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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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vorbereitet sein), und seine Verfolger von qualmenden Rissen verschluckt werden würden? Und er selbst auch?
    Er erreichte den Fuß des Berges und kurze Zeit später das Josephine Randall Junior-Museum. Das Gefühl, verfolgt zu werden, klang ein wenig ab – oder, richtiger, das Gefühl, die Verfolger dicht hinter sich zu wissen. Es war gut, wieder in der Nähe menschlicher Behausungen zu sein, selbst wenn sie leer schienen, und selbst wenn Gebäude Objekte waren, hinter denen unbekannte Dinge sich verstecken konnten. Dieses Museum war der Ort, an dem Jungen und Mädchen beigebracht wurde, sich vor Ratten und Fledermäusen, riesigen Taranteln und anderen Lebewesen nicht zu fürchten. Aber wo waren die Kinder? Hatte irgendein weiser, gütiger Rattenfänger sie alle aus dieser gefährlichen Gegend fortgelockt? Oder waren sie in den Kastenwagen des ›Gehsteig-Astronomen‹ geklettert und zu anderen Sternen geflogen? Mit seinen Erdbeben und Eruptionen großer, blasser Spinnen und noch unheimlicherer Wesen war San Francisco nicht mehr sehr sicher. Oh, du Narr, Pass auf! Pass auf!
    Als das niedrige Gebäude hinter ihm zurückblieb und dann auch die Tennisplätze hinter ihm lagen, erreichte er die kurze Querstraße der T-Kreuzung, welche die Begrenzung der Corona Heights bildete. Seine zitternden Nerven beruhigten sich etwas, und auch die fiebrig-aufgewühlten Gedanken in seinem Gehirn verebbten; doch bekam er einen fast bewußtseinslähmenden Schock, als er von irgendwoher das Quietschen von Reifen hörte und ein paar Sekunden lang glaubte, dass der geparkte Wagen am anderen Ende der kurzen Straße auf ihn zugeschossen kam, gelenkt von den beiden kleinen Grabsteinen seiner Kopfstützen.
    Als er über eine schmale Treppenstraße zwischen zwei Gebäuden die Beaver Street erreichte, hatte er wieder die flüchtige Vision eines lokalen Erdbebens und sah die Corona Heights erzittern; dann hob der Berg seine mächtigen, braunen Schultern und seinen felsigen Kopf und schüttelte das Josephine Randall Junior-Museum von seinem Rücken, um ohne diese Last zur Stadt hinabzuschreiten.
    Als er die Beaver Street hinabging, begegnete er endlich den ersten Menschen; es waren nicht viele, aber immerhin Menschen. Wie aus einem anderen Leben erinnerte er sich an seine Absicht, Byers zu besuchen (er hatte sich sogar telefonisch angekündigt) und überlegte, ob er diese Verabredung einhalten sollte oder nicht. Er war noch nie in Byers Haus gewesen, seine früheren Treffen hatten in der Wohnung eines gemeinsamen Freundes stattgefunden. Cal hatte gesagt, irgend jemand hätte behauptet, dass es ein Spukhaus sei, aber von außen, mit seinem frischen, olivgrünen Anstrich, wirkte es alles andere als unheimlich.
    Zu dem endgültigen Entschluss, den geplanten Besuch durchzuführen, kam er, als er die Castro Street überquerte und ein Krankenwagen plötzlich seine Sirene aufheulen ließ. Das jaulende Geräusch wurde unerträglich laut und nervenaufreibend, als der Wagen über eine Kreuzung der Beaver Street raste, und es katapultierte ihn die Stufen hinauf zu der mit mattgoldenen Arabesken verzierten, olivfarbenen Tür, wo er den Bronze-Klopfer in Gestalt einer Seejungfrau betätigte.
    Er erkannte, dass die Vorstellung, jetzt andere Menschen treffen zu können und nicht nach Hause gehen zu müssen, für ihn sehr verlockend war. Und beruhigend. Zu Hause war es genauso gefährlich wie – vielleicht sogar noch gefährlicher als auf den Corona Heights.
    Nach einer fast beängstigend langen Wartezeit wurde der Bronzeknopf gedreht, die Tür begann sich zu öffnen, und eine Stimme, so schwülstig wie die von Vincent Price in seinen besten Tagen, sagte: »Hier ist wahrlich ein ungeduldiger Klopfer. Oh, es ist Franz Westen. Kommen Sie, kommen Sie herein! Sie sehen ja völlig verstört aus, mein lieber Franz, als ob dieser Krankenwagen Sie eben abgeladen hätte. Was haben die bösen, unberechenbaren Straßen Ihnen angetan?«
    Sobald Franz einigermaßen sicher war, dass der Mann mit dem gepflegten Bart und dem etwas theatralisch wirkenden Gesicht Byers war, drängte er sich an ihm vorbei und sagte: »Schließen Sie die Tür! Ich bin verstört«, während er die geschmackvoll und kostbar eingerichtete Eingangshalle und den hinter ihr liegenden, mit einem dicken Läufer belegten Treppenaufgang überblickte, der zu einem Raum führte, dessen Fenster aus farbigem Bleiglas bestanden.
    »Alles zu seiner Zeit, Junge«, hörte er Byers hinter sich sagen. »So. Die Tür

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