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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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dass ich sie recht reizvoll fand«, gestand er etwas beschämt.
    »Ist so eine Reaktion nicht nur allzu menschlich, mein lieber Franz?« sagte Byers. »Diese kleinen Schätzchen, kaum vom Sex geküsst – aber sie kennen ihre Wirkung auf Männer bereits sehr gut! Wer kann ihnen widerstehen? – Können Sie sich erinnern, was Sie für die beiden Bücher bezahlt haben?«
    »Ziemlich viel, fürchte ich. Aber auch das ist mir entfallen.«
    »Sie sollten versuchen, wenigstens das Stadtviertel wieder zu finden und es dann Straße für Straße absuchen.«
    »Das könnte ich tun – falls der Laden noch existiert und seinen Namen nicht geändert hat. Warum fahren Sie nicht mit Ihrer Geschichte fort, Donaldus?«
    »Da gibt es nicht mehr viel zu sagen, Franz. Es scheint jedoch, als ob dieser … äh … Fluch nicht besonders wirksam gewesen ist. Clark lebte noch dreißig Jahre, und es waren glückliche und produktive Jahre. Sehr beruhigend, finden Sie nicht auch?«
    »Er ist auch nicht nach San Francisco zurückgekommen«, stellte Franz sachlich fest, »bis auf sehr seltene, kurze Besuche.«
    »Das stimmt. – Nachdem Clark ihn verlassen hatte, war de Castries wieder, was er vorher gewesen war: ein einsamer, von Depressionen geplagter, alter Mann. Etwa um diese Zeit erzählte er George Ricker eine sehr unromantische Geschichte aus seiner Vergangenheit: dass er von Geburt Frankokanadier und in Vermont aufgewachsen sei; sein Vater sei zunächst selbständiger Drucker in einer Kleinstadt und dann Farmer gewesen, und in beiden Berufen ein Versager. Thibaut habe eine sehr einsame, unglückliche Kindheit gehabt, behauptete er. Es klingt wahr, finden Sie nicht auch? Und man fragt sich, wie das Sexualleben eines solchen Menschen ausgesehen haben muss. Niemals eine Geliebte, würde ich sagen, und schon gar nicht eine intellektuelle, mysteriöse, ausländische. Auf jeden Fall hatte er jetzt den letzten Höhepunkt seines Lebens hinter sich (mit Clark), für den er noch einmal die Rolle des allmächtigen, finsteren Zauberers gespielt hatte, und das Ende dieser Affäre war genauso bitter wie das seiner ersten im San Francisco des fin de siècle (falls das die erste gewesen sein sollte). Verbittert und einsam. Er hatte nur noch einen anderen literarischen Bekannten zu dieser Zeit – oder eine Art Freund, vielleicht. Klaas und Ricker haben es bestätigt. Es war Dashiell Hammett, der eine Wohnung in Post and Hyde hatte und gerade The Maltese Falcon schrieb. Die Namen von Buchläden, die Sie nannten, haben es mir wieder in Erinnerung gerufen: The Black Dog und irgend etwas mit Cockatoo. Sie wissen sicher, dass der kostbare, mit Juwelen besetzte goldene Falke, der schwarz emailliert war (und später als Fälschung entlarvt wurde) in Hammetts Kriminalstory manchmal ›der schwarze Vogel‹ genannt wird. Er und de Castries haben sich häufig über schwarze Schätze unterhalten, wurde mir von Klaas und Ricker berichtet. Und was die historischen Tatsachen betrifft, auf denen Hammett seinen Roman aufgebaut hat, so waren die Malteser Ritter, die den Falken schufen, früher die Ritter von Rhodos …«
    »Schon wieder Rhodos!« unterbrach Franz erregt. »Dieses verdammte 607 Rhodes!«
    »Ja«, stimmte Byers ihm zu. »Zuerst Tiberius, dann die Ritter. Sie hatten die Insel zweihundert Jahre lang in ihrem Besitz und wurden schließlich, im Jahre 1522, durch Sultan Sulaiman I. von ihr vertrieben. Aber was den schwarzen Vogel betrifft – Sie werden sich erinnern, dass ich Ihnen von de Castries’ pietra dura-Ring aus mosaikartig zusammengesetzten Halbedelsteinen erzählte, die einen schwarzen Vogel darstellten. Klaas behauptete, dass dieser Ring Hammett zu seinem Roman The Maltese Falcon inspiriert habe! Vielleicht ist es ein wenig übertrieben, aber auf jeden Fall recht seltsam, finden Sie nicht auch? De Castries und Hammett. Der Schwarze Magier und der Autor harter Kriminalstories.«
    »Nicht so seltsam, wie Sie anzunehmen scheinen, wenn man es genau überlegt«, erwiderte Franz, und seine Blicke wanderten wieder durch den Raum. »Abgesehen davon, dass Dashiell Hammett einer von Amerikas wirklich großen Romanautoren war, führte er ebenfalls ein ziemlich einsames und abgeschlossenes Leben und war von einer fast unglaublichen Integrität. So zog er es einmal vor, ins Gefängnis zu gehen, anstatt einen Vertrauensbruch zu begehen. Und im Zweiten Weltkrieg meldete er sich freiwillig und diente jahrelang auf den eisigen, sturmgepeitschten Aleuten. Nein,

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