Herrin der Falken - 3
Gelegenheit dazu fand.
»Aber sie fliegt nicht gut für mich«, berichtete er Romilly eines Abends. »Ich glaube, sie sehnt sich nach dir, Romilly.“
»Und ich vernachlässige sie«, antwortete Romilly schuldbewußt. Sie hatte das Band zwischen sich und diesem Wildfang geknüpft, jetzt durfte sie Preciosa nicht verraten. Sie entschloß sich, morgen Zeit für einen Ausritt zu finden und den Falken mitzunehmen, ganz gleich, welche Pflichten Luciella ihr auferlegte.
Am nächsten Vormittag erledigte sie ihre Arbeiten so schnell und bereitwillig, daß Luciella große Augen machte und sagte: »Was du schaffen kannst, wenn du nur willst, Kind!“
»Ich bin fertig, Pflegemutter. Darf ich jetzt für ein Weilchen mit meinem Falken ausreiten?«
Luciella zögerte, dann meinte sie: »Ja, warum nicht? Du sollst Dom Garris’ Geschenk nicht vernachlässigen. Geh nur, Romilly, vergnüge dich in der frischen Luft.«
Wie befreit rannte Romilly los, um ihre Reitsachen und Stiefel anzuziehen und ihr Pferd satteln zu lassen. Leider mußte es der Damensattel sein, aber sie ritt doch lieber im Damensattel als überhaupt nicht. Dann lief sie zu den Ställen. Darren war im Hof und übte mißmutig einen oder zwei der Falken. Sie bemerkte seine unbeholfenen Bewegungen und rief ihm zu: »Ich gehe auf die Beize, Darren, kommst du mit?«
Erleichtert gab Darren Anweisung, ihm sein Pferd zu bringen. Romilly nahm Preciosa von ihrem Block. Freudig spürte sie das vertraute Gewicht auf ihrem Handschuh. Sie begann, den alten Kontakt herzustellen, als ihr Vater ins Falkenhaus trat.
»Romilly«, befahl er, »nimm deine Falken, nicht den da. Du weißt, was dein versprochener Gatte gesagt hat. Es schickt sich nicht für dich, einen Verrin-Falken fliegen zu lassen, und du hast eigene. Bring ihn zurück.«
»Vater!« protestierte sie, von plötzlichem Zorn gepackt, »Preciosa ist mein eigener Falke, ich habe sie selbst abgetragen! Sie gehört mir, mir! Niemand anders soll sie auflassen! Wie kann es unschicklich für mich sein, einen Falken zu fliegen, den ich trainiert habe? Willst du dir von Dom Garris vorschreiben lassen, was deine Tochter in deinem Stallhof tun darf?“
Sein Gesicht verriet seinen inneren Konflikt, doch er erklärte scharf: »Ich habe dir gesagt, setze diesen Falken wieder auf den Block und nimm deine eigenen! Ich will keine Widerworte von dir hören, Mädchen!« Damit schritt er auf sie zu. Preciosa spürte Romillys Aufregung und schlug wild mit den Flügeln, hob sich, soweit es die Fesseln gestatteten, und saß dann wieder ruhig.
»Vater«, flehte Romilly und senkte die Stimme, um die schreckhaften Vögel nicht zu ängstigen, »sag das nicht –“
Der MacAran streckte die Hand aus, faßte mit festem Griff Preciosas Ständer und setzte sie auf den Block. »Ich verlange, daß du mir gehorchst. Kein Wort mehr!«
»Sie bekommt nicht genug Bewegung«, wandte Romilly ein, »sie muß fliegen!«
Der MacAran überlegte. »Das stimmt.« Er winkte Darren. »Hier.« Er wies mit dem Kopf auf Preciosa. »Nimm sie; ich schenke sie dir. Du mußt mit einem guten Falken arbeiten, und sie ist der beste, den wir haben. Nimm sie heute mit und gewöhne dich an sie.«
Romilly blieb vor Entrüstung der Mund offen stehen. Das konnte er ihr nicht antun – und Preciosa auch nicht! Der MacAran nahm den Vogel von neuem, hielt ihn, bis er mit dem Flügelschlagen aufhörte, und setzte ihn auf Darrens Handgelenk. Darren zuckte erschrocken zurück. Preciosa, obwohl sie die Haube trug, drehte den Kopf, versuchte zu hacken, flatterte. Darren duckte sich. Dabei drehte er sein Handgelenk, so daß Preciosa das Gleichgewicht verlor, fiel und am Geschüh nach unten hing. Darren stand da mit dem wild flatternden Falken, und der MacAran fuhr ihn flüsternd an: »Heb sie auf! Beruhige sie, verdammt noch mal! Wenn sie sich eine Schwingpenne bricht, breche ich dir den Hals, Junge!“
Darrens Bemühungen, Preciosa zu besänftigen, waren nicht sehr wirkungsvoll. Aber schließlich saß sie halbwegs ruhig auf seinem Handschuh. Seine Stimme schlug ins Falsett um. »Das ist ungerecht, Sir. Vater, ich bitte dich. Romilly hat diesen Falken selbst trainiert, mit ihrem Laran.«
»Schweig, junger Mann! Wage es nicht, dies Wort in meiner Gegenwart auszusprechen!«
»Deine Weigerung, es anzuhören, macht es nicht weniger wahr. Es ist Romillys Falke, sie hat ihn trainiert, sie hat ihn sich verdient, und ich will ihn nicht – ich will ihn ihr nicht wegnehmen!«
»Du wirst ihn von mir
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