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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Wortschatz nicht nur auf etwa ein Dutzend Vokabeln beschränkt wäre, und dass er nicht fast völlig taub wäre. Diese Kombination war einfach zuviel.
    Und die Zeit verging schleppend. Der große Zeiger seiner Armbanduhr schien festgefroren zu sein. Es war wie zu gewissen Momenten auf einer alkoholisierten Party – kurz vor dem Blackout –, wo die Sekunden sich zu Ewigkeiten zu dehnen schienen. Es würde Jahrhunderte dauern, bis das Konzert beendet war.
    Und dann fiel ihm ein, dass er keinerlei Garantie dafür hatte, ob Cal und die anderen sofort nach Hause kommen würden. Nach der Vorstellung besuchten die Menschen in der Regel noch eine Bar oder ein Restaurant, um zu feiern oder auch nur zu reden.
    Er fühlte, dass Fernando ihn zwischen seinen Zügen prüfend anblickte.
    Natürlich stand es ihm frei, zum Konzert zurückzugehen, wenn Fernando gegangen war, aber das würde nichts nützen. Er hatte das Konzert verlassen, entschlossen, das Problem von de Castries’ Fluch zu lösen und alle Ungereimtheiten, die sich mit ihm verbanden, aufzuklären. Und zumindest hatte er einigen Erfolg gehabt. Er hatte das Rätsel von ›607 Rhodes‹ gelöst; aber er hatte natürlich weitaus mehr als das erreichen wollen, als er mit Saul gesprochen hatte.
    Aber wie konnte er überhaupt eine Antwort auf das ganze Problem finden? Ernsthafte psychische oder okkulte Forschung erforderte gründliche Vorbereitungen und Studien, die Verwendung von empfindlichen, sorgfältig adjustierten Instrumenten, und vor allem die Mitarbeit von sensitiven, ausgebildeten Menschen mit langjährigen, einschlägigen Erfahrungen: Medien, Telepathen, Hellsehern und so weiter – die ihre Befähigung anhand von Rhine-Karten und ähnlichen Tests nachgewiesen hatten. Was konnte er hoffen, allein und an einem einzigen Abend zu erreichen? Was hatte er sich eigentlich gedacht, als er Cals Konzert verlassen und ihr durch Saul seine Nachricht hatte zukommen lassen?
    Aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass alle Experten und ihre massierten Erfahrungen ihm jetzt nicht einen Schritt weiterhelfen könnten. Und genauso wenig die Wissenschaftler mit ihren unglaublich empfindlichen elektronischen und radiologischen Detektoren, Kameras und allen möglichen anderen Geräten. Dass unter all den Arten okkulter und rand-okkulter Phänomene, die in dieser Zeit vorhanden waren – Hexerei, Astrologie, Biofeedback, Trance, Psychokinese, Auren, Akupunktur, exploratorische LSD-Trips, Schleifen im Zeitstrom (viele von ihnen zweifellos Schwindel, andere eventuell echt) –, dies, das ihm geschah, etwas völlig anderes war.
    Er stellte sich vor, dass er zum Konzert zurückginge, und die Vorstellung gefiel ihm nicht. Sehr leise, weit entfernt, schien er die glitzernden, kaskadenhaften Töne der Harfe zu hören, die ihn wie immer zu locken und einzufangen versuchten.
    Fernando räusperte sich. Franz erkannte, dass er ein Matt in drei Zügen glatt übersehen hatte und das zweite Spiel in genauso wenigen Zügen verlieren würde wie das erste. Automatisch räumte er die Figuren ab und begann sie für ein drittes Spiel aufzustellen.
    Fernando hob die Hand zu einer emphatisch abwehrenden Geste. Franz blickte auf.
    Fernando sah ihn prüfend an. Der Peruaner runzelte die Stirn und hob einen Finger, um Franz anzudeuten, dass er sich Sorgen um ihn mache. Dann deutete er auf das Schachbrett, und dann tippte er mit dem Finger gegen seine Schläfe. Schließlich schüttelte er entschieden den Kopf, runzelte die Stirn und deutete wieder auf Franz.
    Franz verstand, was Fernando ihm sagen wollte: ›Deine Gedanken sind nicht beim Spiel.‹ – Er nickte.
    Fernando stand auf, rückte den Stuhl aus dem Weg und mimte durch Gesten einen Mann, der vor etwas Angst hat, das ihn verfolgt. Er duckte sich ein wenig, blickte angstvoll nach allen Seiten so wie es Franz getan hatte, jedoch ein wenig überzeichnet. Er drehte sich um die eigene Achse, fuhr plötzlich herum, um hinter sich zu blicken, riss den Kopf dann nach links und nach rechts, und sein rundes Gesicht und die weit aufgerissenen Augen waren ein Spiegel hysterischer Angst.
    Franz nickte, zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    Fernando ging geduckt im Zimmer umher, warf rasche Blicke zur Tür, zum Fenster und zur Wand. Während er in eine andere Richtung blickte, klopfte er mit den Fingerknöcheln hart an den Heizkörper, fuhr zusammen und taumelte rückwärts in die Mitte des Zimmers.
    Ein Mann, der vor irgend etwas Angst hatte und von einem

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