Schöpfung. Nun ging es nur noch eine kurze Abfahrt zum Ufer des Sees hinunter, dann legten sie vor einem Weidengestrüpp ihre Räder ins Gras und kämpften sich mit Decke und Picknickkoffer durch den Hag. Auf den flachen Kieseln einer versteckten kleinen Bucht am Nordostufer des Sees breiteten sie das mitgebrachte Essen auf der karierten Decke aus und streckten sich zufrieden dort aus. Die frische Luft und die körperliche Betätigung hatten sie hungrig und vor allem durstig gemacht. Erich hatte Holunderwein sowie Bergkäse samt einem Ranken Brot für das leibliche Wohl eingepackt.
    Anna schmeckte der Holunderwein ausnehmend gut. Schon nach wenigen Schlucken aus der Flasche wurde ihr am ganzen Körper heiß. Es war ein angenehmes Gefühl, einfach nur so auf der Decke zu sitzen und die Umgebung immer mehr verschwimmen zu sehen. Das Wasser zog sie geradezu magisch an und sie genoss es, sich einfach treiben zu lassen, dahinzuschweben, wie die Boote und die Gruppe Schwäne vorne am kleinen Hafen, die sie gerade noch erkennen konnte. Die stechende Hitze und ein weiterer Schluck brachten ihren Kopf noch mehr zum Glühen. Sie musste sich abkühlen! Nicht gerade elegant legte sie das halbe Dutzend Schritte bis zum Ufer zurück, dann beugte sie sich nach vorn, um die Arme bis zu den Ellbogen ins Wasser zu strecken und sich Gesicht und Nacken mit dem kühlen Nass zu benetzen. Unglücklicherweise – vielleicht auch, weil sie sich sowieso schon etwas schwindelig fühlte – verlor sie dabei das Gleichgewicht und plumpste wie ein Stein ins Wasser. Das Nordufer fiel entgegen der Ostseite des Sees, an der sich auch der Badestrand befand, relativ steil ins Wasser ab. Als Anna endlich wieder Boden unter den Füßen spürte, stand sie tropfend wie ein begossener Pudel bis zu den Hüften im See. Zuerst blickte sie ungläubig zu Erich hin, der von der Decke aufgesprungen war, um ihr zu Hilfe zu eilen, dann brach sie in schallendes Gelächter über ihre eigene Dummheit aus. Auch Erich konnte nicht mehr an sich halten und prustete los, als er sie da in ihrer besten Sonntagskleidung patschnass im Wasser stehen sah. Er zog sie an Land und trocknete sie mit der Decke ab, da sie kein Handtuch dabeihatten. In dem Weidengestrüpp zog sie die nassen Sachen aus und hüllte sich in Erichs trockenen Janker, der ihr aufgrund seiner Größe Gott sei Dank bis zu den Knien reichte. Zusammen breiteten sie die Kleider zum Trocknen auf den Steinen in der Sonne aus. Dann setzte sich Anna neben Erich auf einen Felsblock, und er legte wärmend einen Arm um sie.
    Sie schaute ihm in die Augen und musste schon wieder lachen, der Alkohol hatte wohl noch nicht ganz seine Wirkung verloren, da legte er sanft beide Hände auf ihre Wangen und zog ihr Gesicht zu sich. Dann spürte sie seine Lippen auf ihren, sie genoss seine Zärtlichkeiten, der Kuss schien nicht enden zu wollen. Seine Hände rutschten tiefer, legten sich um ihre Schultern, drückten sie fest an seinen Körper. Anders als bei Franz ließ sie es nicht nur geschehen, sie erwiderte seine Liebkosungen. Sie gab Zärtlichkeit nicht nur, sie nahm sie sich auch. War es der Alkohol, war es die wunderschöne Umgebung oder war es, weil Erich sie als Frau mit allen Stärken und Schwächen akzeptierte – sie war nicht nur bereit für ihn, sie wollte, dass er all das tat, was ihrem Körper und ihrer Seele guttat. Sie war jetzt froh, dass sie seine Jacke trug. So war sie vor den Blicken der Spaziergänger jenseits der Weidenbüsche geschützt. In immer kürzeren Abständen fühlte sie, wie Wellen der Wärme durch ihren Körper liefen, und längst hatte sie aufgehört nachzudenken, was mit ihr geschah. Nach einem weiteren langen Kuss, den sie so intensiv spürte, dass es kaum auszuhalten war, setzte sie sich auf seinen Schoß. Dann spürte sie nur noch seine Bewegungen in ihr und es dauerte nicht lange, bis sie das Gefühl hatte, genau jetzt müsste die Zeit stillstehen, so wunderschön fühlte sich dieser Augenblick an.
    Zwei Monate später hatte sie die Gewissheit, dass sie erneut schwanger war. Auf Erich war Verlass, er

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