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Herrin der Lüge

Herrin der Lüge

Titel: Herrin der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Plan?« »Kein Plan. Aber eine … sagen wir: Hoffnung.« »Oh.« Faun ließ das Schwert sinken.
    »Wenn wir aus dem Dorf herauskommen, sind wir sicher. Für den Rest habe ich gesorgt.«
    »Und wie?«
    »Auf der anderen Seite der Felsen befindet sich ein kleiner Hafen. Dort unten ankern einige von Ottos Kriegsschiffen, aber nicht viele. Der Großteil seines Heeres ist noch immer eine Landstreitmacht.« Faun wippte ungeduldig, und Zinder fuhr fort: »Es gibt noch ein paar andere Schiffe da unten. Eines davon bringt uns nach Osten. Vertrau mir einfach. Es hat mich den Großteil des Geldes gekostet, den sie mir für die Heimreise gegeben haben.«
    »Und dein Stück Land?«
    »Ich habe die Urkunde«, entgegnete der Söldner schulterzuckend.
    »Die nichts mehr wert ist, wenn der Kaiser erfährt, dass du seine Braut entführt hast … was ungefähr jetzt der Fall sein dürfte.«
    Zinder winkte ab. »Komm!« Er lief voraus in den dunklen Kellergang, die bewusstlose Tiessa wie eine Strohpuppe auf beiden Armen. Die Scheide des Kettenschwerts schlug gegen seine Beine, aber das schien ihn nicht zu stören, während Faun seinerseits genug damit zu tun hatte, seine Waffe und die Lampe zuhalten.
    Er drängte sich an Zinder vorbei, um ihnen den Weg zu leuchten. Tiessa stöhnte leise im Arm des Söldners.
    Besorgt warf Faun einen Blick auf sie, doch sie erwachte nicht. Als er die Entscheidung getroffen hatte, sie mitzunehmen, hatte er jegliche Vernunft ausgeblendet. Ihre Worte vom Bürgerkrieg, von dem Streit zwischen den Weifen und den Staufern, von der Verantwortung, die sie trug.
    Für ihn hatte nur Tiessa gezählt, und das, was sie für ihn bedeutete. Es mochte selbstsüchtig sein, vielleicht auch naiv, auf jeden Fall dumm, die Braut des Kaisers zu entführen. Doch tief in ihm war er überzeugt, das Richtige getan zu haben. Das Richtige für sie. Und das Richtige für ihn selbst.
    Er zwang sich, nicht an die Folgen zu denken, die Tiessas Entführung haben mochte, sondern konzentrierte sich auf den Weg vor ihm.
    Mehrere Durchgänge führten rechts und links des Gangs in niedrige Felskammern. In ein paar waren Kisten, Säcke und Fässer gestapelt, doch die meisten standen leer. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte Faun, dass die Kammern Gittertüren besaßen, die nach innen offen standen. Kerkerzellen.
    Täuschte er sich, oder erklangen in der Ferne Rufe?
    Möglich, dass es sich dabei nur um die abendliche Wachablösung handelte. Als er über die Schulter blickte, sah er nur Schwärze, keine Fackeln, keine Verfolger. Aber wie lang konnte dieser Gang schon sein? Früher oder später würden sie an sein Ende gelangen. Vermutlich eine Sackgasse.
    Zinder blieb mit einem Mal stehen.
    Faun, der ein paar Schritte vor ihm lief, blickte nach hinten. »Was?«
    »Hierher!« Der Söldner bog nach rechts durch einen Torbogen, der sich kaum von den Eingängen der Zellen unterschied. »Beeil dich! Wir brauchen Licht!«
    Faun lief zu ihm zurück und schob sich einmal mehr an ihm vorüber. Eine Tür mit schweren Beschlägen versperrte nach wenigen Schritten den Weg. Ein kalter Luftzug blies ihnen durch eine breite Ritze am Boden entgegen, so heftig, dass er bereits draußen auf dem Gang zu spüren war.
    Zinder legte Tiessa sanft am Boden ab. »Gib mir dein Schwert.« »Du hast doch ein eigenes.« »Dein Schwert, Faun!«
    Faun reichte es ihm, trat zurück und sah zu, wie der Söldner mit ein paar geschickten Hebelbewegungen und einem kräftigen Tritt die Tür aufbrach. Sie erzitterte, knirschte in ihrem Rahmen und schwang – als Zinder erneut dagegen trat – nach außen auf.
    Dahinter führten Stufen tiefer in den Fels hinab.
    Faun sah Zinder entgeistert an. »Woher hast du das gewusst?«
    »Ich bin selbst mal Bürgermeister gewesen. Während eines Feldzugs in … ach, egal. Da war dieses Dorf, und meine Leute hatten, nun ja, den Anschluss an das Heer verloren. Also haben wir es uns dort ein Weilchen bequem gemacht. Und irgendwer musste ja Bürgermeister sein, nachdem der alte … hmm, unpässlich war.«
    »Du hast ihn umgebracht!«
    »Ach wo. Und nun komm. Scharffenberg wird nicht ewig schlafen.«
    Faun sah zu, wie Zinder Tiessa wieder aufhob, dann machte er sich auf den Weg die Stufen hinab.
    »Schneller!«, keuchte Zinder hinter ihm. Allmählich schien sich das Gewicht des Mädchens bemerkbar zu machen.
    »Sind sie schon hinter uns?«
    »Nein. Aber das Schiff wartet nicht ewig.«
    »Es wartet auf uns?«
    »Aber sicher. Ich bin zurückgekommen,

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